Der Malaiische Archipel. Alfred Russel Wallace

Der Malaiische Archipel - Alfred Russel Wallace


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aber er konnte nicht mit allen vier Händen in eine bequeme Lage kommen, und nachdem er sie verschiedene Male geändert hatte, ließ er eine Hand nach der anderen los, und fiel zuletzt zur Erde. Manchmal, wenn er nur an zwei Händen hing, ließ er die eine los und kreuzte sie nach der gegenüberliegenden Schulter, wo er sein eigenes Haar packte, und da dieses viel angenehmer als der Stock schien, ließ er auch die andere los und fiel herab, wo er dann beide Arme kreuzte, ganz zufrieden auf dem Rücken lag und nie von seinen zahlreichen Stürzen verletzt zu sein schien. Da ich sah, dass er Haare so liebte, bemühte ich mich, ihm eine künstliche Mutter herzustellen, indem ich ein Stück Büffelhaut in ein Bündel zusammenschnürte und es einen Fuß über dem Boden aufhängte. Zuerst schien ihm das wunderbar zu passen, da er mit seinen Beinen umherzappeln konnte und immer etwas Haar fand, welches er mit der größten Beharrlichkeit festhielt. Ich hatte nun die Hoffnung, die kleine Waise ganz glücklich gemacht zu haben, und es schien auch so eine Zeit lang, bis er sich seiner verlorenen Mutter erinnerte und zu saugen versuchte. Er zog sich dann bis ganz nahe der Haut in die Höhe und suchte überall nach dem entsprechenden Ort, aber da er nur den Mundvoll Haar und Wolle bekam, so wurde er sehr verdrießlich, schrie heftig und nach zwei oder drei Versuchen ließ er es ganz. Eines Tages bekam er etwas Wolle in die Kehle und ich dachte, er würde ersticken, aber nach vielem Keuchen erholte er sich wieder; ich musste die nachgemachte Mutter zerreißen und den letzten Versuch, das kleine Geschöpf zu beschäftigen, aufgeben.

      Nach der ersten Woche fand ich, dass ich ihn besser mit einem Löffel füttern und ihm ein wenig mehr wechselnde und nahrhafte Kost geben könnte. Gut eingeweichter Zwieback mit etwas Ei und Zucker gemischt und manchmal süße Kartoffeln wurden gern gegessen; und es war ein nie fehlschlagendes Vergnügen, seine drolligen Grimassen zu beobachten, durch welche er seine Billigung oder sein Missfallen über das, was man ihm gegeben, ausdrückte. Das arme kleine Ding beleckte die Lippen, zog die Backen ein und verdrehte die Augen mit einem Ausdruck der äußersten Befriedigung, wenn er einen Mundvoll hatte, der ihm besonders zusagte. War ihm andererseits seine Nahrung nicht süß oder schmackhaft genug, so drehte er den Bissen einen Augenblick mit der Zunge im Mund herum, als ob er einen Wohlgeschmack daran suchen wolle, und spie dann alles aus. Gab man ihm dasselbe Essen weiter, so fing er ein Geschrei an und schlug heftig um sich, genau wie ein kleines Kind im Zorn.

      Als ich den kleinen Mias ungefähr drei Wochen hatte, bekam ich glücklicherweise einen jungen Affen (Macacus cynomolgus), der klein, aber sehr lebhaft war und allein fressen konnte. Ich setzte ihn zu dem Mias in denselben Kasten, und sie wurden sogleich die besten Freunde, keiner fürchtete sich im Geringsten vor dem anderen. Der kleine Affe setzte sich ohne die geringste Rücksicht auf des anderen Leib, ja selbst auf sein Gesicht. Während ich den Mias fütterte, pflegte das Äffchen dabeizusitzen, das, was daneben fiel, aufzunaschen und gelegentlich mit seinen Händen den Löffel aufzufangen; sobald ich fertig war, leckte es das, was noch an den Lippen des Mias saß, ab, und riss ihm dann das Maul auf, um zu sehen, ob noch etwas darin sei; dann legte es sich auf den Leib des armen Geschöpfes wie auf ein bequemes Kissen nieder. Der kleine hilflose Mias ertrug all diese Insulte mit der beispiellosesten Geduld, nur zu froh, überhaupt etwas Warmes in seiner Nähe zu haben, das er zärtlich in die Arme schließen konnte. Manchmal aber rächte er sich; denn wenn der kleine Affe fortgehen wollte, hielt der Mias ihn, solange er konnte, an der beweglichen Haut des Rückens oder Kopfes oder am Schwanz fest, und nur nach vielen kräftigen Sprüngen konnte er sich losmachen.

