Faszination und Wunder der Technik. Werner Dupont

Faszination und Wunder der Technik - Werner Dupont


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ihres rein quantenmechanisch begründbaren Auftretens in Erscheinung.

      Diese Effekte können die Koexistenz von Supraleitung und Ferromagnetismus ermöglichen. Neben einer detaillierten Berechnung der Eigenschaften des Zweibandmodells wurde der Einfluss von Spindynamik aufgrund von Spindiffusion, also der nicht gerichteten Zufallsbewegung der Spins aufgrund ihrer thermischen Energie, sowie der Effekt durch unmagnetische Störstellenstreuung auf die supraleitende Übergangstemperatur untersucht. Der Einfluss von Spindiffusion zeigt sich in einer relativ kleinen Abschwächung der supraleitenden Übergangstemperatur im Vergleich zu Analysen, bei denen zeitliche Korrelationen außer Acht gelassen werden. Dabei stellte sich die Berücksichtigung einer Summenregel für die sogenannte magnetische Suszeptibilität, das heißt die Magnetisierbarkeit in einem äußeren Magnetfeld des Spinsystems, als von großer Bedeutung heraus. Bei der Bestimmung des Einflusses unmagnetischer Störstellen in ferromagnetischen Supraleitern stellte sich heraus, dass eine bis dato in der Fachliteratur unberücksichtigte Klasse von Feynman-Graphen, die zu einem Diffusionspol führt, die supraleitende Übergangstemperatur qualitativ verändert. Die bildlichen Darstellungen der Feynman-Diagramme wurden 1949 von dem Amerikaner Richard Feynman am Beispiel der Quantenelektrodynamik entwickelt. Die Diagramme sind streng in mathematische Ausdrücke übersetzbar. Dieser mir vertraute Formalismus brachte mich durch ein ungewöhnliches Erlebnis während einer Urlausreise zu der Feynman-Diagrammkategorie von Leitergraphen. Es war nämlich so: Um zum Hotelzimmer im ersten Stock zu gelangen, musste man eine ziemlich lange, nicht enden wollende Wendeltreppe mit ihren ach so vielen Stufen hinaufgehen. Das war der Auslöser meiner Leitergraphenidee, die schließlich die Möglichkeit der Koexistenz von Supraleitung und Ferromagnetismus nahelegte.

      Die interessante und grundlegende Frage nach einem Zusammenspiel von Supraleitung und Magnetismus hatte eine Vielzahl experimenteller, theoretischer und numerischer Untersuchungen stimuliert. Nach der Erklärung des Phänomens Supraleitung durch Bardeen, Cooper und Schrieffer befasste man sich dabei zunächst mit supraleitenden Systemen, die eine geringe Konzentration magnetischer Atome, das heißt Ionen der Seltenen Erden beziehungsweise Übergangsmetall-Ionen, enthalten. Es zeigte sich, dass schon bei sehr geringer Konzentration der magnetischen Momente die Supraleitung unterdrückt wird. Den Grund hierfür erkannte man in der im quantenmechanischen Formalismus erklärbaren Austauschwechselwirkung zwischen den supraleitenden Elektronen und den magnetischen Momenten. Abrikosov und Gorkov entwickelten eine Theorie, die diesen Einfluss magnetischer Störstellen auf die Supraleitung erklärte und die Absenkung der supraleitenden Übergangstemperatur mit zunehmender Konzentration magnetischer Atome beschrieb. Eine Koexistenz von Supraleitung und magnetischer Ordnung, für die eine höhere Konzentration magnetischer Atome vorhanden sein müsste, konnte somit wegen der schon bei kleinen Konzentrationen außerordentlich starken Austauschstreuung durch die besagte Austauschwechselwirkung der supraleitenden Elektronen aufgrund der lokalen Spins in den untersuchten Substanzen nicht beobachtet werden. Der russische Physiker Alexei Alexejewitsch Abrikosov erhielt in diesem Zusammenhang 2003 zusammen mit dem russischen Physiker Witali Ginzburg und dem amerikanischen Physiker Anthony James Leggett den Nobelpreis für bahnbrechende Arbeiten in der Theorie der Supraleitung und Suprafluidität.

