Fanny Hill. John Cleland

Fanny Hill - John Cleland


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* * * nicht abwarten können, obgleich er in wenigen Tagen eintreffen sollte. Und ich wartete auch nicht auf ihn, denn die Liebe nahm sich selbst die Mühe, mich an das Rechte zu bringen.

      Es war gerade zwei Tage nach der Szene im Kabinett, als ich des Morgens um sechs Uhr aufstand und mich von meiner Mitschläferin wegstahl, die noch fest schlief; ich wollte in den kleinen Garten frische Luft zu schöpfen; eine Tür aus unserer Hinterstube ging nach da hinaus; wenn Gesellschaft bei uns war, durfte ich nicht in den Garten, aber jetzt schlief noch alles fest.

      Ich öffnete also leise die Tür in die Hinterstube und erblickte zu meinem Erstaunen neben einem halb erloschenen Kaminfeuer einen jungen Herrn im Armstuhl der alten Dame, mit übereinander geschlagenen Beinen und fest schlafend. Seine Freunde hatten ihn betrunken gemacht und hier zurückgelassen; jeder war mit seiner Geliebten davongegangen, nur er blieb allein zurück, da die Alte ihn nicht wecken und in diesem seinen betrunkenen Zustand nachts um Eins aus dem Hause lassen wollte. Die Betten waren wahrscheinlich alle besetzt gewesen; auf dem Tische standen noch die Punschbowle und die Gläser herum, wie es bei trunkenen Nachtgelagen auszusehen pflegt.

      Als ich leise näher trat, welch ein Anblick bot sich mir da! Keine Jahre und keine Schicksale könnten den Eindruck aus meiner Seele nehmen, den ich da erhielt, Ja, du süßester Gegenstand meiner ersten Leidenschaft, immer schwebt die Erinnerung deines Anblicks vor meinen entzückten Augen!

      Stellen Sie sich ihn vor, Madame: einen schönen Jüngling zwischen Achtzehn und Neunzehn, den Kopf leicht auf die eine Seite des Stuhles gelehnt, das Haar in unordentlichen Locken, das Gesicht halb beschattend, auf dem sich die rosige Blüte der Jugend mit aller männlichen Grazie und Kraft vereinigten, meine Augen und mein Herz ganz gefangen zu nehmen, Selbst die Ermüdung und die Blässe gab seinem Gesichte eine unaussprechliche Süßigkeit; seine Augen bedeckten die sanftesten Wimpern und kein Pinsel hätte regelmäßigere Bogen über sie ziehen können, als die seiner Brauen.

      Vollkommen weiß war seine Stirn und seine Lippen waren rot und dem Kusse entgegenschwellend. Hätten nicht Scham und Achtung, die in beiden Geschlechtern immer bei wahrer Leidenschaft sind, meine Triebe zurückgehalten, ich hätte den Mund geküsst.

      Als ich aber den aufgeknöpften Hemdkragen und die schneeweiße Brust sah, konnte ich mich nicht abhalten, für seine Gesundheit zu sorgen: mit zitternder Hand fasste ich die seine, und weckte ihn auf, so sanft wie ich nur konnte. Erst sah er verwirrt umher und fuhr in die Höhe; und dann mit einer Stimme, die mir ins Herz drang: "Ich bitte dich, liebes Kind, sag mir, was die Uhr ist?" Ich sagte ihm die Zeit und fügte noch hinzu, er könnte sich erkälten, wenn er länger in der Morgenkühle so mit offener Brust schliefe. Er dankte mir mit lieben Worten, die ganz mit dem Ausdruck seiner Augen übereinstimmten, diesen Augen, die jetzt weit offen waren, mich lebhaft anblickten und mit dem Feuer durchdrangen, das aus ihnen leuchtete.

      Es schien, als ob er, weil er zu viel getrunken hatte, nicht imstande gewesen sei, mit seinen Freunden mitzutun und die Nacht mit einem Mädchen zu beschließen; so dachte er wohl, da er mich im losen Negligee sah, nicht anders, als dass ich ein Mädchen des Hauses wäre, das hereingeschickt worden sei, das Unterlassene nachzuholen, was ich ganz selbstverständlich fand. Doch redete er mich durchaus nicht gewöhnlich und grob an, und das vielleicht aus Höflichkeit oder weil ich ihm einen mehr als gewöhnlichen Eindruck machte; aber doch immer den eines Hausmöbel, das zu seinem Vergnügen da war; und indem er mir einen Kuss gab - den ersten, den ich je von einem Mann empfing - fragte er mich, ob ich ihm Gesellschaft leisten wolle und dass es mich nicht gereuen sollte. Hätte sich auch meine eben geborene Liebe und meine Wollust einer so schnellen Ergebung gar nicht widersetzt, so tat es doch die Furcht, von jemandem aus dem Hause überrascht zu werden.

