Das Monster Krimi Paket Februar 2019 - 1300 Seiten Spannung. Alfred Bekker
Schleiers nicht viel zu sehen war.
"Herzliches Beileid, Geraldine...", murmelte Bount und nahm ihre Hand.
"Danke", war die knappe Erwiderung.
"Geraldine, ich muss unbedingt mit Ihnen reden."
"Jetzt?"
"Ja. Jetzt sofort. Drüben steht mein Wagen..." Aus irgendeinem Grund schien sie davon nicht allzu sehr begeistert zu sein.
Sie war heute auffällig kühl und abweisend.
"Ich bin selbst mit dem Wagen hier, Bount!" Brian Kostler unterzog Bount Reiniger einer kritischen Musterung. In seinen Zügen stand deutlich so etwas wie Verachtung, vielleicht auch ein bisschen Unbehagen.
"Ist irgendetwas geschehen?", fragte Brian. Bount nickte.
"Allerdings..."
Brian zog die Augenbrauen hoch. Und dann konnte Cummings sich nicht mehr zurückhalten und meinte: "Maldini ist erschossen worden!"
Es dauerte eine Sekunde, bis einer der beiden Geschwister dazu etwas sagte.
Zu Schade!, durchfuhr es Bount. Geraldine hatte noch immer in den Schleier vor ihrem Gesicht, aber gerade in diesem Augenblick hätte er gerne ihre Reaktion auf diese Nachricht gesehen.
Brian machte jedenfalls keinen besonders überraschten Eindruck.
"Das ist doch der Kerl, der Dad auf dem Gewissen hat, nicht wahr?", wandte er sich an seine Schwester.
"Ja", murmelte Geraldine fast tonlos. Und dann setzte sie noch hinzu: "Das kommt sehr überraschend, Bount!" Bount nickte.
"Nicht nur für Sie, Geraldine."
"Erwarten Sie nicht, dass ich ein Wort des Bedauerns oder des Mitgefühls für Tony Maldini hätte."
"Nein, das erwarte ich nicht."
"Wer immer ihn umgebracht hat, ich würde ihm von Herzen danken, wenn er hier vor mir stünde. Maldini hat Dad umgebracht und dafür hat er zahlen müssen. So sehe ich das. Es mag hart klingen, aber ich empfinde nun einmal so." Bount zuckte mit den Schultern.
Dann setzte er noch einmal an.
"Sie irren sich, Geraldine."
"In wie fern, Bount?" Sie schüttelte energisch den Kopf und ehe Bount etwas sagen konnte, war sie bereits fortgefahren. "Sie haben keine Ahnung, wie es in meinem Inneren aussieht, Bount! Was wissen Sie schon!"
Ihre Stimme klang bitter. Bount wartete erst einmal ab und hörte ihr zu.
Dann begann er: "Nun..."
"Bount, Sie haben sich wunderbar für meine Angelegenheiten eingesetzt. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar. Ich bin vollauf mit Ihnen zufrieden."
Bount Reiniger begann zu spüren, dass der Wind jetzt mit einem Mal aus einer anderen Richtung blies. Und so überraschte ihn das, was dann über die Lippen der schönen Geraldine kam auch nicht mehr sonderlich - wenn er es auch noch nicht vollständig begriff.
"Ihr Job ist beendet, Bount Reiniger!" Bount verzog das Gesicht.
"Beendet?"
"Ja. Der Mann, der meinen Vater jahrelang in Angst leben und ihn dann umbringen ließ, hat seine gerechte Strafe bekommen. Ob es der elektrische Stuhl oder irgendein dahergelaufener Killer war, der ihn über den Jordan geschickt hat - das spielt vielleicht für einen Juristen eine gewisse Rolle. Aber nicht für mich!" Ein mattes Lächeln begann um Bounts Lippen zu spielen.
"Ich wusste gar nicht, dass Sie so hart sein können!"
"Oh, Bount! Vielleicht ist das alles etwas zuviel für mich. Der Tod meines Vaters, dieser feige Mord. Wir standen uns wirklich sehr nahe, Bount!"
"Schon gut, Geraldine! Aber wie dem auch immer sei: Sie irren sich gewaltig!"
