als die wahrheit noch männlich und katholisch war. Franziska Maria Papst

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berührt von der Geschichte und überwältigt von Emotionen, die mich wie heißes Badewasser einlullten. Zachäus war es egal, wie er aussah, ihn kümmerte nicht, ob die Dornen schmerzten oder nicht, er wusste nur eines: Er wurde von Jesus geliebt, so wie er war.

      Meine Kindheit wurde also durch all diese Geschichten, die ich in meinem Kopf erlebte, geprägt. Sie blieben jedoch nicht in meinem Kopf wie ein Theaterstück oder ein Fernsehfilm, sondern ich versuchte danach zu handeln und sie lehrten mich den Umgang mit Menschen. Und sie brannten mir vor allem eine Gewissheit ein: Dass kein Mensch a l l e i n e überleben kann. Wir brauchten einander und wir brauchten Gott. Freunde und Familie zu haben bedeutete, sich gegenseitig unterstützen zu können. Es hieß, ein Netzwerk zu haben auf das man sich verlassen konnte.

      Noch wichtiger war der himmlische Beistand. Mit Gott an der Spitze konnte gar nichts schiefgehen. Natürlich musste es der r i c h t i g e Gott sein, der, der die bösen Philister vertrieb, der von der römischen Besatzungsmacht befreien konnte und der, der uns in Krieg und Unheil zu Seite stand. Fazit: Wenn ich zum richtigen Volk gehörte, dann würde ich von Gott beschützt werden.

      Ich mochte keinen Krieg. Die Erzählungen meines Großvaters hatten genug abschreckende Wirkung gehabt. Ich wollte in Frieden leben, so wie Jesus und Zachäus. Da war es eben notwendig, so gut wie möglich auch seine Feinde zu lieben. Mit Feinde meinte ich natürlich die aus meiner engeren Umgebung. Das war der Nachbar, dem man nicht sympathisch war, oder der Cousin, der immer so dumme Kommentare schob oder auch die Tante, die immer so seltsam roch. Familie blieb Familie.

      Aber da gab es trotzdem noch den Feind, der von außen kam und die Familie zerstören wollte, so wie die Philister oder die Assyrer, die die Israeliten aus ihrem Land vertreiben oder unterdrücken wollten. Es ging also darum, eine möglichst gute Gemeinschaft zu werden, eine gottgefällige Gemeinschaft, damit nicht nur wir uns selbst gut schützen konnten, sondern auch Gott seine schützende Hand über uns ausbreiten konnte. Er war auf unserer Seite, weil wir brav waren. Sündenlos. So wie es ihm gefiel. Gut zu den anderen. Bemüht um Nächstenliebe.

      Ich lernte also von klein auf, dass es wichtig war, sich in eine Gesellschaft und vor allem in die vorgegebene Rolle einzufügen, denn nur eine gute Gesellschaft kann vor dem bösen Feind schützen. Eine Sippe konnte dann möglichst gut überleben, wenn jeder seinen Teil dazu beitrug. Arbeitsteilung hat schon vielen das Leben leichter gemacht. Da gab es die, die auf die Jagd gingen und die anderen die sich um Heim und Essen kümmerten. Da gab es die, die den Clan gegen den bösen Feind verteidigten oder diejenigen, die die notwendigen Gebrauchsgegenstände herstellten. Zu allen Zeiten war das schon so gewesen.

      Ich hatte auf jeden Fall das Glück in eine gut funktionierende Großfamilie hineingeboren zu werden. Dachte ich jedenfalls. Hier war alles streng geregelt. Jeder hatte seine Aufgabe. Die Männer sorgten für Sicherheit und Geld und die Aufgabe der Frauen war es, alles so zu organisieren, dass Familie und Heim funktionierten. Ich mochte meine Familie. Sie beschützte mich. Und Gott, der Herr, schaute auf uns, denn es war alles genau so, wie er sich das wünschte.

      die heilige dreifaltigkeit

      Die Heilige Barbara lebte im 3. Jahrhundert in Nikomedien. Der Legende nach war sie eine sehr schöne und kluge junge Frau. Viele junge Männer aus Nikomedia hielten um ihre Hand an. Barbara jedoch wies ihre Verehrer zurück. Sie wollte nicht heiraten, sondern ihre Jungfräulichkeit Gott weihen. Sie traf sich heimlich mit Christen. Ihr Vater Dioscoros war entsetzt. Seine eigene Tochter verehrte diesen dahergelaufenen, auferstandenen Wanderprediger als Gott. Ein Gott, der noch dazu in einem kleinen Stückchen Brot präsent sein sollte. Der Vaterein angesehener Bürgerwurde nervös. Barbaras Vater war Heide, was zu dieser Zeit nichts Anderes bedeutete, als dass er an andere Götter glaubte, als die Christusjünger. Dem Kaufmann Dioscoros waren die zwölf Götter des Olymps wichtig, Zeus, Hera und all die anderen. Er hatte großen Respekt vor Hades und seiner Gemahlin Persephone, die in der Unterwelt herrschten. Seine Götter waren menschliche Gestalten mit menschlichen Eigenschaften. Sie hatten Gefühle und Gedanken. Der einzige Unterschied zu den Irdischen war, dass Götter unsterblich waren und bei Verfehlungen sehr harte Strafen aussprachen. Sie waren also alles andere als zimperlich. Sie waren verantwortlich für Naturereignisse und Unerklärliches.

