Flüstern der Natur. Fritjof Capra
zwischen dem Belebten und Leblosen vielleicht nicht so weit und unüberbrückbar sei, wie allgemein angenommen; der Sekretär des Kongresses brachte seine „Verblüffung“ zum Ausdruck...
Bald darauf kam Bose die Idee, dass er, wenn die auffällige Kontinuität zwischen solchen Extremen wie Metallen und dem Tierleben real wäre, auch in der Lage sein sollte, ähnliche Effekte in gewöhnlichen Gemüsepflanzen zu erzielen, von denen man allgemein annahm, dass sie unempfänglich seien, da man glaubte, dass sie kein Nervensystem hätten. Bose pflückte einige Roßkastanienblätter in einem Garten bei seinem Laboratorium und fand, dass sie auf verschiedene „Reize“ ganz ähnlich reagierten wie seine Metalle und Muskeln. Ganz aufgeregt von den Resultaten ging er zu seinem Gemüsehändler und kaufte einen Sack mit Karotten und Steckrüben, die von allen Gemüsesorten die „unempfänglichsten“ zu sein schienen, und er entdeckte, dass sie hochsensitiv waren. Wenn Bose Pflanzen chlorophormierte, fand er, dass sie ebenso effektiv anästhetisiert waren wie Tiere, und dass sie wie die Tiere zum Leben kamen, wenn die betäubenden Dämpfe fortgeblasen wurden. Als Bose Chloroform benutzte, um eine große Pinie zu beruhigen, konnte er sie ohne den gewöhnlich tödlichen Schock solcher Operationen entwurzeln und umpflanzen.
Als Sir Michael Foster, Sekretär der Royal Society, eines Morgens in Boses Laboratorium kam, um sich persönlich einen Einblick zu verschaffen, was dort geschah, und Bose ihm einige seiner Aufzeichnungen zeigte, sagte der alte Mann scherzend:
„Also, Bose, was ist denn neu an dieser Kurve? Wir kennen sie schon seit mindestens einem halben Jahrhundert!“
„Aber was glauben Sie, stellt sie dar?“ fragte Bose ruhig.
„Natürlich die Muskelreaktion!“ antwortete Foster mürrisch.
Bose schaute den Professor tief aus seinen fesselnden braunen Augen an und sagte mit fester Stimme: „Verzeihen Sie, aber es ist die Reaktion von Blech!“
Foster war wie entgeistert. „Wie bitte?“ rief er, und sprang von seinem Stuhl auf, „Blech? Sagten Sie Blech?“
Als Bose ihm seine Resultate zeigte, war Foster ebenso begeistert wie erstaunt. Auf der Stelle lud er Bose ein, an einem der kommenden Freitagabende der Royal Institution über seine Entdeckungen zu berichten, und er bot ihm an, sein Papier persönlich an die Royal Society weiterzuleiten, damit es Priorität erhielte. Beim Treffen am Abend des 10. Mai 1901 bot Bose alle Resultate auf, die er im Verlauf von vier Jahren erarbeitet hatte, und demonstrierte jedes von ihnen mit einer umfangreichen Reihe von Experimenten, bevor er mit einem kurzen Vortrag abschloss:
Ich habe Ihnen heute Abend autographische Aufzeichnungen der Geschichte von Stress und Anspannung im Lebendigen und Leblosen gezeigt! Sie sind in der Tat so ähnlich, dass man das eine nicht vom anderen unterscheiden kann. Wie können wir bei diesen Phänomenen eine Scheidelinie ziehen und sagen, hier hört das Physische auf und dort beginnt das Physiologische? Solche absoluten Barrieren existieren nicht.
