Die 3 Quellen echten Lebensglücks. Dami Charf

Die 3 Quellen echten Lebensglücks - Dami Charf


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hier ist wieder zu betonen, dass es keine Normsituationen gibt, in denen alle Menschen gleich reagieren. Es geht um das subjektive Gefühl der Bedrohung, und manchmal sind diese Ängste für andere nicht nachvollziehbar.

      Es gibt auch Situationen, die sich nicht auflösen und in der wir andauernder Angst, Bedrohung oder Stress ausgesetzt sind. Nachdem alle Versuche des Körpers gescheitert sind, die Situation über die Möglichkeiten des Sympathikus (Kampf und Flucht) zu lösen, und auch eine Erstarrungsreaktion nicht zu einem Ende führt, kollabieren Menschen in einen Totstellreflex. Man ergibt sich, jegliche Spannung weicht aus dem Körper.

      Diese Reaktion bringt fast immer eine Dissoziation mit sich. Das bedeutet, dass Menschen dabei ein Gefühl haben, als seien sie nicht mehr in der Situation involviert. Sehr häufig beschreiben sie, dass sie das Geschehen von außen beobachten und sich emotional nicht mehr beteiligt fühlen. Sie empfinden dann keine Schmerzen mehr, und häufig verändert sich auch die Raum-Zeit-Wahrnehmung. Alles scheint in Zeitlupe abzulaufen, die Farben und Eindrücke verändern sich, und es ist, als würde man sich in einer anderen Dimension bewegen. In einer solchen Situation spalten wir uns völlig von unserem Körper ab und verlieren den Kontakt zu unseren Körperempfindungen und Gefühlen. Die Natur hat das so eingerichtet, damit wir nicht leiden.

      Allerdings finden Menschen, wenn die Notlage vorüber ist, oft nicht einfach wieder in ihren Körper zurück. Manchmal bleiben sie über Jahre dissoziiert und bemerken es nicht. Sie nehmen nur wahr, dass sich ihr Erleben verändert und das Leben häufig seine Farben verloren hat.

      Wenn unser Toleranzfenster in Balance ist, fühlen wir uns zufrieden. Sobald wir nach oben oder unten »aus dem Rahmen fallen«, empfinden wir Anstrengung, Erschöpfung und vieles mehr. Wir sind aus dem Gleichgewicht.

      Du kannst dir sicher vorstellen, dass eine solche Dysregulation keine gute Voraussetzung dafür ist, mit sich zufrieden zu sein oder in eine liebevolle Beziehung zu treten.

      WENN WIR AUS DEM LOT GERATEN

      Ist unser Toleranzfenster zu eng und haben wir nicht gelernt, uns gut zu regulieren, so hat das gravierende Folgen. Im schlimmsten Fall fühlt sich unser Leben an wie eine Fahrt auf einer Achterbahn: ein ständiger Wechsel zwischen Übererregung und Erschöpfung.

      Ich halte inzwischen fast alle Symptome im Leben von Menschen für Hinweise auf eine grundlegende Dysregulation. Sind Körper und Nervensystem aus der Balance, zeigen sich immer mehr Symptome im Alltag, die unser Leben schwerer machen und unsere Lebendigkeit und Verbundenheit hemmen:

      Bei Übererregung

       Nicht still sitzen können, immer etwas tun müssen

       Nervosität

       Schlafstörungen

       Wutanfälle

       Konzentrationsschwierigkeiten

       Starke Gefühlsschwankungen

       Ständiges Gedankenkarussell

       »Arbeitswut«

       Unruhe

       Suchtverhalten

      Bei Untererregung

       Erschöpfung

       Gefühl der Sinnlosigkeit

       Depression

       Burn-out

       Resignation

       Antriebslosigkeit

       Trancezustände

       Gefühllosigkeit

       Suchtverhalten

      Vielleicht findest du dich in manchen dieser Aspekte wieder.

      Es ist wichtig für dich zu wissen, dass du diese Zustände nicht über den Verstand beeinflussen kannst. Du bist nicht schuld oder zu dumm, wenn du immer wieder in solche Befindlichkeiten stolperst. Es liegt an deiner Fähigkeit zur Selbstregulation. Wenn du diese verbesserst, dann wird sich dein Leben grundlegend ändern! Unsere Fähigkeit zur Selbstregulation beeinflusst natürlich auch die Art und Weise, wie wir Beziehungen führen. Je besser du deine Emotionen steuern kannst, desto besser werden deine Beziehungen sein.

