7 Wichita Western Oktober 2019 - Wildwest Sammelband 7008: Sieben Romane um Cowboys, Killer, Gunfighter. Pete Hackett
Den haben sie nicht, wenn die Squatter Zäune ziehen. Die Triangle-S nimmt das Land seit Jahren für sich in Anspruch. Sie hätte zumindest angehört werden müssen, ehe man es für die Besiedlung frei gab. Das ist nicht geschehen. Mr Kelly ist nicht bereit, dies zu schlucken. Darum werden wir um das Land am Walnut Creek kämpfen, Logan.“
„Sie sollten endlich begreifen, dass es das Recht des Stärkeren schon lange nicht mehr gibt, Thompson. Die Zeit …“
„Es ist das Recht der freien Weide!“, unterbrach mich der Vormann schroff.
Ich schüttelte den Kopf. „Es ist Faustrecht! Sollten Sie gegen die Heimstätter in irgendeiner Art gewaltsam vorgehen, verstoßen Sie gegen Bundesgesetz. Und dann kriegen Sie des mit dem District Court zu tun.“
„Das Sie und noch ein paar großmäulige Sternschlepper in diesem Landstrich verkörpern, Logan.“ Thompson lachte verächtlich auf. „Wenn Sie denken, dass wir aus Ehrfurcht vor dem Stück Blech an Ihrer Weste im Erdboden versinken, dann irren Sie sich.“
Mir war klar, dass mein Weg hierher umsonst gewesen war. Die Triangle-S würde nicht davor zurückschrecken, Ihre Interessen auch gewaltsam durchzusetzen. Ich legte eine stählerne Härte in meine Stimme, als ich sagte: „Ich warne Sie, Thompson. Von Seiten des District Courts wird jedweder Übergriff gegen die Neusiedler geahndet. Ich sagte es bereits: Die Zeiten, in denen die PCC in diesem Teil des Landes eigene Gesetze schrieb, sind vorbei. Ich habe James Clark festgenommen. Er wird sich wegen verschiedener Delikte vor Gericht verantworten müssen. Sicher nennt er Namen. Und ich denke, dass auch Ihr Name fallen wird, Thompson.“
Mit dem letzten Wort schwang ich auf dem Absatz herum, ging zu meinem Pferd und band es los. In dem Moment, als ich mich in den Sattel zog, holte mich Thompsons Stimme ein. Er rief: „Nachdem bekannt wurde, dass die Regierung das Land am Walnut Creek zur Besiedlung freigegeben hat, haben wir die Verwaltung der PCC in Chikago informiert. Man hat juristische Schritte gegen die Entscheidung der Regierung eingeleitet. Es wundert mich, dass das District Court darüber nicht in Kenntnis gesetzt wurde.“
„Wenn der Einspruch der PCC aufschiebende Wirkung hätte, dann hätte man das Gericht in Amarillo unterrichtet“, konterte ich. „Auf Ihre Behauptung gebe ich gar nichts, Thompson.“
Ich nahm das Pferd um die linke Hand und trieb es an. Im Trab trug mich der Vierbeiner von der Ranch.
Als ich gegen Abend die Quelle des Walnut Creeks erreichte, waren die Siedler noch nicht eingetroffen. Ich wusch mir das Gesicht, dann tränkte ich den Grulla-Hengst, schließlich setzte ich mich an einen Baum, drehte mir eine Zigarette und rauchte. Meine Gedanken arbeiteten. Selbst wenn die PCC juristisch gegen die Freigabe des Landes vorgegangen war – ein Prozess würde wahrscheinlich viele Jahre dauern. Und so lange würde die Triangle-S nicht warten.
Ich musste Porter Kelly und seinem Kettenhund Dave Thompson den nächsten Zug überlassen. Und die Sprache, in der wir uns unterhalten würden, würde die der Gewalt sein. Davon war ich überzeugt.
*
Die Schatten verblassten. Ich konnte den Wagenzug hören, ehe ich ihn zu sehen bekam. Schließlich fuhr das erste Fuhrwerk über eine Bodenwelle. Die Peitschen knallten wie Revolverschüsse. Die Fuhrwerke polterten und rumpelten. Bei der Quelle fuhren die Siedler die Schoner in einer Reihe auf. Die Männer umringten mich. Ich hatte mich erhoben. Erwartungsvolle Blicke hingen an mir.
