Heathens Ink: Mein Heiler. K.M. Neuhold
herrscht ein irgendwie gemütliches Chaos im Zimmer und alles scheint ganz leicht fehl am Platz zu sein. Die Wände sind mit Postern dekoriert, die wohl französische Werbeplakate sind. Neben der Tür stehen mehrere Paar Schuhe, die vermutlich Tanzschuhe sind. Ich erkenne Ballettschuhe, aber der Rest ist mir ein Rätsel. Auf der Couch sitzt eine finster dreinschauende Katze auf einer blauen Decke und funkelt mich böse an.
»Ignorier Frodo, er ist ein Arschloch«, sagt Beck und deutet auf den Kater, als er zurückkommt.
»Der Kater deiner Schwester, richtig?«
»Ja, er war nur zu Bri nett. Ich hab ihn aufgenommen und wie dankt er es mir? Er pinkelt in mein Bett, knabbert meine Schuhe an und Gott behüte, wenn ich versuche, im Wohnzimmer Yoga zu machen.« Beck schüttelt sich, um seine Worte zu betonen.
»Armer Kerl, ich wette, dass er sie vermisst«, sage ich sanft, als ich mich kleiner mache, um auf das flauschige, eingedrückte Gesicht weniger bedrohlich zu wirken, das mich immer noch ansieht, als würde es darüber nachdenken, auf etwas zu pinkeln, das mir gehört.
»Ja, das glaube ich auch«, stimmt Beck etwas gedämpfter zu. »Die Decke hat Bri gehört, Frodo trennt sich kaum mal davon.«
Als ich schließlich meinen Blick von dem Kater losreiße, sehe ich Beck; mein Herz gerät ins Stolpern und mir wird heiß.
Er trägt ein pinkes, durchscheinendes Top, das mit Sicherheit unglaublich weich ist. Zu dem Oberteil trägt er kurze schwarze Hosen, sodass seine endlos langen, straffen Beine zu sehen sind. Und an den Füßen trägt er pinke High Heels. Mein Schwanz zuckt, als er hart wird. Ich hätte nie gedacht, dass ein Mann in High Heels so verflucht heiß sein kann, aber verdammt, Beck steht es ungemein.
Ein Lächeln umspielt meine Lippen, als mir auffällt, dass seine Fußnägel glänzender, silberner Nagellack ziert. Ich weiß nicht warum, aber das hat etwas so Süßes und Hübsches an sich.
»Gibt es ein Problem?«, fragt Beck mit einem Hauch von Abwehr in der Stimme.
Ich reiße meinen Blick von seinen glitzernden Zehen los und sehe ihm ins Gesicht. Die Verärgerung, die in seiner Stimme mitschwang, kann ich nicht sehen. Stattdessen erkenne ich Besorgnis.
»Kein Problem. Mir… gefallen deine Schuhe.«
Misstrauisch verengt Beck die Augen. »Wirst du komisch, weil du mit einem Typen in die Öffentlichkeit gehst, der Frauenschuhe trägt?«, fragt er herausfordernd.
»Überhaupt nicht, aber wenn ich dich beim Billard besiege, schiebst du es besser nicht auf die Schuhe.« Ich zwinkere ihm zu und bin von meinem neckenden Tonfall selbst überrascht. Flirte ich?
Becks Gesichtsausdruck verwandelt sich von zurückhaltend in frech. »Du unterschätzt mich, Süßer.«
Beck
Ich verberge mein erleichtertes Seufzen, als Gage und ich meine Wohnung ohne weitere Diskussion über meine Klamotten verlassen.
»Gleich die Straße runter ist ein toller kleiner Pub.« Ich winke Gage in die richtige Richtung. Zwischen uns breitet sich angenehmes Schweigen aus und die Stille der Nacht wird nur durch das Klacken meiner Absätze unterbrochen.
»Sind die bequem?«, fragt Gage.
Mein Körper spannt sich an, ich bin bereit, meine Entscheidungen zu verteidigen. Aber als ich Gage ansehe, entdecke ich keine Andeutung von Verurteilung in seinem Gesicht. Er sieht neugierig aus.
