Sophienlust Bestseller 13 – Familienroman. Anne Alexander

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nickte düster. Hannelore Nowak war seit dem Nachmittag des Vortags auf Capri. Sie hatte bereits ihre Erfahrungen mit der resoluten Schwester ihrer toten Herrin gemacht. Mit einem leisen Aufseufzen verließ sie die Küche, um Selina, ihren Vater und Marlene zu begrüßen.

      »Angela, diese Person wird nicht im Haus meiner Schwester wohnen«, forderte Hannelore Nowak. »Ich lasse nicht zu, daß das Andenken meiner Schwester derart geschändet wird.«

      »Willkommen, Signor Färber«, wandte sich Angela einfach an David. Sie ergriff seine dargebotene Hand. Dann begrüßte sie auch Marlene und Selina. »Ich habe bereits Zimmer für Sie gerichtet«, fügte sie hinzu. »Ich dachte, Signora Hofrat schläft mit Signorina Selina zusammen. Für Sie habe ich das kleinere der Gästezimmer vorgesehen.« Unsicher schaute sie von David auf Marlene. »Wenn Sie natürlich eine andere Anordnung wünschen, dann…«

      »Soweit kommt es noch!«

      »Hannelore, sei doch bitte einmal fünf Minuten still!« herrschte der Mann seine Ex-Schwägerin an. »Angela, Sie haben schon alles richtig gemacht, danke.«

      »Wahrscheinlich wollen Sie sich erst einmal etwas frisch machen« vermutete das Hausmädchen. »In der Zwischenzeit kümmere ich mich ums Essen. Es ist so herrliches Wetter. Ich dachte, daß Sie vielleicht auf der Terrasse essen möchten.«

      »Das geht in Ordnung.« David schenkte ihr ein freundliches Lächeln. »Wenn Sie uns jetzt die Zimmer zeigen würden, Angela!«

      »Gern.«

      Stumm folgte Selina den Erwachsenen. Sie kannte dieses Haus von ihren seltenen früheren Besuchen her, doch an diesem Tag fühlte sie sich hier wie eine Fremde. Nicht einmal der Blick aus dem Zimmerfenster bereitete ihr Freude. Wortlos begann sie, ihre Reisetasche auszupacken.

      Die Beerdigung war für den Nachmittag angesetzt. Der Leichnam war in der kleinen Friedhofskapelle aufgebahrt. Marlene hatte nicht an der Beerdigung teilnehmen wollen, doch David und Selina hatten sie gebeten, ihnen den Gefallen zu tun. Beklommen nahm sie zwischen ihnen auf der gepolsterten Bank in der ersten Reihe Platz. Demonstrativ setzte sich Hannelore Nowak in die nächste.

      Die Kapelle war bis zum letzten Platz gefüllt. Marion hatte auf Capri viele Freunde gehabt. Ihr Sarg war über und über mit Blumen bedeckt. Obwohl sie von der Predigt des Pfarrers kaum ein Wort verstanden, fühlten sie, daß auch er Marion geschätzt hatte.

      Im Hintergrund der Kapelle sang ein Kinderchor. Selina hatte dieses Lied ab und zu auf Capri gehört. Ramona, die in der ersten Reihe stand, winkte ihr schüchtern zu, als sie hinter dem Sarg die Kapelle verließen.

      Es war heiß geworden. Die Luft flimmerte. Blind vor Tränen stolperte Selina an der Hand ihres Vaters durch den Friedhof. Einmal hätte sie fast die Blumen verloren, die sie in der Hand hielt.

      Noch einmal sprach der Geistliche, dann wurde der weiße Sarg von sechs Männern in die Grube hinuntergelassen. Selina trat an das Grab und warf ihre Blumen hinunter. Der Gedanke, daß ihre Mutter für immer in diesem Kasten eingeschlossen sein würde, ließ sie laut aufschluchzen.

      »Sieh’ nur, was du dem Kind angetan hast«, fuhr Hannelore Nowak ihren Ex-Schwager an. »Nicht nur Marion mußte unter dir leiden, auch ihre Tochter.«

      »Bitte, Hannelore, nimm dich zusammen«, herrschte David sie leise an.

      »Das hättest du wohl gern.« Hannelore schlang die Arme um Selina. »Warum soll es nicht alle Welt hören, wie du meine arme Schwester in den Tod getrieben hast?«

      »Signora, ich kann ja ihren Schmerz verstehen«, sagte der Geistliche auf deutsch. »Aber denken Sie bitte daran, daß wir Ihrer Schwester die letzte Ehre erweisen wollen.«

      »Die letzte Ehre!« Hannelore lachte bitter auf. »Eine schöne Ehre, wenn geduldet wird, daß ihr geschiedener Mann mit seiner Geliebten an ihrem Grab steht!«

      »Signora, bitte!«

      »Was heißt da bitte? Es ist empörend! Es ist eine Schande!«

      »Laß’ endlich meinen Vater in Ruhe!« Selina stieß Hannelore Nowak von sich. »Mein Vater hat dir nichts getan. Und Marlene hat dir auch nichts getan. Ich .. .«

      »Ist gut, Selina, ist gut.« Ihr Vater schloß sie in die Arme. »Rege dich nicht auf, Liebes, manche Leute wissen nicht, was sie tun.«

      Hannelore Nowak öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, schloB ihn dann aber wieder und kniff so fest die Lippen zusammen, daß sie nur noch einen schmalen Strich bildeten.

      Nacheinander traten die Trauergäste an das Grab, verharrten dort einen Augenblick und warfen die mitgebrachten Blumen auf den Sarg hinunter.

      Selina war völlig erschöpft, als sie endlich den Friedhof verließen. Die rechte Hand schmerzte ihr von all den Händen, die sie gedrückt hatten. Müde stolperte sie zwischen ihrem Vater und Marlene zu Luigis Wagen.

      »Weine nicht, kleine Signorina«, sagte Luigi und fuhr ihr durch die Haare. »Deine Mutter hätte das nicht gewollt. Dort wo sie jetzt ist, spürt sie weder Kummer noch Schmerzen.«

      »Aber sie weiß sicher auch, daß ich nicht zu ihr kommen wollte«, flüsterte Selina und kletterte in den Wagen.

      Selina erschien nicht zum Abendessen, das Angela wieder auf der Terrasse serviert hatte. Nach dem Flug und den Aufregungen, die der Tag mit sich gebracht hatte, war sie noch im Wagen eingeschlafen. Luigi hatte sie auf seinen Armen die Treppe hinunter zur Villa getragen. Dann hatte sich Marlene ihrer angenommen und sie ausgezogen. Jetzt saß sie bei ihr am Bett und hielt ihre Hand, obwohl Selina wahrscheinlich gar nichts davon merkte.

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