„Ich war auf der Triangle-S und habe mit Dave Thompson, dem Vormann gesprochen“, begann ich. „Man ist der Meinung, dass die PCC bei der Entscheidung, die Freigabe des Landes betreffend, übergangen wurde. Man will sich juristisch dagegen wehren.“
„Dagegen wird kaum etwas einzuwenden sein, Logan“, versetzte John Cassidy grollend. „Den Rechtsweg zu beschreiten ist jedem Mann in unserem Land freigestellt. Das ist nicht unser Problem. Unser Problem ist, dass man uns von Seiten der Triangle-S gedroht hat. Und dass die Drohung keine leeren Worte waren, hat uns die Tatsache aufgezeigt, als heute Mittag die fünf Coltschwinger aufkreuzten. Das Quintett hat uns erwartet. Und hätten Sie den Kerlen nicht auf die kompromisslose Art und Weise den Wind aus den Segeln genommen, Logan, dann wäre es sicher rau für uns geworden.“
„Und die Triangle-S wird nicht still halten“, erklärte ich im Brustton der Überzeugung. „Kurz und gut: Mein Weg zur Ranch war umsonst. Wir müssen uns auf handfesten Verdruss einstellen. Der einzige Trost, den ich Ihnen bieten kann, ist der, dass Sie das Recht auf Ihrer Seite haben.“
„Davon werden wir zehren, wenn wir vielleicht kalt und steif sechs Fuß tief in dem Boden vergraben liegen, auf dem wir Mais und Weizen anbauen und in Ruhe und Frieden leben wollten!“, stieß einer der Heimstätter voll Verbitterung hervor.
„Wessen Stück Land erreichen wir morgen zuerst?“, fragte ich. Ich fühlte mich durch die Aussage eben ein wenig peinlich berührt, zog es aber vor, mich dazu nicht zu äußern.
„Hastings’ Parzelle“, klärte mich John Cassidy auf. „Sein nördlicher Nachbar wird Kane Benbow sein, dann komme ich. Die Größe einer jeden Parzelle beträgt etwas über eine halbe Meile im Quadrat, also ungefähr achthundertfünfzig Yards sowohl in der Länge als auch in der Breite.“
„Ich denke“, sagte ich, „dass uns Thompson beobachten lässt. Und er wird warten, bis ihr euch am Fluss aufgeteilt habt. So hat er leichteres Spiel.“
„Das klingt nicht gerade beruhigend, Logan!“, presste einer der Siedler hervor. „Sie werden mit ihrem Gefangenen nach Amarillo zurückreiten. Für uns – für jeden einzelnen von uns - heißt das, dass wir den Raureitern der Triangle-S schutzlos ausgeliefert sein werden. Zur Hölle, Logan, wir haben Frauen und Kinder …“
„Ihr werdet nicht alleine sein“, versicherte ich. „Wo ist überhaupt James Clark?“
„Er liegt auf meinem Wagen. Schätzungsweise hat er eine Gehirnerschütterung davongetragen, als Sie ihn vom Pferd schlugen. Wenn der Kerl auch die Luft nicht wert ist, die er atmet, wir konnten ihn nicht sich selbst überlassen. Meine Frau pflegt ihn. Ich sah es als unsere Christenpflicht an.“
„Hoffentlich wird Ihnen diese Nächstenliebe auch entsprechend vergolten“, knurrte ich und es klang sicherlich eine Spur zu ironisch. Und sogleich fügte ich hinzu: „Wir brechen in aller Frühe auf. Bis Mittag kann jeder sein Stück Land in Besitz genommen haben. Und dann – nun, wir werden sehen.“
„Ich werde mein Gewehr nicht mehr aus der Hand legen!“, sagte einer grollend. „Und wenn die zweibeinigen Wölfe der Triangle-S aufkreuzen, sollten wir nicht lange fackeln, sondern kurzen Prozess machen. Diese Sprache werden sie verstehen. Worten scheinen weder Porter Kelly noch sein Toprevolverschwinger Dave Thompson zugänglich zu sein.“
Zustimmendes Gemurmel erklang. Die Männer wandten sich ab und ließen mich allein.
Den Worten des letzten Sprechers hatte ich entnehmen können, dass sie nicht mehr darauf vertrauten, dass ich ihnen helfen könnte. Sie wollten es selbst in die Hände nehmen, ihrem Recht, das sie mit der Besitzurkunde über ihr Land erworben hatten, Geltung zu verschaffen.
Die Fronten waren verhärtet. Ich war gefordert. Ich musste verhindern, dass die Gewalt eskalierte, dass am Walnut Creek Blut floss.
Die eine Partei hatte keinen Respekt vor dem Stern an meiner Brust, die andere Partei schien das Vertrauen, das sie in den Stern und damit in meine Person gesetzt hatte, verloren zu haben.
Der Stand, den ich plötzlich inne hatte, war nicht leicht.
Ich musste Initiative entwickeln. Denn ich durfte nicht zulassen, dass die Leute von der Triangle-S das Gesetz mit Füßen traten.
*
Am Mittag des darauf folgenden Tages hatte jede der Siedlerfamilien ihr erworbenes Land in Besitz genommen. Es war ausgesprochenes Weideland. Der Walnut Creek lieferte das notwendige Wasser. Dieses Land für die Landwirtschaft nutzbar zu machen würde viel Geld, Schweiß und vielleicht sogar Blut kosten. Jede der Familien stand vor einer schier unlösbaren Aufgabe. Ich beneidete keinen dieser Leute.
John