Tod an der Interstate. Robert Lee Walker
sie an der Academy, die Praxis bekam sie in den vielen Praktika in den verschiedenen Abschnitten und zentralen Abteilungen. Sie schrieb in Manhattan Ordnungsgelder wegen Falschparkens genauso wie Protokolle bei der CSU, der Crime Scene Unit. Und dann kam ein Dozent vom Polizeipräsidium in Aurora, der einen Gastvortrag hielt. Nicht, dass sie sich in ihn verguckt hatte. Aber er hatte Werbung für Aurora gemacht und sie bei einem Gespräch gefragt, ob sie sich vorstellen könnte, nach Aurora zu kommen. Monaghan warf all ihre Sorgen, ihre Freunde in New York zu verlieren, über Bord. Sie fand Geschmack an der Idee, an einem fremden Ort mit der bald abgeschlossenen Ausbildung ein ganz neues Leben zu beginnen. Heute war der Dozent von damals ihr Chef in der Detective Unit des zweiten Districts und hieß David Hodges.
Jacqui Monaghan schreckte aus ihren Gedanken hoch, als sich die Tür öffnete.
»Du hast uns ja ganz schön lange auf die Folter gespannt«, sagte David Hodges, nachdem Brendup ins Büro getreten war.
»Entschuldigt, aber ich glaube, ich hab noch einige interessante Informationen bekommen. Das hätte gar nichts gebracht, wenn ich zwischendurch immer ins Büro gekommen wäre.«
»Nun gut, dann setzen wir uns jetzt und du berichtest uns von deinen Ermittlungen.«
»Klar doch, David.«
Ohne besonderes Bitten hatte Samuel Alvarez bereits Kaffee für alle gekocht, den er jetzt mit einem Tablett auf den Tisch stellte. Leichtes Stühlerücken, ein wenig Räuspern und dann begann Brendup mit seinem Bericht.
»Wenn ich dich richtig verstehe, dann meinst du also, dass ein Selbstmord nicht infrage kommt?«, fragte Hodges, nachdem Brendup geendet hatte.
»Ich kann ihn zwar immer noch nicht ausschließen, aber das, was ich über Peter Spade erfahren habe, gibt keinen Aufschluss darüber, dass er ein klassischer Suizidgefährdeter war.«
»Bleibt also nur Unfall, oder?« Für einige Sekunden war Stille am Konferenztisch, lediglich die Straßengeräusche von der Abilene drangen durch die Fenster. »Na ja, auch nicht gerade. Sein Tod ist wirklich verzwickt. Ich frage mich nämlich, warum William DeWayne so darauf bestanden hat, dass wir unbedingt sein Alibi im Bus überprüfen. Das fällt mir einfach nur auf. Es muss nichts bedeuten, aber wer weiß? Warum trug Peter Spade andere Kleidung an der Interstate? Warum eine Waffe in der Tasche?«
»Verstehe, wir müssen also noch ein wenig mehr Hausaufgaben erledigen, bevor wir den Fall abschließen. Ich glaube, in meiner ganzen Laufbahn als Detective hat mir ein scheinbarer Unfall nicht so viel Arbeit beschert.«
Daraufhin verteilte David Hodges die weiteren Arbeiten. Es mussten die Aussagen von einigen Befragten überprüft werden. Nicht, um unbedingt ein Alibi abzusichern, doch zumindest deshalb, damit sie eine logische Abfolge der eigenen Theorie und der verschiedenen Aussagen erhielten.
»Ms Monaghan, kümmern Sie sich bitte um die Aussagen von diesen William DeWayne? Und Sie, Alvarez, nehmen bitte nochmal die Aussagen der Bauarbeiter und des Wirtes unter die Lupe. Ich kümmere mich um die Ehefrau des Toten. Du, Saul, kannst dich an den Schreibtisch setzen und deinen Bericht noch in Schönschrift bringen.«
Die Kollegen nickten, standen von ihren Stühlen auf und gingen erneut an die Arbeit. Monaghan griff zum Telefonhörer und wählte die Nummer der All Transport Services, die sie auf deren Internet-Homepage gefunden hatte.
»Entschuldigen Sie die Störung, ich bin Detective Jacqui Monaghan von der APD. Ich müsste mit jemandem sprechen, der mir sagen kann, wann welche Fahrer die Linie 4375 gestern Abend fuhren«, sagte sie in den Hörer hinein, nachdem die Verbindung zu Stande gekommen war. »Ja wir ermitteln in einem Fall und es könnte sein, dass uns Ihr Kollege einige wertvolle Hinweise geben könnte. … mit dem Einsatzleiter? Ja, dann verbinden Sie mich bitte mit ihm.« Nach einem gedehnten Augenaufschlag richtete Monaghan ihre Augen zur Zimmerdecke, ohne den Kopf zu heben. Sie wartete darauf, von der Dame am anderen Ende der Leitung weiter verbunden zu werden.
»Randy Travis am Apparat, ich bin Einsatzleiter bei Aurora ATS, was kann ich für Sie tun?«, hörte sie einen männlichen Bass in der Leitung.
»Mr Travis«, sagte Monaghan und stellte sich erneut vor. »Sie können mir bestimmt sagen, wer gestern Abend die Linie 4375 fuhr?«
»Das kann ich sicherlich, wenn Sie mir zuvor sagen, wann genau das denn gewesen sein soll. Wegen des Schichtwechsels.«
»Gegen 22 Uhr und zwar aus Downtown kommend Richtung Denver International.«
»Warten Sie, ich schau gerade in die Liste. Ja, ich hab’s. Das war Angela Hacker. Es müsste ihre letzte Tour gestern Abend gewesen sein.«
»Wo kann ich Ms Hacker sprechen? Haben Sie eine Handynummer von ihr?«
»Nee, die hab ich nicht. Da kann ich nicht mit dienen.«
»Nicht?« Jacqui Monaghan wirkte irritiert. Offensichtlich hatte sie eine andere Antwort erwartet. »Wie erreichen Sie denn ihre Fahrer, wenn Sie Ihnen etwas mitteilen müssen?«
»Das geht bei uns per Funk. Handy haben die Fahrer höchstens privat dabei.«
»Ach so? Man lernt nie aus.«
»Ja, so ist das nun mal. Nicht alles ist auf dem neuesten Stand der Technik. Außerdem dürfen die Fahrer während der Fahrt sowieso nicht mit dem Handy telefonieren.«
»Während der Fahrt, sagen Sie. Ist Ms Hacker denn wieder unterwegs?«
»Ja, heute hat sie wieder Spätschicht. Sie hat die Schicht gerade angetreten und müsste auf dem Weg nach DIA sein.«
»Kann ich denn irgendwo in ihren Bus steigen?«
»Sie können wohl direkt beim Revier in der Florida Station in den Bus steigen. Das sollte der kürzeste Weg für Sie sein, Detective.«
»Ah, okay, das klingt doch gut.«
»Nicht wahr?«
»Vielen Dank für die Hilfe, Mr Travis.«
»Nichts für ungut, gern geschehen.«
Dann knackte es in der Leitung. Monaghan griff nach ihrem Blouson, den sie über ihre Stuhllehne gehängt hatte. Ihren Autoschlüssel ließ sie in die Schreibtischschublade fallen. Eine Rundfahrt mit dem Bus wäre mal etwas anderes, und dabei könnte sie das Alibi von DeWayne überprüfen.
»Ich bin dann mal weg«, rief sie in die Runde.
»Si, señorita, bis gleich«, antwortete ihr Alvarez hinterher.
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