Mami Jubiläum 9 – Familienroman. Patricia Vandenberg

Mami Jubiläum 9 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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springt er wieder an!«, sagte er. »Ich habe es probiert.«

      »Was du nicht sagst!«, erklärte sie mit gutgespieltem Erstaunen. »Vielleicht warst du nur nervös. Manche Wagen haben ihre Mucken.«

      *

      Angela starrte auf die Straße. Mit aller Gewalt musste sie sich konzentrieren. Babsi war auf dem Rücksitz wieder eingeschlafen. Sie war sehr zart und brauchte viel Schlaf. Sie wurde auch schnell einmal krank. Gerade deswegen und weil Wolfgang sich dann immer so aufregte, wollte Angela das Kind nie allein in der Wohnung lassen.

      Anfangs hatte sie in Erwägung gezogen, ein Hausmädchen zu engagieren, damit immer jemand da wäre, aber Wolfgang mochte nicht ständig einen fremden Menschen um sich haben.

      Angela hatte in jeder Beziehung Rücksicht auf ihren Mann genommen. Vielleicht zu viel? Nur flüchtig kam ihr dieser Gedanke und wurde gleich wieder verdrängt, denn Hohenborn lag vor ihr. Nun hatte sie ihren Vater doch nicht benachrichtigt. Wenn er nun gar nicht da war? Er unternahm oft Tagesausflüge. In seinem letzten Brief hatte er ihr geschrieben, dass Tante Gretel, seine Schwester zu ihrem verheirateten Sohn nach Berlin geflogen war, da seine Frau ein Baby erwartete. Es schien ihm nicht mal unwillkommen zu sein, seinen Tageslauf nach eigenem Ermessen einzuteilen.

      Kurz entschlossen hielt Angela bei einer Telefonzelle an. Die Nummer ihres Vaters hatte sie im Kopf. Durch die Glasscheibe beobachtete sie den Wagen, in dem Babsi noch immer schlief. Das Freizeichen tönte in ihr Ohr, doch sie musste geraume Zeit warten, wobei ihr Herz schon tief sank, bis sich die Stimme ihres Vaters meldete.

      »Angela, Kind«, tönte es dann erstaunt an ihr Ohr, »deine Stimme klingt aber nahe.«

      »Ich bin auch schon ganz nahe, Paps«, sagte sie stockend. »Ich wollte dich nur vorbereiten, dass ich mit Babsi komme. Wir sind schon in Hohenborn.«

      »Na, das ist aber eine Freude«,rief er aus. Er schien ohne Argwohn. Angela war ein wenig erleichtert.

      Als Eberhard Jäger aber den Hörer aufgelegt hatte, runzelte er die Stirn. Wieso kam Angela so überraschend? Warum hatte sie ihn nicht gestern angerufen?

      Er ging rasch ins Bad, um sich die Hände zu waschen. Er hatte im Garten gearbeitet.

      Er räumte auch rasch noch ein bisschen das Wohnzimmer auf. Die Zugehfrau kam nur zweimal wöchentlich. Für sich selbst nahm er es nicht so genau mit der Ordnung. Seine Schwester Gretel war ihm fast ein wenig zu pingelig.

      Eberhard Jäger war ein hochgewachsener jugendlich wirkender Mann, dem man seine fünfundsechzig Jahre nicht glauben konnte. Er hatte immer viel Sport getrieben, und war durchaus nicht der asketische Typ des Wissenschaftlers. Ein Lächeln ging über sein frisches Gesicht, als er ein Auto nahen hörte. Schnell ging er hinaus, und da flog ihm Angela auch schon an die Brust.

      »Paps, lieber Paps«, flüsterte sie.

      Hoppla, da ist doch was passiert, dachte er sofort. Aber Babsis Stimmchen tönte nun aus dem Wagen. »Opali, Opali.«

      Er eilte zu ihr, nahm sie in die Arme und drückte sie zärtlich an sich.

      »Mein kleiner Liebling besucht mich«, sagte er freudig. »Das ist die schönste Überraschung, die ihr mir bereiten konntet.«

      Angela sollte nicht merken, dass sich in die Freude auch etwas Sorge mischte, denn ihr blasses, übernächtigtes Gesicht verriet mehr, als ihr lieb sein mochte.

      »Jetzt werden wir uns erst mal ein leckeres Frühstück machen«, sagte er.

      Babsi war nun putzmunter. Sie wich nicht von seiner Seite.

      »Wie kommst du denn allein zurecht, Paps?«, fragte Angela.

      »Bestens«, erwiderte er. »Gretel ist ja eine gute Seele, aber sie redet zu viel.«

      »Ich möchte aber auch mit dir reden, Opali«, sagte Babsi.

