Sophienlust Bestseller 11 – Familienroman. Marietta Brem

Sophienlust Bestseller 11 – Familienroman - Marietta Brem


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des langen Schranks, auf den er einmal so stolz gewesen war.

      Er wußte nur eines: Seine Frau wollte ihn und den gemeinsamen Sohn Holger verlassen, weil sie es angeblich in der Einsamkeit nicht mehr aushielt. Dabei wußte er ganz genau, daß da ein anderer Mann dahintersteckte, auch wenn sie es nicht zugab. Irina war schon immer lebenslustig gewesen, und er hatte sich schon damals gewundert, warum sie ausgerechnet ihn geheiratet hatte und sogar mit ihm in die Einsamkeit gezogen war.

      »Sei nicht so theatralisch, Werner.« Die spöttische Stimme der jungen, gutaussehenden Frau riß ihn aus seinen Gedanken. »Du weißt genau, daß Holger bei dir und Helene, der Köchin, ausgezeichnet aufgehoben ist. Ich jedenfalls bin hundertprozentig davon überzeugt, daß es Holger an nichts fehlen und mich überhaupt nicht vermissen wird.«

      »Ich hoffe sehr, daß du dich da nicht irrst. Ich hoffe es für Holger und für mich. Was mich betrifft, werde ich diesen Verlust ziemlich rasch verschmerzen. Wenn einer gehen will, dann soll man ihn nicht aufhalten.«

      Werner Rombold schüttelte den Kopf. Warum sagte er so etwas? Er wußte doch ganz genau, daß es nicht stimmte. Noch immer liebte er Irina, die er vor zwölf Jahren geheiratet hatte. Nur ihre Lebenseinstellung hatte er schon damals nicht geteilt.

      Kein Fest hatte sie freiwillig ausgelassen, und auch als Holger schon auf der Welt war, hatte sie noch immer nicht auf ihre Vergnügungen verzichten können. Meist ist sie dann in die Stadt gefahren. Das Landleben, das er selbst so liebte, war für Irina eine Qual.

      »Da bin ich aber froh, daß du es mir so einfach machst«, sagte die hübsche Frau spöttisch und grinste. »Natürlich werde ich ab und zu meinen Sohn besuchen. Und auf eine Scheidung lege ich keinen Wert, solange ich nicht wieder heiraten will, was in der nächsten Zeit bestimmt nicht der Fall sein wird.«

      »Das beruhigt mich ungemein«, ahmte Werner den Tonfall seiner Frau nach. »Ich würde sonst sicher umkommen vor Eifersucht.« Er lachte grimmig auf, und seine Augen blickten hart.

      Was war aus seinem Leben geworden, das er sich so schön und wohlgeordnet vorgestellt hatte? Alles war zerbrochen, alles hatte er verloren. Aber das wollte er Irina nicht eingestehen, diesen Triumph wollte er ihr nicht gönnen.

      Aufreizend ließ sich die Frau in einen der weichen Sessel fallen und schlug die wohlgeformten Beine übereinander. »Ich muß zugeben, so gefällst du mir schon bedeutend besser, mein Lieber«, sagte sie zuckersüß und legte ihren Kopf schief. Diese Geste hatte Werner früher immer so gefallen, aber heute ließ sie ihn kalt. Es wirkte gespielt und noch dazu kindisch, das fiel ihm erst jetzt auf.

      »Mir ist das ziemlich egal, ob ich dir gefalle oder nicht. Nach allem, was du mir inzwischen an den Kopf geworfen hast, bedeutet mir deine Meinung überhaupt nichts mehr.« Werner fuhr sich mit den langen, sensiblen Fingern, die zu einer festen, großen Hand gehörten, durch sein dichtes dunkles Haar. Es widerstrebte ihm, all die Gemeinheiten zu sagen, aber er konnte nicht anders. Zu sehr hatte ihn die Frau getroffen, die er einmal mehr als sein Leben geliebt hatte.

      »Streitet ihr euch schon wieder?« Die verschlafene Stimme eines Jungen riß die Eheleute aus ihrer heftigen Auseinandersetzung.

      Siegessicher stemmte Irina Rombold die Hände in die Hüften. Ihre wasserblauen Augen funkelten triumphierend. »Siehst du, jetzt hast du dein geliebtes Söhnchen aufgeweckt mit deinem Geschrei. Hoffentlich bist du jetzt zufrieden.«

      »Einmal mußt du es ja doch erfahren. Warum dann nicht heute und jetzt? Komm her zu mir, Holger.« Werner Rombold seufzte tief auf und legte seinem Sohn den Arm um die schmalen Schultern.

      Der Junge war ungewöhnlich klein und schmächtig für seine zehn Jahre, und auch daran gab Werner seiner Frau die Schuld. Sie hatte keinen Tag Zeit, sich um Holger zu kümmern, ihm etwas Anständiges zu essen zu kochen und auch nach seinen Schularbeiten zu sehen. Meist war Irina außer Haus und ging ihren zahlreichen Vergnügungen nach, die ihn wirklich schon lange nicht mehr interessierten.

