Das Monster Krimi Paket Februar 2019 - 1300 Seiten Spannung. Alfred Bekker
abstellte, die Tür öffnete und die zerschossene Zelle sah.
Brady lag mit seltsam verrenkten Armen und Beinen in der Zelle. Seine Augen blickten Bount starr an, während sich mitten auf seiner Stirn ein kleines, rotes Loch befand. Bount schluckte.
Er kannte Brady schon einige Jahre und der kleine Hehler hatte ihn immer mit wertvollen Informationen über die New Yorker Unterwelt versorgt.
Nicht alles, was Brady getan hatte, war legal, aber im Grunde war er nur ein ganz kleiner Fisch. Und ein solches Ende hatte er in keinem Fall verdient.
Niemand hatte das.
Bount Reiniger ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten und fühlte Grimm in sich hochsteigen.
Wer immer dahinter steckte und die Fäden zog: Es musste sich um jemanden handeln, der buchstäblich über Leichen ging. Bount blickte sich dann etwas nach Spuren um.
Aber da war auf den ersten Blick nichts zu sehen, dass irgendeinen Hinweis geben konnte. Mit was für einer Waffe Brady erschossen worden war, dass würde später die Polizei feststellen. Doch viel würde dabei vermutlich auch nicht herauskommen.
Dies schien Bount das Werk von Profis zu sein. Man konnte Bradys Augen noch ansehen, wie überrascht er gewesen sein musste.
Bount beugte sich nieder und drückte ihm die Lider zu. Mehr konnte er nicht mehr für ihn tun - außer vielleicht denjenigen zu finden, der dafür verantwortlich war.
Eine Weile verharrte Bount Reiniger so bei dem Toten, dann nahm er mit den Augenwinkeln plötzlich eine Bewegung in der Nähe war.
Blitzartig war seine Rechte unter den offenen Mantel und das Jackett gefahren und hatte mit unwahrscheinlicher Schnelligkeit die Automatic aus dem Schulterholster gerissen und in Anschlag gebracht.
"Nicht schießen, Mister!"
Der Mann, der da zitternd vor Bount Reiniger stand, wirkte wie eine Jammergestalt. Er hatte die Hände gehoben, in der Rechten hielt er eine Bierflasche.
Bount blickte in ein stoppelbärtiges Gesicht mit einer roten Trinkernase.
"Bitte, nicht schießen!", wiederholte er noch einmal. Ihm schlotterten vor Angst schier die Knie und Bount ließ die Waffe sinken.
"Keine Angst!", meinte er. "Ich schieße nicht." Der Mann drehte sich und wollte sich wohl davonmachen. Aber Bount hatte noch ein paar Fragen an ihn.
"Hey, stehen bleiben!"
Der Kerl zuckte zusammen und drehte sich vorsichtig herum. Erleichtert stellte er fest, dass Bount seine Waffe inzwischen wieder eingesteckt hatte.
"Ich tue Ihnen nichts", versicherte Bount noch einmal, denn er sah deutliches Misstrauen in den Augen seines Gegenübers. Bount kam ein paar Schritte heran.
"Was ist noch? Was wollen Sie?"
"Nur ein paar Fragen!"
"Wer sind Sie?"
Bount kam noch näher heran und hielt ihm seine Lizenz unter die Nase. "Privatdetektiv", fügte er noch als Erklärung hinzu. Der Mann atmete auf.
"Gott sei Dank. Ich dachte schon, Sie gehörten zu ihm." Bount runzelte die Stirn.
"Wer ist das?"
"Schließlich tragen Sie auch eine Waffe..."
"Von wem, zum Teufel, haben Sie gerade gesprochen?" Er deutete auf die Telefonzelle.
"Sie haben ja gesehen, was hier passiert ist, Mister..."
"Allerdings!"
"Ich spreche von dem Mann, der das getan hat!"
"Sie haben ihn gesehen?"
"Ich habe alles beobachtet!"
"Raus mit der Sprache!"
