SHAMROCK ALLEY - In den Gassen von New York. Ronald Malfi

SHAMROCK ALLEY - In den Gassen von New York - Ronald  Malfi


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drehte sich um und warf einen Blick in den Raum. Der Barkeeper war verschwunden, aber die anderen Gäste saßen noch an ihren Plätzen. Die Nase des immer noch angestrengt schreibenden Mannes befand sich jetzt unmittelbar vor seinem Notizbuch. »Atme einmal tief durch.«

      »Nein, es geht mir gut. Tut mir leid«, sagte sie.

      »Schon in Ordnung. Entspann dich einfach.« Er versuchte mitzubekommen, wohin der Barkeeper verschwunden war. Nach ein paar Augenblicken kehrte der Kerl zurück, sein Geschirrhandtuch lässig über die breite Schulter geworfen.

      »Okay.« Sie rauchte ihre Zigarette, ihr Gesicht wirkte ausgezehrt im Kerzenlicht. »Ich habe in den letzten Tagen über ein paar Dinge nachgedacht, weißt du? Einfach … ich weiß nicht … einfach um die Scheiße in meinem Kopf klarzukriegen. Du hast vermutlich keine Ahnung, aber mein Leben war nicht leicht. Okay, vielleicht weißt du das eine oder andere.« Sie lachte nervös auf. »Ich habe eine Menge angestellt, mich mit vielen bösen Jungs eingelassen. Ich war immer so fertig von den Drogen, und … verdammt noch mal …« Ihre Hände zitterten und ihre Knöchel waren kurz davor, durch das Fleisch ihrer Hände zu brechen. »Mein Vater hat immer die Scheiße aus mir herausgeprügelt, als ich ein Kind war. Er war ein wertloses Arschloch, ein Stück Müll. Meine Mutter war immer betrunken und wusste die Hälfte der Zeit nicht einmal, was los war. Als ich von dort abgehauen bin, habe ich die gleichen verdammten Dinge weitergemacht … mich immer wieder den gleichen verdammten Typen anvertraut.« Sie sah plötzlich aus, als wäre sie spontan um zwanzig Jahre gealtert. »Herrgott, ich schwafele einen Mist. Tut mir leid, ich weiß nicht, warum ich so angefangen habe.«

      Er saß nur still da und beobachtete sie.

      »Ein paar Mal haben sie mich verhaftet, und ich war eine ganze Weile in ziemlich schlechter Verfassung. Aber jetzt habe ich die Wohnung, und auch wenn es nicht viel ist, es ist meins, und ich kümmere mich, ich bezahle die Miete, so gut ich kann, und ich habe meine Tochter …«

      »Reg dich nicht auf.«

      »Schau mal …« Sie begann, wie eine Verrückte ihre Handtasche zu durchsuchen. »Ich denke, was ich sagen will, ist … ich will nur …« Ihr Oberkörper bebte und ihre Stimme verfing sich in ihrer Kehle. »Meghan … so heißt meine Tochter, Meghan. Irgendwo hier habe ich ein Bild von ihr. Du solltest sie sehen, John. Sie ist die eine gute Sache, die ich habe. Ich bin nicht nur schlecht, John …«

      Er lehnte sich über den Tisch nach vorn und legte seine Hände auf ihre Handtasche und ihre Hände. Sie erstarrte und senkte den Blick auf den Tisch.

      »Mach es dir nicht so schwer, Mädchen …«

      Schließlich lächelte sie schwach und schüttelte nur den Kopf. »Ich weiß nicht einmal, warum ich dir das alles erzähle.«

      »Steckst du in irgendwelchen Schwierigkeiten, Tressa? Hat Francis dir Fragen gestellt, hat er dir das Leben schwergemacht?«

      Jetzt sah sie ihm geradewegs ins Gesicht. Der schwache Geruch nach ungewaschenem Haar, der sich mit Zigarettenrauch vermischt hatte, berührte ihn. In diesem Augenblick sah sie aus wie ein Porträt ihrer selbst, gemalt von einem wütenden, nicht sehr geschickten Künstler. »Ich will dir helfen«, sagte sie leise.

      »Mir? Womit?«

      »Ich kenne Frankies Quelle. Ich weiß, wo er sein Geld herbekommt.«

      Zigarettenrauch, blau und dick, hing zwischen ihren Gesichtern in der Luft wie Gaze. Über Tressas Kopf hing eine Uhr an der Wand, auf dem Ziffernblatt grüne Kleeblätter anstelle der Zahlen, und der Sekundenzeiger tickte wie ein Puls.

