8 Krimis: Killer kennen kein Gebot: Krimi Sammelband 8009. Frank Rehfeld
ich schon sagte, ich habe niemanden umgebracht. Ich kannte O’Rourke und McKenzie, weil ich ihnen als Informant gedient hatte. Normalerweise wäre ich nie dazu bereit gewesen. Man verrät seine Gangbrüder nicht. Das ist verachtenswert. Aber O’Rourke und die anderen hatten mich in der Hand. Ich war ihnen mit etwas Rauschgift ins Netz gegangen und sie drohten, die Beweise so zu manipulieren, dass ich als Großhändler für viele Jahre in den Bau gegangen wäre. Keine Ahnung, woher sie den nötigen Stoff dafür hatten. Aber sie besaßen ihn! Kokain, Heroin – und das in Mengen, die für so eine Intrige ausreichten. Wahrscheinlich haben sie den Stoff bei anderen Operationen abgezweigt. Oder sie besaßen sehr gute Beziehungen zu anderen Drogenhändlern, bei denen Sie auch ein Auge zugedrückt hatten und die ihnen nun etwas schuldig waren. Ich glaube, die beiden machten ein richtiges Geschäft aus der Sache.“
„Die Sache mit den ‚Matadores de la Bronx’ gilt als ein großer Erfolg ihrer Polizeiarbeit!“, gab ich zu bedenken.
„Es war mein Erfolg. Die Verhaftungen der gesamten Führungsriege unserer Gang wären nicht möglich gewesen, wenn ich ihnen nicht Ort und Zeit eines Großdeals verraten hätte. Seitdem ist ‚El Rey’ hinter mir her. Das ist der Spitzname von Langdon Benitez. Sein Bruder Ethan hat natürlich gleich zwei und zwei zusammengezählt und geahnt, dass er mir seinen Aufenthalt auf Rikers verdankte. Und ‚El Rey’ hat dann erbarmungslos zugeschlagen.“ Er schluckte. Es sprudelte aus ihm heraus. Offenbar war es ihm schon lange ein Bedürfnis gewesen, diese Dinge jemandem zu erzählen. „Sie haben meine Schwester und mich gefangen genommen und in eine leere, abgelegene Lagerhalle verschleppt. Dort wurde sie vor meinen Augen erschossen und außerdem hat mir ‚El Rey’ angekündigt, dass ich meine Eltern in ihrem Blut finden würde. So kam es dann auch.“
„Dieser El Rey hat Sie offenbar am Leben gelassen“, stellte ich verwundert fest. „Warum hat er die Rache nicht an Ihnen vollzogen?“
„Weil er mich leiden lassen wollte. Ich sollte daran denken, dass es meine Schuld gewesen sei, was geschehen war. Und eines Tages, so kündigte er mir an, würde er zuschlagen und mich auch auslöschen. Ganz gleich, wo ich auch hinflüchten würde, ich könnte nie sicher sein, ob nicht hinter der nächsten Ecke jemand lauert, der das Urteil, das er über mich gesprochen hatte, vollstreckt. Aber das passt zu El Rey. Ich kenne ihn ja schon seit wir Teenager waren. Er ist ein Sadist.“
„Sie haben seinerzeit geschwiegen und die Ermittlungen der Polizei nicht gerade unterstützt“, stellte Milo fest. „Zumindest geht das aus den Unterlagen hervor, die uns vorliegen.“
„Ich hätte mich selbst ans Messer geliefert. Schließlich hatte ich genug auf dem Kerbholz, um in den Knast zu wandern.“ Sein Gesicht verzog sich.
„Warum haben Sie sich nicht an Ihre Polizistenfreunde gewandt?“, fragte ich.
„Für die war ich uninteressant geworden, nachdem ich bei den Matadores zu einem Ausgestoßenen geworden war. Diese Bastarde! Die haben mich fallengelassen wie eine heiße Kartoffel. Jetzt erpressen sie andere, denen sie falsche Beweismittel untergeschoben haben, um sie auspressen zu können wie eine Zitrone. Was aus mir wurde, war ihnen gleichgültig.“
„Ein Staatsanwalt könnte das als Mordmotiv ansehen“, sagte Milo.