      ANWESEND – UND DOCH NICHT DA

      Dissoziation ist ein Begriff aus der Psychologie und Psychotherapie, der kaum bekannt ist. Er beschreibt eine innere Abspaltung von sich selbst. Ich halte sie für das häufigste Symptom überhaupt. Frühe Verletzungen in Verbindung mit nicht sicheren Bindungen sind so weit verbreitet, dass viele Verhaltensweisen inzwischen als »normal« gelten, obwohl sie es eigentlich nicht sein sollten. »Normal« ist ein schwieriges Wort, und ich versuche, es möglichst selten zu benutzen. Für mich bedeutet es eher »sehr weit verbreitet« als »so sollte es sein«.

      Ich sehe immer mehr Menschen, die anwesend sind, aber nicht präsent. Ich sehe Menschen, die funktionieren, aber sich nicht fühlen. Ich sehe Menschen, die Angst haben vor Stille und einer Begegnung mit sich selbst.

      Unsere Gesellschaft entwickelt sich dahin, dass immer mehr von uns im oberen Bereich des Toleranzfensters leben oder sogar im ständigen Kampf-oder-Flucht-Modus. Bestimmt ist dir schon einmal aufgefallen, dass die Leute sich im täglichen Miteinander auf der Straße viel schneller angiften, sich angegriffen oder schlecht behandelt fühlen, laut werden oder sogar beleidigend. Vielleicht hast du auch schon bemerkt, dass kaum noch jemand die Tür für die Person hinter sich aufhält. Ich habe eine Weile gebraucht, um zu begreifen, dass die meisten Leute mich gar nicht wahrnehmen. Viele Menschen leben inzwischen in einer Blase, zu der andere Menschen oder die Welt keinen Zutritt haben. Dadurch nimmt die Vereinzelung zu, was wiederum dazu führt, dass Menschen sich einsam fühlen und abgeschnitten.

      EXPERIMENT: SCHAU DIR ZU

      Beobachte dich einmal zwei bis drei Tage intensiver. Was stellst du fest?

       Bist du präsent, wenn du durch den Tag gehst?

       Wie freundlich gehst du mit anderen Menschen um?

       Wie intensiv nimmst du andere wahr?

       Wie viel nimmst du von dir selbst wahr, von deinen Gefühlen, Bedürfnissen, deinem Körper?

      DEIN KÖRPER – DEIN LEBEN, DEINE HEIMAT

       »Die Reise nach innen ist genauso aufregend wie Reisen durch die Welt.«

      Dein Körper, dein Leben. Das klingt plakativ, ist aber wahr. Ob uns das nun gefällt oder nicht, ist eine andere Frage. Doch wenn unser Körper stirbt, ist unser Verstand machtlos. Auch wenn du glaubst, dass nach dem Tod noch etwas kommt – dieses Leben ist mit dem Tod unseres Körpers zu Ende. Gleichzeitig sollte es uns zu denken geben, dass es für unseren Körper möglich ist, ohne unseren Verstand weiterzuleben.

      Wir sind inzwischen in hohem Maße abgespalten von unserem körperlichen Sein. Dies zeigt sich an vielen Stellen, und es schadet uns. Eine gute Selbstregulation und unser Lebensglück sind existenziell damit verbunden, wie wir in unserem Körper zu Hause sind. Ich möchte erklären, was ich darunter verstehe.

      Zunächst, was ich nicht darunter verstehe: Es hat nichts damit zu tun, dass du täglich duschst oder Sport treibst und ständig auf dein Gewicht achtest. Es hat nichts mit Schönheit oder Attraktivität zu tun. Es hat nichts damit zu tun, ob dein Körper »funktioniert« oder ob du Schmerzen hast. Unser Körper ist unsere Heimat. Wir werden mit ihm geboren, und wir werden mit ihm sterben. Wir haben keine zweite Version, auf die wir zurückgreifen können.

      Dennoch gehen wir mit unserem Körper oftmals genauso um wie mit der Erde, auf der wir leben. Wir müllen ihn zu, und ignorieren alle Anzeichen, dass das Gleichgewicht gestört ist. Häufig


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