      Nur Helene, die alte Köchin, die auch schon für das leibliche Wohl seiner Eltern gesorgt hatte, kümmerte sich um den Jungen und liebte ihn, wie es seine Mutter eigentlich hätte tun sollen.

      »Ich weiß schon«, murmelte Holger traurig. Er war seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten; die gleichen dunklen Augen, die eine geheime Schwermut verrieten, und die dunklen, dichten Haare, die ein schmales, ernstes Gesicht umrahmten.

      »Ihr laßt euch scheiden wie die Eltern von Michael. Der lebt jetzt auch bei seiner Mutter in der Stadt. Seither habe ich keinen Freund mehr.« Traurig senkte der Junge den Kopf.

      »So schlimm wird es bei dir wohl nicht werden, Holger«, versuchte Werner seinen Sohn zu trösten. »Die Mami zieht für einige Zeit in die Stadt, weil es ihr hier draußen bei uns zu einsam ist. Du bleibst bei mir. Wir werden eine wunderschöne Zeit zusammen haben. Ich werde mein Büro in der Stadt auflösen und nur noch hier arbeiten, dann können wir immer zusammensein.«

      »Ich muß also nicht weg von hier, wenn ihr euch scheiden laßt?« Ein wenig Hoffnung glomm in dem blassen Gesicht des Kindes auf.

      »Wir lassen uns nicht scheiden, zumindest vorläufig nicht. Die Mami wird uns also erhalten bleiben. Sie macht nur Urlaub vom Landleben.« Er bemühte sich um ein zuversichtliches Lächeln, das ihm sogar gelang.

      Mit ironischem Gesichtsausdruck beobachtete Irina Vater und Sohn. »Na bitte, Erklärungen von meiner Seite sind überflüssig.«

      Verärgert drehte sie sich um und ging zur Tür. Ihr weites nachtblaues Seidenkleid schwang um ihre Beine. »Ich sehe schon, daß mich keiner von euch vermissen wird. Aber mir ergeht es ebenso. Ich werde froh sein, wenn ich mich nicht mehr ständig über euch ärgern muß.« Mit einem lauten Knall flog die Tür ins Schloß.

      »Was… hat denn die Mami?« fragte Holger ziemlich verschüchtert. Seine dunklen Augen schimmerten verdächtig.

      »Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht. Sei nur ganz beruhigt, mein Sohn. Wir Männer werden schon gut miteinander auskommen, oder glaubst du nicht?« Aufmunternd nickte Werner dem Jungen zu, der noch immer ziemlich skeptisch dreinschaute. Sein Gesicht drückte Ratlosigkeit und eine geheime Furcht aus, die so gar nicht zu seinem Alter paßte.

      Und das war alles Irinas Verdienst, dachte der Mann grimmig.

      Holger zuckte die Schultern, auf denen ein viel zu großer Schlafanzug schlotterte. »Wir sind ja bis jetzt auch gut miteinander zurechtgekommen. Und es stimmt, daß ihr euch nicht scheiden laßt?« Ein bißchen Hoffnung glomm in seinem Blick auf.

      Besorgt stellte Werner Rombold fest, daß die Zähne des Jungen wie im Fieber aufeinanderschlugen. War es die Aufregung, oder fror er so erbärmlich?

      »Komm, Holger. Jetzt gehst du erstmal ins Bett, morgen reden wir noch einmal über alles, einverstanden?«

      »Ja, Vati.« Folgsam stieg der Junge die teppichbespannte Treppe hinauf und war froh, als er endlich wieder in seinem Bett lag.

      Mit einem liebevollen Lächeln setzte sich Werner auf die Bettkante und strich Holger das wirre Haar aus der Stirn, die sich fiebrig heiß anfühlte. Sorge stieg in dem Mann hoch, obwohl er sich immer wieder sagte, daß Fieber bei Kindern durchaus normal war.

      »Jetzt vergiß das, was du gehört hast, Holger, und mache deine Augen zu. Morgen ist wieder ein neuer Tag, und dann sieht alles auch gleich nicht mehr so schlimm aus. Einverstanden?«

      »Vati…«

      »Ja, mein Sohn?« Werner furchte die Stirn.

      »Du… du bleibst aber bei mir, auch wenn die Mami fortgeht. Versprichst du mir das?«

      »Ja, Holger. Das kann ich dir mit gutem Gewissen versprechen. Niemals werde ich dich verlassen, solange du mich noch brauchst. Schließlich bist du alles, was ich habe. Für dich lebe ich.«

      Wie erwachend strich sich der Mann über die Augen. Wozu hatte er sich nur hinreißen lassen? Das konnte der Junge doch niemals verstehen, nie verkraften.

      Aber ein Blick in das Gesicht seines Sohnes beruhigte ihn wieder. Holger war


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