Ostfriesen morden anders. Peter Gerdes

Ostfriesen morden anders - Peter Gerdes


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      »Was wäre denn überhaupt ihr Motiv gewesen?«, erkundigte sich Sina.

      Battermann lächelte fein. »Gestern soll ein junges Mädchen mit der Funny Girl hier eingetroffen sein. Ziemlich schwanger, wie es heißt. Von Immo Hamkens. Der wollte das Mädchen umgehend wieder loswerden. Frau Hamkens hat das Ganze mitbekommen und ihrem Gatten direkt am Kai eine Szene gemacht.«

      »Woher wissen Sie das alles?«, fragte Stahnke.

      Battermanns Lächeln verstärkte sich. »Wir haben hier nur etwa 1250 Einwohner. Aber Sie glauben ja gar nicht, wie viele Augen und Ohren die haben!«

      »Loswerden wollte er das Mädchen?«, schaltete Sina sich wieder ein. »Aber zurück an Bord gegangen ist sie nicht, daran kann ich mich noch erinnern; wir sind ja zur selben Zeit angekommen. Und wenn die Frau Hamkens es nun nicht gewesen sein kann …«

      Battermann nickte. »Dann haben wir eine neue Hauptverdächtige, ganz recht! Meine Kollegen klappern auch schon die Hotels nach ihr ab. Ich muss auch gleich zurück ins Büro. Eigentlich warte ich nur noch auf den versprochenen Kaffee.«

      Wie aufs Stichwort näherte sich der Grauhaarige, in jeder Hand eine Thermoskanne.

      Der Inselarzt hatte inzwischen ein paar Computerausdrucke vor sich auf dem Tischtuch ausgebreitet. Stahnke äugte hinüber. Der oberste Ausdruck war ein Foto vom inzwischen gesäuberten Hals des Toten. Die vier Einstiche waren deutlich zu erkennen. Sie waren rund, mit leicht ausgefransten Wundrändern, und bildeten zusammen ein fast exaktes Rechteck. Merkwürdig, dachte der Hauptkommissar. Ein Messer war das nicht.

      Versonnen schaute er auf Nummel Hamkens Hände, während der die Kaffeetassen füllte. Plötzlich hatte er eine Idee.

      »Immo Hamkens hatte dieses Hotel noch nicht lange, stimmt’s?«, fragte er Battermann.

      »Nee«, erwiderte der und rührte in seiner Tasse. »Letztes Jahr geerbt.«

      »Von seinem Vater?«

      »Nein, von seinem Onkel, dem älteren Bruder des Vaters. Sein Vater ist schon vor Jahren auf See geblieben. Der Onkel war kinderlos.«

      Stahnke fixierte Nummel Hamkens. »Sie sind der jüngere Bruder der beiden Verstorbenen?«

      Hamkens nickte stumm.

      »Und Sie sind bei der Verteilung des Erbes leer ausgegangen?«

      Achselzucken.

      »Obwohl Sie das Hotel sicher auch gerne gehabt hätten.«

      »Nein«, sagte Nummel Hamkens ganz ruhig. »Chef sein, das ist nichts für mich. Ich bin lieber Angestellter, festes Geld, feste Arbeitszeiten. Immo hat das genauso gesehen. Wollte das Erbe eigentlich gar nicht antreten. Aber seine Frau, die rote Clara, hat ihm fix die Hölle heiß gemacht, von wegen einmalige Chance und so. Tja, so ist er denn doch Chef geworden. Viel Glück hat’s ihm ja nicht gebracht.«

      Im Raum herrschte solche Stille, dass man eine Seifenblase hätte platzen hören können. Verdammt, dachte Stahnke, ich war mir doch so sicher! Welches Motiv bliebe denn dann noch?

      Wieder starrte er auf Nummel Hamkens Hände.

      Und dann wusste er es.