Als ich das stille Zeugnis dieser selbstgefertigten Aufzeichnungen fand und in ihnen eine Phase einer durchdringenden Einheit erkannte, die in sich alle Dinge birgt – das Stäubchen, das im Lichtrieseln zittert, das reiche Leben auf unserer Erde und die strahlenden Sonnen, die über uns scheinen –, da verstand ich zum ersten Mal ein wenig jene Botschaft, die meine Vorfahren vor drei Jahrtausenden an den Ufern des Ganges verkündeten: „Jene, die in all der sich wandelnden Vielfalt dieses Universums nur das Eine sehen, jenen gehört die Ewige Wahrheit – niemandem sonst, niemandem sonst!“
Peter Tompkins und Christopher Bird
* * *
Liebe in Steinen
„Du sagst, Liebe ist überall. Ihre Regung existiert in Pflanzen, vielleicht sogar in Steinen selbst... Wenn Liebe in einem Stein ist, wie kann man es sehen?“
Vielleicht werden verschiedene Elemente, die den Stein konstituieren, durch den Funken der Liebe koordiniert. Als die Göttliche Liebe in die Materie herabstieg, war diese Materie sicher ganz unbewusst, sie hatte absolut keine Form; man kann sogar sagen, dass Formen im allgemeinen das Resultat der Bemühung der Liebe sind, Bewusstsein in die Materie zu bringen. Wenn einer von euch... in das Unbewusste hinabginge, was man das reine Unbewusste nennt, so würdet ihr erkennen, was es ist. Ein Stein wird euch im Vergleich dazu als erstaunlich bewusster Gegenstand erscheinen. Ihr sprecht herablassend von einem Stein, weil ihr gerade nur ein bisschen mehr Bewusstsein habt als er, aber der Unterschied zwischen dem Bewusstsein des Steins und dem totalen Unbewussten ist vielleicht größer, als der zwischen dem Stein und euch. Und das Herauskommen aus dem Unbewussten ist ausschließlich auf das Opfer des Göttlichen zurückzuführen, auf diese Herabkunft der göttlichen Liebe in das Unbewusste. Als ich sagte „vielleicht im Stein“, hätte ich demzufolge das „vielleicht“ auslassen können – ich kann feststellen, dass sie sogar im Stein existiert. Es gäbe nichts, weder Stein noch Metall noch irgendeine. Anordnung von Atomen ohne diese Gegenwart von göttlicher Liebe.
Die Mutter
* * *
„Du sagst, dass vielleicht Steine auch Liebe fühlen?“
Das ist möglich.
„Kann man es wissen?“
Man kann es fühlen. Es gibt einen gewissen Bewusstseinszustand, in dem man diese göttliche Liebe fühlt, wo immer sie sich findet, und man fühlt nicht einen so großen Unterschied zwischen Geschöpfen, wie es physisch erscheint. Es gibt vielmehr inneres Sehnen in Dingen, die wir leblos nennen, als man meinen würde. Es existiert auch in Steinen eine Art spontanes Gefühl von dem, was höher ist, nobler, reiner, und obgleich sie es nicht in irgendeiner Weise ausdrücken können, fühlen sie es, und dies beeinflusst sie in verschiedener Weise.
Selbst in Dingen, selbst in Gegenständen, sogar in Steinen existiert eine seltsame Empfänglichkeit, die von dieser Gegenwart herrührt. Es gibt Steine, die (wenn man weiß, wie man es macht) Kräfte ansammeln können. Sie können Kräfte ansammeln, sie bewahren und übertragen. Man kann Steine nehmen (was wir Edelsteine nennen) und Kräfte in ihnen konzentrieren, und sie halten sie. Und diese Kräfte strahlen langsam, sehr allmählich, aus. Aber wenn man sich darauf versteht, kann man eine solche Quantität ansammeln, dass sie sozusagen unbeschränkt andauert.
„Sind diese Kräfte in irgendeiner Weise von Nutzen, wenn sie aus den Steinen herauskommen?“
Sicher, gewiss. Der Stein kann die Kraft fast auf unbegrenzte Zeit bewahren. Es gibt jene Steine, die als ein Bindeglied dienen können, es gibt Steine, die als Batterie dienen können. Das ist in der Tat bemerkenswert. Man kann in einem Stein (besonders in Amethysten) eine Schutzkraft ansammeln, und die Kraft schützt tatsächlich denjenigen, der den Stein trägt. Es ist sehr interessant. Ich habe es selbst erfahren. Ich kannte jemanden, der einen Stein dieser Art hatte, welcher mit Schutzkraft geladen war. Es war wunderbar, wenn er ihn trug... Es gibt Steine, die man benutzen kann, um Ereignisse vorauszusagen. Manche Leute können in diesen Steinen Ereignisse lesen, die eintreten werden. Steine können Botschaften vermitteln. Natürlich erfordert dies eine Fähigkeit auf beiden Seiten: auf der einen Seite eine hinreichend starke Kraft der Konzentration: auf der anderen eine Kraft, direkt zu sehen und zu lesen, ohne ganz präzise Worte zu gebrauchen. Da sie als Batterien fungieren können, bedeutet es, dass sie in sich die Quelle der Kraft selbst tragen, sonst wären sie nicht empfänglich. Eine Kraft dieser Art liegt am Ursprung von Kristallisationen, wie zum Beispiel in Felskristallen, die so herrliche Muster bilden, mit einer so vollständigen Harmonie, und das kommt nur von einer Sache, dieser Gegenwart im Zentrum. Nun sieht man jedoch nicht, weil man keine innere Empfänglichkeit hat, aber sobald man einmal die direkte Wahrnehmung von Kräften der Liebe hinter den Dingen hat, sieht man, dass sie überall identisch sind. Selbst in konstruierten Dingen: man kann zu einem Verständnis gelangen, was sie sagen.
Die Mutter
* * *