»Nicht wirklich, aber sie sehen fantastisch aus. Und wie meine Mutter immer gesagt hat: Wer schön sein will, muss leiden.«
In der Bar ist nichts los, was für einen Mittwochabend nicht überraschend ist.
»Hey, Hübscher, nette Schuhe«, ruft Tony, der Barkeeper, als er mich entdeckt.
»Versuchst du, mich ins Bett zu bekommen, Schätzchen?«, beschuldige ich ihn spielerisch.
»Immer.«
Gage grummelt neben mir und als ich ihn ansehe, stelle ich fest, dass er die Zähne zusammenbeißt. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glauben, dass er ein wenig eifersüchtig ist.
»Bier, richtig?«
Gage nickt.
»Zwei Bier, Tony«, rufe ich und ziehe Gage dann rüber zum Billardtisch.
»Gehst du mit dem Typen aus?«
»Tony? Lieber Himmel, nein.« Ich lache. »Er ist hetero. Er flirtet einfach gern und ich gebe gutes Trinkgeld.« Ich zucke mit den Schultern.
Die Anspannung in seinen Schultern lässt nach. Gage schnappt sich zwei Queues, während ich die Kugeln aufbaue.
»Erzähl mir vom Tanzen«, sagt Gage plötzlich.
»Was willst du wissen?«
»Wie hast du damit angefangen?«
»Meine erste Tanzstunde hatte ich mit acht, weil ich einfach alles tun musste, was Bri gemacht hat. Die Sache war, dass sie nach dem ersten Monat aufgehört hat, aber ich hatte mich schon darin verliebt. Meine Eltern waren angepisst.« Ich lache, als ich mich daran erinnere, wie der Kopf meines Dads beinahe explodiert ist, als ich darauf bestanden habe, im Tanzkurs zu bleiben, nachdem Bri aufgehört hat.
»Warum wollte Bri aufhören?«, fragt Gage und beugt sich vor, um anzustoßen. Er stellt die Frage so beiläufig, aber es ist, als würde er direkt in mein Herz sehen und wissen, wie viel es mir bedeutet, auf eine glückliche Art von Bri zu erzählen, anstatt über den Schmerz nachzudenken.
»Sie war eine unglaubliche Perfektionistin. Sie wollte nichts tun, außer sie hat es sofort hundertprozentig beherrscht.«
Gage lacht. »Als was hat sie gearbeitet?«
»Stripperin.«
Ein überraschter Ausdruck huscht über sein Gesicht, ehe er von Unsicherheit ersetzt wird. »Ernsthaft?«
»Nein«, sage ich lachend. »Sie war Kindergärtnerin.«
Tony bringt unser Bier und ich gebe ihm wie immer ein großzügiges Trinkgeld.
»Möchtest du mir etwas über deinen Freund erzählen?«, frage ich Gage sanft, denn er soll wissen, dass ich ihm gern ebenfalls zuhöre, wenn er darüber reden möchte.
»Johnny.« Endlich nennt Gage seinen Namen. »Ähm…« Er räuspert sich und sieht auf seine Füße und als er wieder zu mir aufsieht, fällt mir das feuchte Schimmern in seinen Augen auf. »Wir müssen nicht über ihn sprechen«, rudere ich zurück.
»Nein, wir können. Entschuldige, es ist nur so, dass niemand ihn mehr mir gegenüber erwähnt. Er war Adams Bruder und ich glaube, Adam möchte über ihn sprechen, hat aber Angst, dass ich durchdrehe oder so. Alle behandeln mich, als würde ich einen Nervenzusammenbruch bekommen oder in Tränen ausbrechen. Ich weiß, dass sie glauben, dass ich mittlerweile darüber hinweg sein sollte.«
»Niemand hat dir vorzuschreiben, wie lange du trauerst.«
Gage nickt zustimmend, ehe er sich erneut räuspert.
»Er war wirklich strahlend und herzlich, so wie du. Er bestand aus Farbe und Licht… bis es nicht mehr so war.«
So wie er es formuliert, verstehe ich es plötzlich. Sein Freund ist nicht einfach gestorben, er hat sich umgebracht. Es kostet mich all meine Selbstbeherrschung, nicht um den Tisch zu gehen und ihn zu umarmen, bis er wieder vollständig und glücklich ist.
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