Terras kosmische Bestimmung: SF Abenteuer Paket. Reinhard Köhrer
Brücke der PRESIDENT SHARP zu hören.
Flüssigkeit ist ein hervorragender Überträger von Schallwellen, erinnerte sich Jack A. Messer.
20
Die Robot-Sonde senkte sich in Richtung Meeresboden. Ferngesteuerte Robot-Arme wurden aus der Sonde ausgeklappt, streckten sich heraus. Langsam sank die Robot-Sonde nieder. Lieutenant Marvin Zimmer steuerte die Sonde von seinem Terminal aus. Sie stellte so etwas wie eine verlängerte Hand des Computerspezialisten dar. Das außerirdische Artefakt, dessen wahre Natur natürlich erst noch zu bestimmen sein würde, sobald es sich an Bord der PRESIDENT SHARP befand und eingehenden Untersuchungen unterzogen werden konnte, ragte zu zwei Dritteln aus dem Meeresboden heraus. Sand hatte sich darauf abgesetzt. Korallen waren allgegenwärtig. Wasserpflanzen rankten an der Außenhaut des Artefakts empor. Die Robot-Greifarme verfügten über Saugnäpfe. Diese wurden an der Außenhaut des Artefakts angesetzt, saugten sich fest.
Dann begann der schwierigste Teil der Operation. Das Artefakt wurde angehoben. Die Robot-Sonde bot all ihre dafür zur Verfügung stehende Energie auf. Eine Bewegung war zu erkennen. Sand vom Meeresboden wirbelte auf. Das Wasser wurde trübe. Eine Reihe von Krebsen und Fischen wurde aufgescheucht. Schließlich war es der Robot-Sonde gelungen die Hinterlassenschaft außerirdischer Raumfahrer im Sol-System soweit anzuheben, dass sie vollends vom Meeresboden befreit war.
Genau in diesem Moment machte sich ein leicht entspannter Zug auf Lieutenant Marvin Zimmers Gesicht bemerkbar. Es schien so als würde die Operation gelingen. Die wichtigste Mission dieser Art, die Zimmer jemals durchgeführt hatte und dessen war sich der Computerspezialist auch durchaus bewusst.
"Alles klar, Lieutenant?", fragte Jack A. Messer über die Bildschirmverbindung.
"Läuft wie am Schnürchen, Sir."
"Das freut mich zu hören."
"Ich hoffe nur, dass wir jetzt nicht irgendwie gestört werden."
"Mehrere Torpedos im Anmarsch", meldete Ortungsoffizierin Mara Donelli. "Die feuern wirklich aus allen Rohren."
"Kann man so sagen", bestätigte Spiros Kalopoulos. "Gegenfeuer eingeleitet. Ich hoffe, dass keins von den Dingern, die die auf uns losgelassen haben durchkommt."
"Dafür tun Sie ja Ihr Bestes", sagte Jack A. Messer. Gespannte Sekunden vergingen. Schweigen herrschte an Bord. Auf der Brücke war eine erste Explosion zu vernehmen, ein dumpfes Grollen, das von außen kam und die PRESIDENT SHARP leicht erschütterte. Ein Zittern ging durch den Rumpf des U-Bootes, ein leichtes Vibrieren, das alles erfasste, selbst den Kaffeebecher, den Norbert J. Leslie neben seiner Konsole abgestellt hatte. Er nahm ihn gerade noch schnell genug in die Hand bevor er zu Boden fallen konnte. Er trank den Inhalt leer, verzog das Gesicht. "Schon kalt", murmelte er.
"Robot-Sonde mit geborgenen außerirdischen Artefakt auf planmäßigem Rückweg", meldete Marvin Zimmer.
"Wie lange wird es noch dauern bis wir das Ding endlich an Bord haben?", fragte Captain Messer.
"Einige Minuten noch, Sir."
"Können Sie Ihre Robot-Sonde nicht beschleunigen?"
"Sir, das würde bedeuten, dass wir ein größeres Risiko eingehen, die Ladung zu verlieren."
"Gehen Sie dieses Risiko besser ein, Zimmer."
"Ich dachte, dieses Artefakt hätte absolute Priorität."
"Tun Sie einfach, was ich sage", befahl Captain Jack A. Messer. Er sagte dies in einem Tonfall, der keinerlei Widerspruch duldete. Und so erwiderte auch Lieutenant Marvin Zimmer: "Aye, aye, Sir. Ich werde sehen, was ich machen kann. Geschwindigkeit des Roboters auf Maximum. Aber ich garantiere für nichts."
"Das verlangt auch niemand von Ihnen."
Erneut war von draußen ein Explosionsgeräusch zu hören wie ein dumpfes Donnergrollen.