Bount hatte selbst gemerkt, dass in seiner Stimme ein Quentchen zuviel Ungeduld mitgeschwungen hatte. Und das hatte sein Gegenüber genauestens registriert.
Der Mann zögerte mit seiner Antwort, rieb sich mit der Linken die rote Nase und trank dann seine Bierdose leer. Die Büchse warf er auf den Bürgersteig und meinte: "Ich habe nichts zu trinken mehr, Mister..."
Bount begriff, worauf er hinauswollte.
Er gab ihm zwanzig Dollar.
"So!", meinte der Privatdetektiv. "Jetzt will ich aber auch eine überzeugende Story hören! Sonst hole ich mir die zwanzig Mäuse zurück!"
"Ich habe alles gesehen, Mister!"
"Das sagten Sie bereits!"
"Der Kerl ist seinem Opfer bis zur Telefonzelle gefolgt und hat er geschossen."
"Haben Sie den Schuss gehört?"
"Nein. Man konnte nichts hören. Aber ich habe die Waffe gesehen und ich sah es in der Dunkelheit aufblitzen..."
"Wie sah der Mann aus?"
"Er hatte eine Narbe quer über das Gesicht..." Und dabei zog er mit dem Finger eine Linie von der Stirn über das Auge und die rechte Wange.
Bount runzelte die Stirn.
"Von wo aus haben Sie das alles beobachtet?"
"Von der anderen Straßenseite aus. Als es dann passiert war, bin ich schließlich hergekommen, um..."
Er zögerte und Bount vollendete schließlich: "... um die Leiche zu fleddern, nicht wahr?"
"Unser eins muss auch leben!"
Bount warf einen kurzen Blick hinüber.
Dann meinte der Privatdetektiv ziemlich ungehalten: "Das ist unmöglich. Auf die Entfernung und bei diesen Lichtverhältnissen konnten Sie unmöglich die Narbe des Mannes sehen! Sie erzählen mir was!"
"Nein, Sir! Das war anders! Ich habe die Narbe des Mannes vorher gesehen."
"Wann vorher?"
"Als wir ein Bier zusammen getrunken haben, drüben vor der Snack Bar."
"Sie haben ein Bier zusammen getrunken?"
"Ja, er sah aus wie einer von uns. Wie einer, der auf der Straße lebt. Und dann haben wir einen zusammen gehoben. Aber in Wirklichkeit hat er wohl die ganze Zeit über nur auf den gewartet, der da jetzt mausetot in der Telefonzelle liegt..." Bount nickte.
"Okay", murmelte er.
Wenn der Täter wirklich eine so auffällige Narbe hatte, wie dieser Mann behauptete, dann war das vielleicht eine Spur. Und wenn er bereits einschlägig in Erscheinung getreten war, dann würde man das Rätsel um seine Identität auch bald lüften können. Das Heulen von Polizeiwagen ließ Bount Reiniger herumfahren und als er dann eine Sekunde später den Blick zurück zu seinem Gegenüber schnellen ließ, da hatte sich dieser bereits davongemacht.
Bount sah keine Spur mehr von ihm.
Er konnte in eine der dunklen Nischen zwischen den Häusern geflüchtet sein. Es gab hier Dutzende von Orten, an denen man sich verkriechen konnte.
Und dann wurde der Privatdetektiv durch das grelle Scheinwerferlicht der Polizei geblendet.
Der Mann war über alle Berge.
Offensichtlich legte er keinen Wert darauf, mit den Gesetzeshütern zusammenzutreffen, aus welchem Grund auch immer. Vielleicht hatte er schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht, vielleicht hatte er auch selbst irgendwelche kleineren Sachen auf dem Kerbholz.
Ein paar uniformierte Beamte sprangen aus den heulenden Streifenwagen. Und dann kamen auch Männer in Zivil. Ein paar Augenblicke nur und die Nacht schien zum Tag zu werden.
Aus den umliegenden Häusern liefen die Leute zusammen, um zu sehen, was sich dort abspielte.
Ein paar Augenblicke später sah Bount dann die massige Gestalt von Captain Rogers zum Tatort