Gebt unseren Schulkindern mehr Chancen!. Heinz-Walter Höltkemeier
Gebt unseren Schulkindern mehr Chancen!
Schule neu denken nach Corona
Heinz-Walter Höltkemeier
© 2020 Heinz-Walter Höltkemeier
Autor: Heinz-Walter Höltkemeier
Lektorat, Umschlaggestaltung: Philomena Höltkemeier
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN: 978-3-347-10330-6 (Paperback)
ISBN: 978-3-347-10331-3 (Hardcover)
ISBN: 978-3-347-10332-0 (e-Book)
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Inhalt
I Vorwort
II Selbstständigkeit und Eigenmotivation: Das Unterrichtskonzept „Nachhaltigkeit und Transparenz“
→ Der erste Teil des Unterrichtskonzepts: Nachhaltigkeit
→ Die Rolle des Lehrers/der Lehrerin
→ Die konkrete Unterrichtsdurchführung
→ Kriterien der Leistungsbewertung
→ Der zweite Teil des Unterrichtskonzepts: Transparenz
→ Zusammenfassung des Unterrichtskonzeptes „Nachhaltigkeit und Transparenz“
→ Das Konzept „Nachhaltigkeit und Transparenz“ am Beispiel eines Leistungskurses Erziehungswissenschaft
→ Das Konzept „Nachhaltigkeit und Transparenz“ in Unter- und Mittelstufe
III Mehr Chancen: Neu denken in der Schule
→ Außerschulisches Umfeld - SchülerIn - LehrerIn - Schule
→ Die Schülerin / der Schüler
→ Lehrerinnen und Lehrer
→ Hilfen für Schülerinnen und Schüler
IV Mehr Chancen: Die Vernetzung von Schulen - Bruchlose Übergänge
→ Der Ist-Zustand
→ Was tun?
→ Aufbau eines Schulforums
→ Forderungen an die Bildungsministerien für mehr Chancen beim Übergang
→ Neue Chancen: nach dem Übergang zur weiterführenden Schule
V Mehr Chancen: Ausblick
→ Was muss erreicht werden?
→ Was muss verändert werden?
VI Anhänge
→ Interview mit einem ehemaligen Schüler
→ Weitere Schülerrückmeldungen
→ Übergangsprotokolle
→ Webseiten der Grund- und Leistungskurse Erziehungswissenschaft
I Vorwort
Liebe Eltern, verehrte Kolleginnen,
Corona hat Vieles verändert. Insbesondere hat uns diese Auszeit dazu gebracht, neu über Schule nachzudenken, Wege abseits vom Alltagstrott eingefahrener Lerninstrumente und -methoden zu suchen. Ziel dieser Überlegungen ist nicht mehr, wie kann Schule möglichst reibungslos funktionieren, sondern: Wie muss Schule und Lernen verändert werden, damit unsere Schülerinnen und Schüler selbstständig und eigenmotiviert lernen? Diese Ziele werden nicht zum ersten Mal proklamiert, aber – zumindest bisher - in der Regelschule nur sehr eingeschränkt umgesetzt. Mit dem Ergebnis, dass bei einem Ausfall der Schule durch Schließung von Schulen z. B. wegen Ansteckungsgefahr auch der Lernstand der SchülerInnen stagniert. Einzelne Schulen, einzelne LehrerInnen haben während der Dauer der Coronakrise versucht durch digitales Lernen, sprich digitale Aufbereitung des Unterrichtsstoffes, ihre SchülerInnen zu erreichen. So positiv dies auch ist, der Lernerfolg war hierbei aber abhängig davon, wie gut die SchülerInnen im Vorfeld darauf vorbereitet wurden, einerseits selbstständig zu lernen, andererseits genügend Eigenmotivation zu besitzen, um dies auch über längere Zeit durchzuhalten.