„Aber so war es nicht.“
„Bislang haben Sie uns nichts geboten, was Sie aus der Schusslinie nimmt!“
„Meine Aufgabe war es nur, O’Rourke und McKenzie zum Tatort zu locken. Ich sollte ihnen damit drohen, alles auszupacken und ihre Machenschaften ans Licht zu bringen. Sie hatten doch gerade ihre Versetzung hinter sich und mit Mühe und Not verhindert, dass das wahre Ausmaß ihrer Geschäfte ans Licht kam. Wenn ich mich damit an die Abteilung für Innere gewandt hätte, hätte sie das in einem Moment erwischt, in dem sie schon ohnehin ziemlich schwach dastanden.“
„Das klingt so, als hätte Sie jemand beauftragt“, stellte ich fest.
„Ja.“
„Wer?“
„Den Namen werde ich erst nennen, wenn ich juristische Garantien habe und die Staatsanwaltschaft einen Deal mit mir macht.“
„Wenn das, was Sie sagen der Wahrheit entspricht, müssen Sie trotzdem eine Anklage wegen Beihilfe zum Mord befürchten.“
„Ich weiß“, murmelte Gonzales. „Aber ich setze darauf, dass man mir entgegenkommt.
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Wir lieferten Gonzales im Bundesgebäude an der Federal Plaza ab. Er wurde unseren Verhörspezialisten Mell Horster und Dirk Baker vorgeführt. Sie baten uns darum bei der Vernehmung dabei zu sein, schließlich hatten wir den Großteil der Fakten ermittelt, die mit Gonzales und den Morden an McKenzie und O’Rourke in Zusammenhang standen.
Ein Pflichtverteidiger wurde herbeigerufen. Außerdem ein Vertreter der Staatsanwaltschaft.
„Ich sage kein Wort, ehe das hier nicht in einem offizielle Deal mündet“, sagte er großspurig.
„Was ist mit Tom Atkins?“, fragte ich ihn trotzdem. „Er war doch an den Machenschaften von O’Rourke und McKenzie beteiligt.“
„Das war er.“
„Wäre er der nächste auf der Mordliste gewesen?“
„Mit einem Deal kann die Staatsanwaltschaft vielleicht auch das Leben von Tom Atkins retten!“ Er grinste. „Natürlich ist er der Nächste. Und die Hintermänner sind dazu gezwungen schnell zu handeln. Das erhöht die Gefahr für Atkins. Und glauben Sie mir, ich war vielleicht ein Helfershelfer – aber die Leute von denen ich spreche sind durchaus in der Lage, völlig auf sich allein gestellt zu töten!“
„Wir sollten Atkins warnen!“, meinte Milo.
„Das können Sie tun – nur wird es nichts nützen“, sagte Gonzales. „Irgendwann wird irgendwer zuschlagen und Atkins’ Leben beenden. Selbst wenn Sie ihn jetzt warnen, wird ihn das nicht auf Dauer schützen.“
Staatsanwalt Robert Thornton traf ein. Wenig später stieß auch der bestellte Pflichtverteidiger zu uns. Er hieß Milton Gallagher und wollte sich zunächst mit seinem Mandanten unter vier Augen besprechen.
Inzwischen versuchte unser Innendienstler Max Carter Lieutenant Atkins telefonisch erreichen. Ich hatte ihm den Hinweis gegeben, dass Atkins uns gegenüber angegeben hatte, Urlaub in seinem Ferienhaus am Lake Tappan machen zu wollen.
„Dort gibt es aber keinen Festnetzanschluss“, fand Max schließlich heraus.
Mr McKee schaltete sich persönlich in den Fall ein und gab uns schließlich die Anweisung, zum Lake Tappan zu fahren.
„Suchen Sie Atkins auf und überzeugen Sie ihn, dass er aussagen muss. Wie viel an den Aussagen von Mister Gonzales der Wahrheit entspricht, muss sich noch zeigen, aber fest steht, dass er uns einiges erklären muss.“
„Sobald sich Gonzales dazu entschließt, endlich seinen Auftraggeber zu nennen, würde ich gerne telefonisch verständigt“, bat ich.
„Sir werden auf dem Laufenden gehalten“, versprach unser Chef.
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Als wir Richtung Norden fuhren, wurde es bereits dunkel.
Um der Rush Hour möglichst zu entgehen, fuhren wir nicht quer durch Manhattan und die Bronx und Yonkers, sondern nahmen den Lincoln Tunnel, um auf der New Jersey Seite des Hudson.
Der Lake Tappan lag mit der südlichen Hälfte auf dem Gebiet des Staates New Jersey, während der Norden des Sees zu New York State gehörte.
Das letzte Stück bis zum See mussten wir über ziemlich kleine Straßen zurücklegen. Milo versuchte zwischendurch immer wieder, Atkins auf seinem Handy zu erreichen, aber wir wurden an die Mailbox verwiesen.
„Was glaubst du, macht