      »Das Hotel haben Sie Ihrem Neffen wohl gegönnt«, sagte er langsam. »Aber nicht den Kleingarten. Diese Gärten sind begehrt, die kann man nicht so einfach kaufen, die gehen von Hand zu Hand. Immo hat den Kleingarten der Familie Hamkens geerbt, zusammen mit dem Hotel. Er machte mir nicht den Eindruck, als hätte er viel damit anfangen können. Aber Ihnen überlassen wollte er das Fleckchen Erde auch nicht.«

      Er starrte Nummel Hamkens ins dunkel gegerbte Gesicht, das sich zusehends dunkler färbte. Hamkens Hände dagegen waren bleich. Sie zitterten. Er setzte die Kannen ab.

      »Dabei arbeiten Sie doch so gerne dort oben, richtig? Am liebsten in jeder freien Minute. Immer Sonne und Wind und den schönsten Ausblick der Welt.«

      In Nummel Hamkens Augen sammelten sich Tränen.

      »Sie können gut mit einer Gartenkralle umgehen, nicht wahr? Sie wissen schon, dieses Ding mit den vier Zinken? Zum Auflockern der Erde zwischen den Kartoffeln und Wurzeln?«

      Nummel Hamkens wischte sich die Tränen weg. Mit seinen kräftigen Fingern, deren Nägel peinlich sauber waren, in deren bleichen Hautrillen sich aber die Reste dunkler Gartenerde deutlich abzeichneten.

      Probealarm

      »Wirklich genau um zwölf? Sind Sie ganz sicher?« Stahnkes Stimme klang flehend: »Nicht vielleicht halb eins?«

      »Nee, genau zwölf Uhr.« Der Zeuge war unerschütterlich. »Ich hatte gerade geduscht, weil ich den ganzen Samstagvormittag im Garten gearbeitet hatte. Wollte danach mit meiner Frau essen gehen. Als ich mich anzog, hörte ich die Sirene. Probealarm, wie jeden Samstag um zwölf.«

      Der Hauptkommissar nickte ergeben. Das Sirenengeheul war überall in der Stadt zu hören. »Und dann?«, fragte er zum hundertsten Mal.

      »Dann«, sagte der Zeuge, »habe ich aus dem Fenster geguckt. Dabei habe ich die Tat beobachtet. Eindeutig Mord, hinterrücks, mit einem Messer! Und den Täter habe ich auch erkannt.«

      »Tja, das behaupten Sie.« Stahnke seufzte. »Leider hat der Mann für zwölf Uhr ein wasserdichtes Alibi. Das versuchen wir schon seit einer Woche zu erschüttern, klappt aber nicht. War es nicht doch vielleicht schon halb eins?«

      Der Zeuge schüttelte den Kopf: »Nee, genau zwölf. Da war ja …«

      »Ich weiß. Die Sirene.« Der Hauptkommissar wusste nicht weiter. Da nützte es auch nichts, dass er seinen eigentlich freien Samstag mit fruchtlosen Befragungen in der Polizeiinspektion verbrachte. Vorhin, als er auf den Zeugen wartete, hatte er auch hier die übliche Samstags-Sirene vernommen.

      »Kann ich noch etwas für Sie tun?«, fragte der Zeuge. Er wollte eindeutig los. Wer mochte es ihm verdenken?

      Ehe Stahnke antworten konnte, rumpelte es auf dem Flur. Die Bürotür flog auf. »Oh, hier ist ja noch wer!«, rief die Putzfrau erstaunt. »Na, dann mach ich erst mal den Flur.« Sie wandte sich ab; die Tür blieb offen.

      »Meine Frau hat jetzt auch so einen Staubsauger«, bemerkte der Zeuge. »Der schafft enorm was weg, sagt sie.«

      Die Putzfrau trat auf den Schalter. Das Ding heulte los wie eine Sirene.

      Der Zeuge starrte den Hauptkommissar mit großen Augen an. »Wissen Sie was«, sagte er dann, »ich glaube, es war vielleicht doch schon halb eins.«

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