Ich möchte mit diesem Buch versuchen, ein Gesamtkonzept von Unterricht und Schule darzustellen, das Selbstständigkeit und Eigenmotivation so nachhaltig fördert, dass auch bei vorübergehenden Schulschließungen Lernfortschritt gesichert ist. Wir können weder davon ausgehen, dass die Coronakrise einmalig ist noch dass sie kurzfristig überwunden werden kann. Der Lernerfolg soll dabei erhöht, insbesondere aber stabilisiert und nachhaltiger gemacht werden. Er muss unabhängiger werden von einer permanenten Einflussnahme durch den Lehrer/die Lehrerin in der Schule, nur so kann in Zeiten wie der Coronakrise und während Schulschließungen ein unabhängiger Lernfortschritt gewährleistet sein. Ein spezieller, aber eminent wichtiger Aspekt, nämlich bruchlose Übergänge von Grund- zu weiterführenden Schulen trotz massivem Unterrichtsausfall zu schaffen, wird im Kapitel ‚Schulvernetzung‘ angesprochen.
Darüber hinaus möchte ich Konzepte aufzeigen, deren Ziel es ist, in grundlegenden Perspektiven Chancen auf eine bessere schulische Entwicklung unserer Schülerinnen und Schüler zu eröffnen. Jede Schülerin, jeder Schüler muss die Chance haben sich nach ihren/seinen Möglichkeiten bestmöglich zu entwickeln. Das ist eine Idealvorstellung, die in der Realität kaum erreichbar ist, aber dennoch als Ziel unserer schulischen Förderung erhalten bleiben sollte. Wenn man sich mit Richtlinien und Curricula der Institution Schule in Deutschland befasst, kann man durchaus feststellen, dass dies als Anspruch zwar gegeben Ist. Die schulischen Laufbahnen unserer Schülerinnen und Schüler zeigen jedoch ein anderes Bild.
Anstelle einer Vorstellung:
Meine Abschiedsrede vor dem Kollegium
Liebe Kolleginnen und Kollegen, soweit habe ich es geschafft.
Lange Reden sind nicht meine Art, ich habe ja lange genug als Lehrer gelernt, dass man Schüler damit nur zu Tode langweilt. Aber das gilt auch für Lehrerinnen und Lehrer und ich will einen solchen Zustand hier nicht provozieren, sonst haben wir beim Brunch zu viel über.
Fast 42 Jahre Lehrerdasein ist eine lange Zeit. Ich erinnere mich noch an eine Begebenheit vor meinem Abitur. Ich sitze mit der Familie beim Essen und bin ratlos, was denn nun aus mir werden soll. Ich weiß noch, wie ich meinen Vater entgeistert angesehen habe, als er sagte: „Werd‘ doch Lehrer.“ Ich habe damals ziemlich entrüstet geantwortet: Das Einzige, was ich niemals werde, ist Lehrer!“ Soviel zu vorschnellen Prognosen.
Ich möchte unserem werten Direktor nur ungern widersprechen, nachdem er freundlicherweise ein positives Bild meiner schulischen Laufbahn gezeichnet hat, aber ich erinnere mich auch an meinen ersten Schultag am Gymnasium. Es war Februar, es hatte geschneit, und in meiner allerersten Unterrichtsstunde als Lehrer schlugen die Schüler vor, man könnte doch rausgehen und eine Schneeballschlacht machen. „Klar“, habe ich gesagt und dann hatten wir viel Spaß vor der Schule, während die anderen Klassen hinter den Fenstern zusahen. Mir wurde später klargemacht, dass das Einzige, was ganz und gar verboten war, eben eine solche Schneeballschlacht war. Naja, heute weiß ich, weswegen. Mein erster Spitzname war dann allerdings im Direktoriat nicht „Heiwa“, sondern „Enfant Terrible“.
Mit der Zeit habe ich dann aber gelernt, die eine oder andere Vorgabe auch einzuhalten, selbst die, die ich nicht selber vorgeschlagen habe. Und nach so langer Zeit muss ich sagen: Ich liebe diesen Beruf. Vielleicht liegt es daran, dass meine Stunden eigentlich nie gleich waren. Eigene Unterrichtsmaterialien habe ich nach kurzer Zeit entsorgt, Unterrichtsaufzeichnungen habe ich sowieso nie gemacht. Ich