"Feindtorpedos zerstört", meldete Spiros Kalopoulos. "Und zwar alle vier!"
An diese Meldungen kann man sich gewöhnen, dachte Jack A. Messer. Aber es brauchte nur eines dieser Teufelsdinger durchzukommen und an Bord der PRESIDENT SHARP würde die Hölle los sein. Er wusste wie das war. Er wusste es aus eigener Erfahrung. Es war nicht das erste Mal, dass Messer in so einer Situation steckte. Die Ruhe bewahren, das war jetzt das Wichtigste. Auch das sagte ihm seine Erfahrung.
"Langsam müssten die Torpedo-Silos der PAZIV-Einheiten doch leergschossen sein", meldete sich Norbert J. Leslie zu Wort.
"Offenbar haben sie reichlich Munition mitgenommen", sagte Mara Donelli.
"Torpedo durchgebrochen", rief Kalopoulos in diesem Augenblick.
"Ich versuche ihn noch abzuschießen. Alarm an alle Gefechtsstationen."
Eine mehrfache Erschütterung ging durch die PRESIDENT SHARP. Erschütterungen, die durch den Abschuss kleinerer Projektile verursacht wurden. Dann begann das Warten. Sie starrten auf die Anzeige auf dem Hauptbildschirm, sahen wie sich die Projektile dem Feindtorpedo näherten. Der Torpedo änderte den Kurs. Er hatte offenbar die Fähigkeit dazu, Feindprojektilen auszuweichen. Irgendwann wird die Munition intelligenter sein als die Soldaten, die sie verschießen. Ein Gedanke, der ihn beunruhigte.
'Smart Weapon', so hatten die Ersten derartige Geschosse gegen Ende des 20.Jahrhunderts ihre Erfindungen genannt. Glücklicherweise war bisher nur ein Teil der Träume dieser Leute in Erfüllung gegangen.
"Gegenfeuer hat sein Ziel verfehlt", kam nun eine Meldung, die Messer aus seinen Gedanken herausriss. Kalopoulos Gesicht wirkte verzweifelt, Schweiß stand ihm auf der Stirn. "Wir können dieses Ding durch Gegenfeuer nicht mehr stoppen", rief er.
"Leslie, sorgen Sie für einen Ausweichkurs", befahl Messer an den Steuermann gerichtet.
Marvin Zimmer rief: "Sie gefährden die Robot-Sonde und vor allen Dingen das Artefakt. Wir riskieren die Verbindung zu verlieren!"
"Es geht nicht anders. Vollen Schub!", befahl Messer.
"Aye Sir, vollen Schub!", bestätigte Norbert J. Leslie. Ein Ruck ging durch die PRESIDENT SHARP. Man musste sich festhalten, um nicht zu Boden geschleudert zu werden, so enorm war die plötzliche Beschleunigung.
Die PRESIDENT SHARP schoss nach vorn, stieg dabei um mehrere Dutzend Meter in die Höhe. Die Feindtorpedos zogen dicht an dem U-Boot vorbei. Einige dieser Lenkwaffen versuchten noch eine Kursänderung, aber vorher prallten sie bereits gegen ein Korallenriff. Mehrere Explosionen kurz hintereinander folgten. Wieder ging eine Erschütterung durch die PRESIDENT SHARP.
Messer wandte sich an den Nebenbildschirm auf dem Marvin Zimmer zu sehen war.
"Verbindung zur Robot-Sonde?"
"Positiv, Sir!"
"Freut mich zu hören. Kriegen wir das Ding jetzt endlich in unseren Laderaum?"
"Ich muss eine Kurskorrektur eingeben, aber Sie können die Luke schon mal öffnen lassen."
Jack A. Messer betätigte sein Interkom. "Befehl des Captains: Ladeluken öffnen. Schleuse klar machen zur Aufnahme von Unterwasserfracht."
Augenblicke später kam die Bestätigung.
"Ladung aufgenommen", bestätigte Marvin Zimmer. "Sie geht jetzt gerade durch die Schleuse. Ladeluken werden wieder geschlossen."
"Okay", sagte Captain Messer. "Dann nichts wie weg hier."
"Erneutes Gegenfeuer", meldete Ortungsoffizierin Mara Donelli.
"Es nähern sich weitere Einheiten der PAZIV Flotte. Messer nickte. Jetzt wird es ziemlich eng, dachte er. Aber damit hatte man rechnen müssen.
"Geben Sie vollen Schub, Leslie!", befahl Messer.
"Welchen Kurs, Sir?"
"Kurs X-Point", erwiderte Messer. "Wir haben dort noch etwas zu erledigen!"