      »Das ist etwas anderes. Tante Gretels Themen kenn ich schon in- und auswendig. Euch sehe ich ja so selten. Hoffentlich bleibt ihr nicht nur ein paar Tage.«

      »Nein, wir bleiben länger, wenn es dir recht ist«, sagte Angela. »Wolfgang ist für längere Zeit auf Konzertreise.«

      »Ganz plötzlich und nicht mal Wiedersehen hat er mir gesagt. Wie findest du das, Opa?«

      »Da hast du sicher noch geschlafen«, meinte Eberhard Jäger aufs Geratewohl. »Und du hast wohl wieder mal nachts Koffer gepackt, Angi? Du siehst müde aus. Leg dich ein bisschen nieder.«

      Bleischwer waren ihre Glieder, sie war froh, sich ausstrecken zu können. Ihr Kopf schmerzte, der Rücken auch, und die Tränen saßen ihr schon wieder in der Kehle.

      »Ich gehe schon ein bisschen in deinen schönen Garten«, sagte Babsi. »Darf ich doch?«

      »Du darfst. Ich komme gleich nach«, sagte ihr Opa zärtlich. Er fühlte, dass Angela ihm etwas sagen wollte.

      »Bitte, stell mir keine Fragen jetzt, Paps«, sagte sie mit müder Stimme. »Aber wenn Wolfgang anrufen sollte, gebrauche irgendeine Ausrede. Ich erkläre es dir dann später. Babsi braucht es nicht zu hören.«

      Also war seine Ahnung richtig gewesen. Bekümmert blickte er seiner Tochter nach.

      Babsi war unbekümmert. Sie war glücklich, bei ihrem Opa zu sein. Sie freute sich, dass er einen so schönen Garten hatte und so ein hübsches Haus. Sie plauderte munter drauflos.

      »Wohin ist Papi denn diesmal gefahren?«, fragte Eberhard Jäger vorsichtig.

      »Nach Italien und in die Schweiz«, berichtete Babsi. »Eigentlich wollte er aber erst übermorgen fahren. Weiß nicht, was da wieder dazwischengekommen ist.«

      Ja, was wohl, überlegte Eberhard Jäger. Er verstand sich mit seinem Schwiegersohn ganz gut, aber in einer Konfliktsituation hätte er leidenschaftlich die Partei seiner Tochter ergriffen. Allerdings war er ein besonnener Mann, der alles durchdachte, bevor er eine Entscheidung traf. Und so war Angela eigentlich auch. Es musste schon besondere Gründe haben, dass sie überstürzt das Feld geräumt hatte.

      Er lauschte, ob das Telefon läutete, das er leise gestellt hatte, damit Angela nicht gestört wurde, aber er hörte nichts.

      Gegen ein Uhr erwachte Angela. Sie hatte von Wolfgang geträumt, Er hatte etwas zu ihr gesagt, was sie emporschreckte. Mit dem Erwachen hatte sie es jedoch vergessen, und nun kam ihr plötzlich der Gedanke, dass er gar nicht anrufen, sondern kommen würde.

      Aber sie wollte ihn jetzt nicht sehen. Sie wollte Abstand gewinnen, innerlich wieder zur Ruhe kommen.

      Sie nahm ein Bad und kleidete sich an. Ihr Vater und Babsi saßen auf der Terrasse.

      »Bist ja schon wieder munter, Mami«, sagte Babsi.

      Angela zwang ein Lächeln um ihre Lippen. »Ich habe Hunger«, sagte sie. »Wie wäre es, wenn wir irgendwohin zum Essen fahren würden?«

      »Wir könnten in den Gasthof Seeblick gehen«, schlug ihr Vater vor. »Das ist ganz nahe.«

      »Ich würde eigentlich lieber ein bisschen weiter wegfahren«, sagte sie gepresst.

      Er warf ihr einen nachdenklichen Blick zu. »Dann fahren wir zum Forsthaus Gutenbrunn. Das liegt direkt im Wald und wird Babsi Spaß machen. Da gibt es ein Rehlein.«

      »Ein lebendiges?«, fragte Babsi.

      Er nickte. »Wir nehmen aber meinen Wagen, der ist bequemer.«

      »Mir wäre es lieber, wenn wir mit meinem fahren würden«, sagte Angela schnell.

      »Ach was, du bist für heute genug gefahren. Deinen Wagen stellen wir in die Garage.« Er ahnte schon, dass Angela die Befürchtung hegte, Wolfgang könnte kommen, und anscheinend wollte sie ihm nicht begegnen, und alles vermeiden, was auf ihre Anwesenheit hindeuten könnte.

      Sie drängte voller Unruhe zum Aufbruch. Babsi sah sie ganz verwundert an. »Du musst aber mächtigen Hunger haben, Mami«, sagte sie.

      Davon


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