"In wie fern?"
"Diese Sache ist keineswegs zu Ende, Miss!"
"Und warum nicht?"
"Der Mörder von Maldini ist auch der Mörder Ihres Vaters gewesen."
Geraldines Gesicht erstarrte und ihre Stirn legte sich in Falten. Bei Brian, ihrem Bruder, traten die Augen vor Verwunderung stark aus ihren Höhlen hervor.
"Ist das sicher?", fragte Geraldine dann. Bount nickte.
"Ja."
Sie machte eine Geste der Hilflosigkeit.
"Aber wo ist da ein Zusammenhang? Wo eine Verbindung? Der Gedanke, dass mein Vater und Maldini einen gemeinsamen Feind haben - das ist doch absurd!"
"Es scheint aber so zu sein!"
Bount Reiniger rieb sich nachdenklich das Kinn und dann sah er mit den Augenwinkeln einen Sportwagen heranbrausen, dessen Scheiben verdunkelt waren.
In der nächsten Sekunde brach die Hölle los...
28
Die Seitenscheibe des Wagens war an der Fahrerseite ein Stück nach unten geglitten und etwas Dunkles ragte ein paar Zentimeter hinaus.
Es ging alles sehr schnell und dauerte kaum länger als einen Augenaufschlag.
"Achtung!", rief Bount, der als erster begriffen hatte, was hier gespielt hatte - noch bevor die anderen den dunklen Sportwagen überhaupt zur Kenntnis genommen hatten.
Fast lautlos pfiffen die Projektile durch die Luft. Manche schlugen gegen die Sandsteinmauer, die den Friedhof umgrenzte und wurden als gefährliche Querschläger weiter auf die Reise geschickt.
Cummings griff nach seiner Dienstwaffe, die er in einem Schulterholster trug, aber noch ehe er sie in Anschlag gebracht hatte, war er bereits getroffen worden. Ein paar Zentimeter unterhalb der Brust wurde es rot bei ihm, er ächzte, krümmte sich und klappte dann zusammen wie ein Taschenmesser. Auch Brian Kostler hatte es offensichtlich erwischt. Eine Mischung aus Fluch und Schmerzensschrei ging über seine Lippen, als ihn die Wucht eines Geschosses erwischte und nach hinten gegen die Sandsteinmauer riss, an der er dann zu Boden rutschte.
Bount warf sich blitzschnell auf die neben ihm stehende Geraldine und nahm sie mit sich Boden, während ein paar Geschosse über sie beide hinweggingen.
Die kleine Menschenansammlung, die sich am Ausgang des Friedhofs gebildet hatte, stob auseinander. Menschen schrien laut um Hilfe, obwohl nur die wenigsten begriffen hatten, was wirklich vor sich ging.
Panik griff um sich.
Unterdessen rollte Bount Reiniger sich Boden herum, brachte seine Automatic in Anschlag und feuerte ein paarmal in Richtung des Angreifers.
Eine der dunklen Fensterscheiben des Wagens ging zu Bruch, aber es war unmöglich für Bount, zu beurteilen, ob er jemanden getroffen hatte oder nicht.
Von dem Fahrer sah er nichts.
Der geheimnisvolle Killer trat auf das Gaspedal. Reifen quietschten und er brauste davon.
Bount Reiniger sprang auf und legte die Automatic erneut an. Aber er feuerte nicht.
Ein paar der in Panik geratenen Leute waren ihm in den Weg gelaufen.
Diese Narren!, durchzuckte es Bount.
Aber da war wohl nichts mehr zu machen.
Es war zu gefährlich jetzt weiterzuschießen und so senkte er die Waffe.
Die in Panik Geratenen achteten nur auf Reiniger, denn die Schüsse seiner Automatic waren weithin zu hören. dass die Gefahr in Wahrheit aus dem dunklen Sportwagen gekommen war, der jetzt mit heulendem Motor davonraste und hinter der nächsten Ecke verschwand, davon hatten die meisten nichts gemerkt...
"Verdammt!", flüsterte Bount und steckte dann die Waffe wieder ein. Er wandte sich um.
"Ist Ihnen etwas passiert,