      Es war merkwürdig, das verschiedene Gebaren dieser zwei Tiere, welche im Alter nicht weit auseinander sein konnten, zu beobachten. Der Mias, wie ein ganz kleines Kind, hilflos auf dem Rücken liegend, sich langsam hin und her rollend, alle viere in die Luft streckend, in der Hoffnung, irgendetwas zu erhaschen, aber noch kaum imstande, seine Finger nach einem bestimmten Gegenstand hin zu bringen, und wenn er unzufrieden war, seinen fast zahnlosen Mund öffnend und seine Wünsche durch ein höchst kindliches Schreien ausdrückend. Der kleine Affe dagegen, in fortwährender Bewegung, lief und sprang umher, wo es ihm Vergnügen machte, untersuchte alles, ergriff mit der größten Sicherheit die kleinsten Dinge, erhielt sich auf dem Rand des Kastens im Gleichgewicht oder lief einen Pfahl hinauf und setzte sich in den Besitz von allem Essbaren, das ihm in den Weg kam. Ein größerer Gegensatz war kaum möglich, und der Mias erschien neben dem kleinen Affen noch mehr wie ein kleines Kind. Als ich ihn ungefähr einen Monat hatte, zeigte sich, dass er wohl allein laufen lernen würde. Wenn man ihn auf die Erde legte, stieß er sich mit den Beinen weiter oder überstürzte sich und kam so schwerfällig vorwärts. Wenn er im Kasten lag, pflegte er sich am Rand gerade aufzurichten, und es gelang ihm auch ein oder zwei Mal, dabei herauszufallen. Wenn man ihn schmutzig oder hungrig ließ oder sonst vernachlässigte, fing er heftig zu schreien an, bis man ihn wartete, indem er bald hustete, bald aufstieß ähnlich wie ein erwachsenes Tier. Wenn niemand im Haus war oder man auf sein Schreien nicht achtete, wurde er nach einiger Zeit ruhig, aber sowie er dann einen Tritt hörte, fing er wieder ärger an.

      Nach fünf Wochen kamen seine beiden oberen Vorderzähne heraus, aber in der ganzen Zeit war er nicht im Geringsten gewachsen, sondern an Größe und Gewicht ganz wie zu Anfang geblieben. Dies kam zweifellos von dem Mangel an Milch oder anderer gleich nahrhafter Kost her. Reiswasser, Reis und Zwieback waren nur schwache Ersatzmittel, und die ausgepresste Milch der Kokosnuss, die ich ihm manchmal gab, vertrug sich nicht ganz mit seinem Magen. Dem schrieb ich auch einen Anfall von Diarrhö zu, durch den das arme kleine Geschöpf sehr litt; aber eine kleine Dosis Rizinusöl tat ihm gut und heilte ihn. Eine oder zwei Wochen später wurde er wieder krank, und dieses Mal ernstlicher. Die Symptome waren genau die des Wechselfiebers, begleitet von Anschwellungen der Füße und des Kopfes. Er verlor allen Appetit, und nachdem er in einer Woche höchst jämmerlich abgezehrt war, starb er; ich hatte ihn fast drei Monate besessen. Der Verlust meines kleinen Lieblings, den ich einst großzuziehen gehofft hatte und mit nach England heimnehmen wollte, tat mir sehr leid. Monate lang hatte er mir täglich durch seine drolligen Manieren und seine unnachahmlich possierlichen Grimassen sehr viel Vergnügen bereitet. Er wog drei Pfund neun Unzen, war vierzehn Zoll hoch und die Weite seiner ausgebreiteten Arme betrug dreiundzwanzig Zoll. Ich präparierte Haut und Skelett und fand dabei, dass er, als er vom Baum gefallen war, einen Arm und ein Bein gebrochen haben musste, was sich aber so schnell wieder vereinigt hatte, dass ich damals nur die harte Anschwellung an seinen Gliedern bemerkte, wo die unregelmäßige Vereinigung der Knochen stattgefunden.


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