       Was sollte Dioscoros tun? Seine eigene Tochter war vom Bösen infiziert und von falschen Göttern verführt! Er versuchte sie mit Worten zu überzeugen.

       „Barbara, du bringst uns in Gefahr! Wir werden uns den Zorn der Götter zuziehen “, warnte er sie eindringlich. Dioscoros wagte kaum daran zu denken, was passieren würde, wenn die Familie den Schutz der Götter verlieren würde.

       Aber das gute Zureden half nicht. Barbara ignorierte ihren Vater und traf sich weiterhin heimlich mit ihren Christen-Freunden. Sie teilten das Brot miteinander. Eine unerklärliche Kraft und Sicherheit ging von dieser kleinen Gruppe aus, eine magische Kraft, die Dioscoros in Panik versetzte. Wenn Barbara nicht freiwillig von dieser Christen-Gruppe abließ, dann musste er notfalls Gewalt anwenden. Und so sperrte er seine Tochter in einen Turm. Da konnte sie nichts mehr anstellen.

       Barbara konnte nicht aus dem Turm. Es gab einfach keine Mittel und Wege. Der Turm war gut bewacht. Die Wächter standen auf Seiten des Vaters, die Kontakte nach außen waren spärlich und nur der stumme Wärter brachte Wasser und Brot. Barbara hingegen ließ sich weder ihren Glauben noch ihr Gespräch mit Gott verbieten. Sie betete mit Jesus und ließ sich vom Heiligen Geist leiten. Barbara wusste genau, was die heilige Dreifaltigkeit bedeutete. Gott, die zeitlose, ewige, sich selbst verschenkende Liebe war in Jesus Christus menschlich und geschichtlich erfahrbar geworden. Ein kleines Stück Gott? Nein, ein ganzes Stück Gott. Und der Teil, der noch immer für uns kleine, geschichtlich gebundene Menschen greifbar ist, das ist der Heilige Geist. Kompliziert? Ja, für Theologen schon. Für Barbara schien es ganz einfach. Es musste so sein. Gott war einfach da. In drei verschiedenen Ausdrucksformen, die für das kleine, begrenzte menschliche Wesen erfassbar waren. Wenn sie schon nicht aus dem Turm herauskonnte, dann ließ sie wenigstens ein drittes Fenster in den Turm brechen. Eines für Gottvater, eines für den Sohn und eines für den Heiligen Geist.

       Ihre Liebe zu Gott war ihr Todesurteil. Sie hatte keine andere Möglichkeit. Sollte sie verleugnen, was sie wusste? Weil sie Christus liebte, ging sie mit der Gewissheit der Märtyrer der ersten Jahrhunderte in den Tod, den ihr eigener Vater für sie vorgesehen hatte.

      Wie Barbara im Turm konnte auch ich direkt mit Gott reden. Oder sagen wir besser, ich wusste, dass da jemand war.

      Eines Nachts, ich war noch sehr klein, wachte ich auf, weil ich Geräusche hörte. Es war ein leises Schnaufen und ein dumpfes Tappen, als ob jemand mit schweren Schritten über einen Teppich schleichen würde. Ich riss die Augen auf, um im dunklen Zimmer irgendetwas erkennen zu können und erstarrte als ich eindeutig den Schatten eines großen Tieres erkannte. Ein Nilpferd, nein, ein Rhinozeros! Ganz leise schlich dieses Rhinozeros an mich heran. Es hatte große gelbe Augen und atmete schwer. Es kam immer näher. Ich lag wie versteinert in meinem Bett und versuchte mir einzureden, dass dieses Rhinozeros gar keines wäre, sondern mein Vater, der nachsehen kam, ob ich wohl schlief. Aber es war da. Ein Rhinozeros mit großen, gelben, leuchtenden Augen kam immer näher und näher. Ich hatte Angst. Und in dieser Angst gab es nur einen Einzigen mit dem ich reden konnte und der mir helfen würde. Ich wusste nicht wie er hieß und schon gar nicht, dass es möglicherweise der war, den ich später als Gott identifizieren würde. Er war einfach da. Ich bat ihn, mir zu helfen.

      Hokuspokus – wie bei einem Zauberspruch erschien hinter dem Rhinozeros die Muttergottes mit dem Jesuskind am Arm. Sie rief etwas und das Rhinozeros löste sich in Luft auf.

      Man mag nun denken, das sind Träume einer Fünfjährigen. Aber diesem Mädchen war es in dem Moment egal, ob der Traum Phantasie oder Wirklichkeit war. Wichtig war etwas ganz Anderes, nämlich die Gewissheit in Sicherheit zu sein. Ein fünfjähriges, kleines Mädchen wusste in diesem Augenblick eines: Da gibt es jemanden, der dich begleitet. Eine Art Zaubermeister. Da können die Erwachsenen sagen, was sie wollen. Ich spürte eine Kraft in meinem Herzen, die mich stark machte. In mir breitete sich eine Sicherheit aus, die bis in die Zehenspitzen ging. Ich konnte Gott spüren, wie ein Kribbeln in den Fingerspitzen,


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