      Erst die bedeutsamen Entdeckungen supraleitender ternärer Verbindungen, die Atome der Seltenen Erden enthalten, führten zu großen Fortschritten in der Frage der Koexistenz von Supraleitung und Magnetismus. Diese Verbindungen zeigen supraleitendes Verhalten, obwohl sie ein mit magnetischen Seltenen-Erd-Ionen (4f-Spins) besetztes periodisches Untergitter enthalten. Diese erstaunliche Erscheinung steht in Verbindung mit der speziellen Gitterstruktur dieser Systeme. Die lokalisierten 4f-Spins sind nämlich relativ weit entfernt von den 4d-Elektronen der Übergangsmetallcluster, denen die supraleitenden Eigenschaften zuzuschreiben sind. Demzufolge wechselwirken die 4d-Elektronen nur schwach mit den Seltenen-Erd-Ionen. Den normalleitenden Elektronen kann jedoch eine weitere außerordentlich wichtige Bedeutung zukommen, die wir in der folgenden Idee darlegen. Wir nehmen an, dass (bei verschwindendem äußerem Magnetfeld) das Spinsystem unterhalb einer bestimmten Temperatur, der magnetischen Übergangstemperatur, in einen homogenen ferromagnetischen Zustand übergeht. Aufgrund des sich dann ausbildenden Austauschfeldes tritt eine erhebliche Beeinflussung des supraleitenden Zustandes ein, denn schon bei relativ kleinen Austauschkopplungskonstanten zwischen supraleitendem Band und magnetischen Momenten ist in einem hochkonzentrierten Spinsystem leicht ein internes Feld möglich, das die Größe des oberen kritischen Magnetfelds erreicht oder gar übersteigt. In diesen Fällen findet somit eine Rückkehr der Supraleitung zur Normalleitung statt, Koexistenz ist nicht möglich. Wenn nun aber die Austauschwechselwirkung der magnetischen Momente mit normalleitenden (s-)Elektronen dazu führt, dass die Polarisation der s-Elektronen der Polarisation der magnetischen Ionen entgegengesetzt ist, so tritt eine Kompensation des Austauschfeldes der Ionen ein, sofern die s-Elektronen selbst mit den supraleitenden Elektronen über Austausch gekoppelt sind. Das verkleinerte effektive Austauschfeld der magnetischen Momente und der normalen Elektronen führt somit zu einer Reduktion der Spinaufspaltung des d-Bandes. Dieser Mechanismus der Kompensation des starken Austauschfeldes der magnetischen Atome im ferromagnetischen Zustand durch die normalleitenden Elektronen kann somit die Koexistenz von Supraleitung und Ferromagnetismus begünstigen.

      Der großtechnischen industriellen Nutzbarmachung der Hochtemperatursupraleitung diente ein im April 2014 gestartetes Pilotprojekt in Essen, das der Demonstration des verlustfreien Energietransports über große Distanzen diente. Dem Konsortium unter Führung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gelang es, aus den spröden Keramiken flexible Drähte herzustellen.

      Das AmpaCity-Projekt startete das KIT mit einem großen nordrheinwestfälischen Energieversorger und einem Kabelhersteller zur Demonstration der technischen Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit von Supraleitungslösungen auf Mittelspannungsebene. Die Machbarkeitsstudie hatte zum Ergebnis, dass Supraleiterkabel die einzig sinnvolle Möglichkeit darstellen, städtische Stromnetze mit Hochspannungskabeln weiter auszubauen. Hierzu wurde im Rahmen des Pilotprojektes ein etwa ein Kilometer langes supraleitendes Kabel in das bestehende Stromnetz integriert. Anders als bei herkömmlichen Kupferkabeln treten bei dem neuen Kabelsystem praktisch keine elektrischen Übertragungsverluste auf. Durch einen Supraleiterstrang könnten bis zu fünf parallel verlaufende konventionelle 10.000-Volt-Kabel ersetzt beziehungsweise 110.000/10.000-Volt-Umspannstationen überflüssig werden. Das im Essener Pilotprojekt verwendete Kabel ist aufgrund seines konzentrischen Aufbaus besonders kompakt. Um die Vorlaufleitung der Stickstoffkühlung herum sind drei in Isolationsmaterial eingeschlossene Supraleiterschichten für die drei Stromphasen angeordnet. Diese Schichten werden außen von einer gemeinsamen Kupferschmierung umhüllt, die ihrerseits vom Flüssigkeitsmantel des zurückströmenden Kühlmediums umgeben ist. Kühlkreislauf, Leiterschichten und Kupferschmierung befinden sich in einem doppelwandigen, superisolierten Vakuumbehälter aus flexiblem Edelstahlrohr. Die Außenseite dieses sogenannten Kabelkryostaten ist durch eine Polyethylen-Ummantelung geschützt. Das Kabel kann als quasi idealer elektrischer Leiter mehr als hundertmal so viel Strom transportieren als Kupfer. Durch die Supraleitertechnologie hatte man einen wichtigen Treiber für eine Technologiewende in Ballungszentren. Am 30. April 2014 wurde im Beisein des Nobelpreisträgers Johannes Georg Bednorz das bis dato weltweit längste Supraleiterkabel offiziell in ein Stromnetz integriert und der zweijährige Praxistest gestartet. Für den Betrieb des Essener Kühlsystems fand sich eine Lösung, bei der lediglich eine kompakte Station an einem der Endpunkte der Kabelstrecke erforderlich ist. Ebenfalls aus supraleitendem Material gefertigt wurde der Strombegrenzer, der verhindert, dass das Kabel bei einer Netzstörung durch Fehlerströme überlastet wird.

      Eine gänzlich andere Applikation mit ebenfalls direktem Bezug zur Tieftemperaturphysik rief in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts unter dem Schlagwort Körperscanner großes Aufsehen hervor. Es handelt sich um neu entwickelte Strahlungsdetektoren im Terrahertz-Frequenzbereich. Die Strahlung liegt bei Wellenlängen kleiner als ein Millimeter und größer als 100 Mikrometer, also im Frequenzbereich zwischen 300 Gigahertz und drei Terrahertz, dem Grenzbereich zwischen Infrarotwärmestrahlung und Mikrowellen. Die niederenergetischen Strahlen sind auch Teil der natürlichen Wärmestrahlung des menschlichen Körpers und genau dieser Umstand macht sie so interessant für die Sicherheitstechnik. Fachleute erkannten, dass die Nutzbarmachung der Strahlung zu einem entscheidenden Werkzeug im Kampf gegen Terroristen, Luftpiraten und Schmuggler werden könnte. Zu diesem Zweck wurden


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