Tod an der Interstate. Robert Lee Walker

Tod an der Interstate - Robert Lee Walker


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wurde auch ganz gut bezahlt. Peter war schließlich erfahren und selbst erfahrener, professioneller Anstreicher. So was lässt sich eine andere Firma gerne etwas kosten. Wir waren zufrieden damit, abgesehen davon, dass es immer etwas mehr sein könnte.«

      »Ja, das ist verständlich. Ihr Mann war aber trotzdem nicht zufrieden?«

      »Ich nehme an, ihm fehlte die komplette Unabhängigkeit. Trotz der Freiheiten, die er bei Aaron genoss. Ich konnte ihn nie verstehen. Vielleicht ist deshalb mein Mitleid in Verbitterung umgeschlagen. Ich muss Ihnen keine große Trauer vorspielen. Sicher, ich bin auch traurig, aber er hat sich in all den letzten Monaten nicht gut benommen. Da liegt die Verbitterung näher als die Trauer. Tut mir leid, aber ich weiß auch nicht.«

      Barbara Spade kaute auf ihrer Unterlippe herum.

      »Dann schildern Sie doch mal bitte, wie das gestern war. Wie lief der gestrige Abend ab?«

      »Sie meinen bestimmt mit dem Peter, oder? Was ich getan habe, spielt wohl eher keine Rolle?«

      »Richtig. Wann kam ihr Mann von der Arbeit?«

      »Gar nicht.«

      »Gar nicht?«

      »Nein. Gestern sollte wohl wieder einer seiner Tage sein. Obwohl es mich schon gewundert hatte, denn eigentlich ist Donnerstag immer sein Tag gewesen und gestern hatten wir erst Montag. Aber lange hab ich darüber auch nicht nachgedacht. An solchen Tagen ging er gleich nach der Arbeit in die Kneipe. Ich hatte Essen vorbereitet. Als er nicht kam, rief ich in der Firma an. Die sagten mir, er wäre schon im Feierabend. Damit wusste ich dann Bescheid.«

      »Gegen welche Uhrzeit war das?«

      »Das war etwa sieben Uhr. Ich hab dann mit den Jungs alleine gegessen und bin anschließend in die Stadt gefahren, um mich mit Bekannten zu treffen.«

      »Gesorgt haben Sie sich da noch nicht, oder?«

      »Nein, warum sollte ich?«

      »Vielleicht der Kinder wegen?«

      »Die kommen auch schon gut alleine klar. Außerdem ging ich davon aus, dass Peter auf dem Heimweg war.«

      »Nun gut.«

      »Wenn er heute nicht auf Arbeit erschienen wäre«, setzte Barbara Spade nach, »dann wäre es eine Aufmerksamkeit Wert gewesen. Die Arbeit hat er in all den Jahren nicht verpasst. Ich glaube, er war nicht einmal krankgemeldet während der ganzen Zeit.«

      »Das ist schon bemerkenswert.«

      »Ja, in dieser Hinsicht war Peter ein bemerkenswerter Mann.« Mit einem starren Blick schaute Barbara Spade auf den Ascher, der auf dem Tisch stand. Brendup fragte sich, ob man einen Ascher als Deko in einem Nichtraucherhaushalt benötigte. Denn nach dem für Raucherwohnungen üblichen Gestank roch es in dieser Wohnung nicht. Es wäre ungewöhnlich, den Geruch selbst bei häufigem Lüften aus den Möbeln zu bekommen.

      »Eine Frage noch zum Schluss, Ms Spade«, sagte David Hodges. Brendup wollte sie nicht noch mal reizen und hielt lieber seinen Mund. »Halten Sie es für möglich, dass ihr Mann Selbstmord beging und sich auf die Gleise stürzte?«

      Als hätte sie zum ersten Mal gesehen, dass Schmetterlinge fliegen können, blickte sie den Captain an.

      »Nein, das ist ausgeschlossen. Das glaube ich nicht.«

      »Warum nicht?«

      »Er hat zwar auf sein Angestelltendasein geschimpft und darüber, dass er mit einer eigenen Firma alles anders und besser machen würde, aber das war doch nur so ein Geschwätz von ihm. In Wirklichkeit wusste er genau, dass es nicht gerade schlecht ist, an jedem Monatsende ein festes Gehalt zu bekommen. Da hätte er nicht von lassen können, glaube ich, das wäre auf jeden Fall kein Grund für Selbstmord gewesen.«

      »Nun gut. Wir müssen diese Möglichkeit wenigstens in Betracht ziehen, um sie ausschließen zu können.«

      »Ich verstehe.«

      »Dann gibt es da noch eine Sache. Trug Ihr Mann eine Waffe?«

      »Ich glaub nicht. Das hätte er mir doch erzählt?« Unsicher schaute sie von Einem zum Anderen.