      Ich sagte ihm daher in einem Tone, der meine Liebe wohl merken ließ, dass ich aus Gründen, die jetzt zu erzählen keine Zeit wäre, nicht bei ihm bleiben könnte, ja ihn vielleicht nie wieder sehen würde, und ich seufzte bei diesen Worten aus der Tiefe meiner Brust. Mein Eroberer, der, wie er mir später sagte, von meiner Erscheinung verwirrt war und mich so lieb gewonnen hatte, wie das bei einer Person der Art wie ich eine zu sein schien, möglich war, fragte mich lebhaft, ob ich von ihm ausgehalten sein und dass er sofort eine Wohnung für mich nehmen wolle und mich von den Verpflichtungen befreien, die ich, wie er glaubte, gegen das Haus hatte. So rasch und plötzlich, wie der Antrag kam und so gefährlich wie er von einem Fremden war, gab doch die Liebe, die er in mir erregt hatte, seiner Stimme einen Reiz, dem ich nicht widerstehen konnte und der mich gegen jede innere Warnung taub machte. Ich hätte für ihn sterben können. Nun, Sie begreifen darum. dass ich der Einladung, mit ihm zu leben, nicht widerstehen konnte. So war mein Herz schon nach einigen Minuten zu der Antwort entschlossen, den Antrag anzunehmen und mit ihm zu entfliehen, auf jede Bedingung, die er machen würde, ob gut oder schlimm. Es wunderte mich später öfter, dass meine rasche Bereitwilligkeit mich ihm nicht unangenehm oder geringwertig machte; aber es war mein Geschick, dass er aus Angst vor den Gefahren der Stadt sich schon einige Zeit um ein Mädchen umgesehen hatte, das er zu sich nehmen wollte. Und wie ich nun solchen Eindruck auf ihn machte, geschah es durch eins der Wunder, die der Liebe vorbehalten sind, dass wir sogleich einig wurden: was wir durch Küsse besiegelten, mit denen er sich in der Erwartung eines ungestörten größeren Genusses für jetzt begnügte.

      Niemals besaß ein junger Mann in seinem ganzen Wesen mehr, das alle Betörung eines Mädchens entschuldigte und es allen Folgen daraus trotzen ließ!

      Unser Plan ging dahin, dass ich mich am nächsten Morgen um sieben Uhr wegstehlen sollte - was ich sofort versprach, da ich wusste, wo ich den Hausschlüssel bekommen konnte - und er wollte dann am Ende der Strasse mit einer Kutsche auf mich warten, die mich an einen sichern Ort bringen sollte; dann wollte er zu Frau Brown schicken und ihr die Kosten meines Aufenthaltes bezahlen; er glaubte, dass sie sich nicht viel um den Verlust eines Mädchens kümmern würde, das nur da wäre, um Kunden ins Haus zu locken.

      Ich gab ihm hierauf zu bedenken, dass er mich niemals im Hause gesehen hätte, und dass ich ihm später alles erklären wollte; ich fürchtete, unser Fluchtplan würde vereitelt werden, wenn uns jetzt jemand zusammen träfe und somit riss ich mich mit blutendem Herzen von ihm los und stahl mich leise in mein Zimmer zurück; Phöbe schlief noch immer ganz fest, ich warf eilig meine wenigen Kleider ab und legte mich zu ihr; Freude und Angst waren in mir, was man sich eher vorstellen als ausdrücken kann.

      Die Angst, dass Frau Brown meinen Plan entdecken möchte, die Angst vor fehlschlagenden Hoffnungen, Elend und Untergang, alles schwand hin vor meiner Liebe: mit dem Ideal meiner Träume, jungfräulichen Herzens zu leben, und wäre es auch nur für eine Nacht, das schien mir ein Glück, das mir mehr war als meine Freiheit und mein Leben. Er kann schlecht mit mir sein - soll er es sein! Er war der Mann! Glücklich, nur zu glücklich, den Tod von einer so geliebten Hand zu erleiden!

      In solchen Gedanken verging mir der Tag, der mir eine Ewigkeit zu sein schien. Wie oft sah ich nach der Uhr, wie gerne hätte ich den langsamen Zeiger vorgerückt, als wenn das die Zeit vorgerückt hätte! Hätten die im Hause nur etwas auf mich Acht gegeben, sie hätten gewiss in meiner Unruhe, die ich nicht verbergen konnte, etwas Ungewöhnliches entdeckt; besonders da bei Tisch der reizende Jüngling erwähnt wurde. "Ach, er war so schön!" "Ich hätte für ihn sterben mögen!" "Sie werden sich um ihn reißen!" so sprach man über ihn, was nur noch mehr Öl in mein Feuer goss.

      Dieser Zustand, den ganzen Tag hindurch, brachte mir das Gute, dass ich vor Ermattung die ganze Nacht fest schlief, bis um fünf Uhr morgens; da stand ich auf, zog mich an und wartete mit doppelter Angst und Ungeduld auf die bestimmte Stunde; und endlich kam sie, die süße, gefährliche Stunde, und ich ging von der Liebe ermutigt auf den Zehen die Treppe hinunter; meine Schachtel ließ ich zurück, aus Angst damit entdeckt zu werden, wenn man mich damit sähe.

      Ich kam an die Straßentür, deren Schlüssel immer auf dem Stuhl neben unserm Bett lag; Phöbe hatte so viel Vertrauen zu mir, dass ich ihr schon nicht durchgehen würde, was mir vorher wohl auch nicht eingefallen war. Ich öffnete die Tür ganz leise - meine Liebe schützte mich auch dabei - und kam auf die Strasse, wo ich meinen guten Engel an der schon geöffneten Kutschentür auf mich warten sah. Wie ich zu ihm kam, weiß ich nicht - ich glaube, ich flog zu ihm. In einer Sekunde war ich im Wagen und der Geliebte neben mir, und schlang die Arme um mich und küsste mich,


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