      Tressa lehnte sich über den Tisch. Ihr Blick war fest und ernst, ihre Haut schien grau durch den Rauch. Als sie sprach, flüsterte sie beinahe. »Hast du schon mal von zwei Typen gehört, die Mickey O'Shay und Jimmy Kahn heißen?«

      »Nein.«

      »Das sind zwei irische Kerle von der West Side, die Chefs einer Gang. Bei allem, was in Hell's Kitchen vor sich geht, haben sie ihre Finger drin. Frankie kennt sie durch einen Freund eines Freundes, nur so kommt man an sie ran. Seit Monaten füttern sie ihn mit dem Falschgeld.«

      »Du hast ausgesagt, dass du seine Quelle nicht kennst …«

      »Ich habe gelogen.«

      »Diese Kerle, O'Shay und Kahn – drucken sie das Zeug?«

      »Was genau sie für Dreck am Stecken haben, weiß ich nicht. O'Shay habe ich nur ein paar Mal gesehen. Was ich weiß, habe ich vor allem von Frankie gehört, dazu ab und an etwas auf den Straßen. Du hängst an den richtigen Stellen ab, und bald hörst du, wie jemand ihre Namen flüstert. Hell's Kitchen zittert vor ihnen.«

      »Wegen ein bisschen Falschgeld?«

      »Du hast ja keine Ahnung«, beharrte sie. »Kerle wie die hast du noch nie gesehen.«

      Sie hielt inne, vielleicht überdachte sie ihre Optionen. Plötzlich wurde John klar, dass Deveneaus Quellen – O'Shay und Kahn – der Grund sein mussten, weshalb Tressas Hände zitterten und ihre Knie unter dem Tisch gegeneinander schlugen. In diesem Moment begriff er noch etwas: Auch Tressa hatte alle, die sich im Pub aufhielten, erfasst und sie die ganze Zeit beobachtet.

      »Diese Schweine musst du auf jeden Fall zur Strecke bringen«, fuhr sie fort, »und ich kann dich reinbringen. Ich lasse Frankie beiseite und spreche direkt mit Mickey O'Shay. Er weiß, was in dieser Nacht im Klub passiert ist. Ich sage ihm, dass du der Typ bist, der das Zeug abholen wollte, als die Scheiße über uns hereinbrach, und dass du keine Geschäfte mehr mit Frankie machen willst, aber immer noch an den Scheinen interessiert bist. Aber hör mir zu – diese Kerle sind schlau. Und sie machen keine halben Sachen, um es vorsichtig auszudrücken. Wenn sie denken, dass etwas faul ist, sind wir beide auf jeden Fall tot.«

      Er rutschte auf seinem Stuhl nach vorn und seine Augen beobachteten ihre Augen, die den Pub im Blick behielten. »Warum machst du das?«

      »Dank dir bin ich noch am Leben«, sagte sie. »Und du hast gesagt, dass du mich vom Haken lässt. Du lässt mich laufen und ich kann meine Wohnung behalten. Ich kann meine Tochter behalten. Weißt du, was ich meine?« Sie schien über etwas nachzudenken. »Ich bin nicht nur schlecht, das habe ich doch schon gesagt.«

      »Und du denkst, du kannst mich mit diesen Typen zusammenbringen, ein Treffen mit O'Shay einfädeln?«

      »Ich werde mich mit ihm treffen, sehen, was er dazu sagt. Wenn er denkt, dass du jemand bist, der etwas auf die Beine stellen kann und der ihm Geld einbringt, wird er interessiert sein.«

      »Und dieser Jimmy Kahn?«

      »Ich habe ihn nie getroffen. Ich weiß nur, was ich gehört habe, was Frankie über ihn sagt und was man sich auf der Straße erzählt. Er und Mickey, sie kümmern sich gemeinsam um die Show. Sie sind ein Wirklichkeit gewordener Todeswunsch. Ich habe Geschichten über sie gehört, die ich sonst über niemanden glauben würde. Sie sind wahnsinnig. Und soweit ich weiß, versucht Kahn, im Hintergrund zu bleiben.« Sie holte eine zweite Zigarette aus ihrem Mantel, zündete sie an und nahm einen Zug. »Es gibt da noch eine Sache …«

      »Was ist es?«

      »Ich will ins Zeugenschutzprogramm, wenn diese Sache durch ist. Ich und mein Kind – wir müssen hier raus. Hier würden wir nicht überleben.«

      »Wir können dir eine neue Adresse organisieren …«

      »Scheiße, das bringt nichts. Du weißt nicht, wozu diese Schweine fähig sind.« Ihre Stimme wurde schrill, bevor sie brach. Rasch senkte Tressa ihre Stimme wieder zu einem Flüstern. »Nur die Adresse zu wechseln, bringt nichts. Ich will raus aus der Stadt. Ich kann dich direkt in das Zentrum des Wahnsinns bringen, dich ins Haifischbecken werfen, aber dann will ich sicher sein, dass du dich um mich und mein Kind kümmerst. Dass du uns beide hier rausholst.«

      »Okay, in Ordnung. Ich denke, wir können da was organisieren.«

      »Sobald du sie getroffen hast, wirst du mich verstehen.«

      In diesem Moment schien ihr etwas einzufallen und sie drehte sich um und zog ihre Geldbörse aus


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