Im Würgegriff der Staatsverschuldung. Michael Ghanem

Im Würgegriff der Staatsverschuldung - Michael Ghanem


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Folge war ein Verscherbeln von Staatsbetrieben weit unter Marktwert, eine Verschlechterung der ärmeren russischen Bevölkerung hinsichtlich Einkommen und Konsumausgaben sowie eine unwahrscheinliche Bereicherung durch sogenannte „Oligarchen“, die sich auf dubiose Art und in kürzester Zeit (manchmal in weniger als 6 Monaten) vollzogen hat. Analoge Verfahren wurden aber auch in Deutschland, mit der Eingliederung der früheren DDR in West-Deutschland, sichtbar. Dort hat die Treuhandanstalt (wenn auch etwas geordneter) auch die Privatisierung des Eigentums, ebenfalls oft unter Marktwert, vorangetrieben und auch dort wurden „Wessis“ und „Ossis“ ganz plötzlich sehr reich. Auch dort wurde eine relative Verarmung eines großen Teils der Bevölkerung trotz sozialer Vorsorge in Kauf genommen.

      Als wesentliche Komponente des Werkes von Milton Friedman gilt die Beschäftigung mit der Geldtheorie und der Geldpolitik, daher der Name Monetaristen. Einer der Anhänger Friedmans Geldpolitik war und ist die Deutsche Bundesbank. Friedman hat nach dem Ende des dritten Bretton-Woods-Systems die Aufnahme flexibler Kurse vorgeschlagen, um Exporte zu besteuern. Dafür erhielt er 1976 den Nobelpreis. In den 1940er Jahren entwickelte er eine geldpolitische Gegenposition zu Keynes, die nur auf der Quantitätstheorie beruhte. Man muss feststellen, dass der Monetarismus (Friedman) sich aus der Kontroverse um Keynes entwickelt hat. In den folgenden Gesichtspunkten unterscheiden sich die Theorien grundlegend: Zunächst bezüglich der Definition von Geld und Zinsen. Während Keynes Zins als Preis des Geldes betrachtet, sah Friedman den Zins als den Preis des Kredits und die Veränderung des Preisniveaus als Preis des Geldes. Ein weiterer Gesichtspunkt unterschied die beiden Richtungen: Während Keynes staatliche Eingriffe befürwortete, sind die Monetaristen fiskalpolitischen Eingriffen gegenüber vollkommen abgeneigt. Denn sie unterstellen, dass Maßnahmen wie Konjunkturpakete im Grund eine zu vernachlässigende Wirksamkeit haben und dass im Ernstfall nur private Investitionen Konjunkturen helfen könnten. Bei der Finanzierung mit Hilfe der Geldschöpfung, so Friedman und seine Schule, stünde jedoch kein fiskalpolitisches, sondern ein geldpolitisches Instrument zur Verfügung.

      Dem gegenüber stand John Maynard Keynes (1883-1946).

      2.2.6 Wer war Keynes und welchen Einfluss hatte er?

      Als Sohn eines politischen Ökonomen wurde er 1883 in Cambridge geboren. Er studierte Mathematik, Philosophie, Geschichte und Ökonomie und promovierte 1906 in der Wahrscheinlichkeitstheorie. 1909 wurde er am Kings College zum Dozenten ernannt. Keynes war liberales Mitglied der Eugenics-Society und anschließend auch Direktor der Gesellschaft. Hierfür wurde er sehr stark kritisiert, da diese Gesellschaft Einfluss auf die englische Politik nahm. Nach seiner Einstellung bei „India Office“ ging es nach Cambridge zurück, wo er Volkswirtschaft lehrte. Er war äußerst skeptisch hinsichtlich neoklassischer Ökonomen, die Mathematik anwandten. Nach dem Ersten Weltkrieg war Keynes als Vertreter des britischen Schatzamtes an den Verhandlungen zum Versailler-Vertrag beteiligt, trat jedoch aus Protest kurz vor den Verhandlungen zurück, denn er hielt die Deutschland auferlegten Vertragsbedingungen für katastrophal (die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrags von 1919). Er sagte voraus, dass sich die Wirtschaftsbeziehungen destabilisieren würden und dass der Vertrag großen sozialen Sprengstoff für Deutschland beinhalte. Sein Leben lang beriet Keynes die Politik. So war er beispielsweise britischer Chefhändler bei den Bretton-Woods Verhandlungen im Jahr 1944. Sein Ziel war es, ein Fixkurssystem zwischen den Währungen ohne direkten Bezug zum Goldstandard zu etablieren. Seine allgemeine Theorie der Beschäftigung des Zinses und des Geldes (1936) veränderte die Makroökonomie grundlegend und wird als einflussreiches Werk des 20. Jahrhunderts angesehen. Keynes versuchte in diesem Buch zu überzeugen, dass im Gegensatz zu der Laissez-faire Marktwirtschaft, die Wirtschaftspolitik des Staates eine entscheidende Rolle spielt. Seine Ideen sind Grundsteine des heutigen Keynesianismus.