      »Können Sie sich vielleicht denken, woher und warum er dann eine Pistole bei sich trug?«

      »Peter? Eine Pistole? Nee, das kann nicht sein. Das kann ich mir nicht vorstellen.«

      »Hatten wir aber bei ihm gefunden.«

      »Das ist bestimmt nicht seine gewesen.«

      »Nun gut. Sie können uns also darin nicht weiter helfen.«

      »Tut mir leid.«

      »Ist zwar schade, aber nicht zu ändern, Ms Spade. Eine Bitte habe ich noch. Haben Sie eventuell ein Foto von Ihrem Mann, welches wir bei der Zeugenbefragung und für die Akten nutzen können? Die Bilder von der Interstate werden uns nicht sehr behilflich sein.«

      »Selbstverständlich, warten Sie einen Moment, ich muss nachschauen.« Sie wandte sich einer unteren Schublade des Wohnzimmerschrankes zu und kramte in einem losen Haufen von papiernen Fototaschen, bis sie kurz darauf mit einem Ganzkörperfoto ihres Ehemannes in der Hand aus der Hocke wieder hoch kam.

      »Bitte sehr, reicht Ihnen das?«

      »Ohne Frage, vielen Dank. Wir fertigen uns eine Kopie davon an und Sie bekommen es dann wieder. Sie haben uns fürs Erste schon sehr viel weiter geholfen. Wenn wir noch Fragen haben, werden wir uns wieder an Sie wenden.«

      »Kein Problem, wann immer Sie wollen, Officer.«

      David Hodges überhörte diese kleine Degradierung, war ihm doch klar, dass sich die Leute nicht besonders gut mit den Diensträngen der Polizei auskannten. Ein Cop ist und bleibt nun mal ein Cop, im besten Fall ein Officer. Er reichte Barbara Spade die Hand.

      »Auf Wiedersehen, Ms Spade.«

      »Auf Wiedersehen.«

      Auch Brendup gab sie die Hand, obwohl sie ihn nicht besonders lange dabei anschaute.

      Um schnell mit den Ermittlungen voranzukommen wollten David Hodges und Saul Brendup gleich von Spades Wohnung aus zu der Bar, in der das Opfer gestern angeblich gewesen sein sollte. »Ich denke, wir fahren noch gleich dorthin«, sagte David Hodges, währenddessen er die Fahrertür zu seinem Dienstwagen öffnete.

      »Meinst du, dass das etwas bringt? Jetzt um diese Zeit?«

      »Ach so, wie spät haben wir es denn?« Hodges blieb an der Autotür stehen und schaute auf seine Armbanduhr. Auch Brendup hielt mit dem Einsteigen inne, ein Bein bereits in das Auto gesetzt.

      »Viertel nach Zehn. Das könnte noch etwas früh sein. Saul, ich glaub, du hast recht.«

      »Sag ich doch.« Mit seinem tiefen Bass klang dieser Satz wie ein Grummeln.

      »Fahren wir also zurück zur Police Station. Vielleicht haben die jungen Kollegen etwas in Erfahrung gebracht.«

      Beide stiegen schließlich ein und fuhren zur Dienststelle zurück.

      Auf den Straßen herrschte der übliche Verkehr. Sie hangelten sich von einer Ampel zur nächsten.

      Noch auf dem Parkplatz an der Seite des Backsteingebäudes trafen sie auf Jacqui Monaghan und Samuel Alvarez, die eine Minute zuvor von ihren Ermittlungen kommend auf den Platz gefahren waren.

      »Und, wie schaut’s aus?«, fragte David Hodges.

      »Alles ganz normal, Chef«, antwortete Monaghan. »Aber das können wir gleich oben beim Kaffee nochmal besprechen.«

      Saul Brendup stand bereits im Fahrstuhl und hielt ein Bein in die Lichtschranke, bevor er von einem anderen Fahrgast in eine andere Etage geholt werden würde. Als die Kollegen auf den Fahrstuhl zutraten, rückte er nach hinten durch und gab den Eingang frei, wobei er auf den Knopf für die vierte Etage drückte. Sobald das letzte Bein die Lichtschranke passiert hatte,


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