      Keynes bezeichnete den Goldstandard von 1923 als „barbarischen Relikt“ und befürchtete, dass die Rückkehr zum Goldstandard Konjunktur und Arbeitsplätze bedrohen würde. Im Gegensatz zu den Neoklassikern (Neoliberalen) glaubte Keynes, dass eine Deflationspolitik der Notenbanken Preise und Löhne nicht automatisch senken, sondern Arbeitslosigkeit hervorrufen würde. Knappes Geld sei sinnvoll zur Beendigung eines Booms, dürfe aber keine Inflation hervorrufen. Die Weltwirtschaftskrise von 1931 war für Keynes die Folge falscher „makroökonomischer Steuerungen“ auf globaler Ebene. Keynes verglich sich darin mit Kassandra, da die Prophezeiung seines Essays erfolgreicher war als sein Versuch, von einer Rückkehr zum Goldstandard zu überzeugen. Keynes sah sich als Vertreter einer marktwirtschaftlichen Ordnung mit individuellen Freiheiten. Er stimmte den Thesen und der Kritik durch die Vertreter des Wirtschaftsliberalismus nicht zu. Auch war er zwar mit Hayek befreundet, aber erbitterter Gegner seiner Wirtschaftspolitik.

      Die zentrale Botschaft von Keynes war, dass flexible Preise und Löhne nicht automatisch zu einer Vollbeschäftigung führen. Vielmehr kann es auch langfristig zu einer Unterbeschäftigung kommen und in diesem Fall sollten Staat und Notenbanken eingreifen, um die gesamte wirtschaftliche Nachfrage auf ein normales Niveau zurückzuführen. Wenn jedoch der Einzelne mehr spart, steigen Vermögen und Einkommen. Dies macht jedoch ohne ausreichende Investitionsnachfrage keinen Sinn, wenn Güternachfrage, Produktion und Beschäftigung und damit auch das Einkommen sinken.

      2.2.7 Die Entwicklung in den 1970er Jahren

      Der Monetarismus gewann vor allem in den 1970er und 1980er Jahren massiv an Einfluss, sei es bei der Weltbank, in Südamerika, in Deutschland. Denn der Keynesianismus scheiterte an der Entwicklung der Stagflation. Das heißt, dass selbst zum niedrigsten Preis keine Nachfrage mehr vorhanden ist und dass staatliche Konjunkturhilfen ins Leere laufen. 1974 begann die Deutsche Bundesbank als erste Notenbank den monetaristischen Ansatz der Geldmengensteuerung umzusetzen. Das Ziel war eine Kontrolle des Preisanstiegs über die Geldmenge. Dahinter steht folgendes: Dem Monetarismus zufolge soll die Geldmenge so gesteuert werden, dass sie das Wachstum volkswirtschaftlicher Produktion ausweitet. So entstand die Idee, dass von geldpolitischer Seite her Finanzierungsvorgänge ermöglicht werden, die schließlich zu Wachstum führen. Die europäische Zentralbank hält immer noch an diesem monetaristischen Ansatz fest, während die USA in den letzten Jahren eher mit der keynesianischen Zinspolitik gearbeitet haben.

      2.2.8 Mittlerweile ist eine Mischform hoch im Kurs

      Betrachtet man die beiden wirtschaftswissenschaftlichen Ansätze so muss man feststellen, dass sie in geschlossenen Gesellschaften einen gewissen Erfolg oder Misserfolg erzielten, im Kontext der Globalisierung jedoch zum größten Teil scheitern. Betrachtet man die aufstrebenden Staaten muss man feststellen, dass marktwirtschaftliche Ansätze stets mit erheblichen staatlichen Interventionen verknüpft sind. Eines der besten Beispiele stellt China dar: Mit einem quasi gelenkten Wirtschaftssystem, das neben monetaristischen und keynesianischen Gesichtspunkten auch Gesichtspunkte enthält, die nicht von den beiden Theorien gedeckt werden, und zwar die politisch-strategischen Entscheidungen. Diese politisch-strategischen Gesichtspunkte, die sehr oft in geopolitischen und sozialen Umwälzungen ihren Niederschlag finden, werden bei beiden Ansätzen nicht abgedeckt. Die weltweite Vernetzung der Informationstechnologie und die weltumspannende Kommunikation erlauben es nicht mehr, monetaristische oder keynesianische Ansätze in Reinform anzuwenden. Zudem unterschätzen die beiden Ansätze die Rolle der Verhaltenstheorie bei Entscheidungen. Es ist daher notwendig, dass neue Wirtschaftsansätze entstehen, die beide Ansätze berücksichtigen, jedoch auch einen gewissen Behaviorismus enthalten. Denn ohne diesen werden Prognosen kaum noch möglich sein. Ein weiterer Punkt ist die soziale Sensibilität der Völker. Da jede Wirtschaftsentscheidung eines Staates unmittelbare soziale Folgen hat, können politische Strömungen entstehen, die die freiheitlichen Gedanken der Neoliberalen zunichtemachen.

      Wendy Brown (Professorin in Berkley) betont sogar, dass der gesamte neoliberale Ansatz auf Dauer die Demokratie zerstört und dass er sowohl Staat als auch Menschen verändert. Es ist sehr oft zu beobachten, dass demokratische Prozesse nicht nach rationalen Gesichtspunkten entschieden werden und dass sachliche Fakten immer mehr gegenüber sogenannten Fake News verlieren. Die Spaltung der Gesellschaft durch den monetaristischen Ansatz und die Befürwortung einer vorübergehenden Aussetzung der Demokratie, um wirtschaftliche Ziele zu erreichen - insbesondere bei der Bekämpfung der Inflation, stellt an sich einen Sprengstoff für jede moderne Gesellschaft dar.

      Der Zielkonflikt zwischen Vollbeschäftigung und Inflation darf aus Sicht des Autors nicht


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