Verrat zwischen den Sternen - Axarabor Apex Band 6 - Sechs Romane in einem Band. Conrad Shepherd

Verrat zwischen den Sternen - Axarabor Apex Band 6 - Sechs Romane in einem Band - Conrad Shepherd


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scharfer Detonationen ein durchdringendes Kreischen ertönte.

       »Es muss was mit der Kette geschehen sein«, ließ sich Tom Hardt vernehmen und deutete mit dem Daumen nach unten. Der I. O. nickte zustimmend.

       In dem Moment stoppte der Tank mit einem Ruck, das schrille Kreischen hörte auf. Nach einer letzten Explosion neigte sich die massige Konstruktion langsam und irgendwie widerwillig zur Seite und verharrte dann in dieser Lage. Als letzte Aktion flog eine der Luken an der nach oben geneigten Flanke aus ihrer Halterung und wirbelte wie ein Diskus davon.

       Tom Hardt hielt einige Meter neben dem waidwunden Tank an.

       Verborgen hinter ihrem Tarnfeld harrten sie der Dinge. Sie ließen die runde Öffnung an der Flanke des Kolosses nicht aus den Augen. Was immer sie erwarteten, es geschah nichts! Kein Besatzungsmitglied versuchte, sich ins Freie zu retten.

       Die beiden Männer sahen sich an.

       »Vermutlich alle tot«, ließ sich Jannik hören.

       »Oder schwer verletzt«, meinte Tom Hardt. »Die Gelegenheit wäre günstig«, fuhr er fort und deutete auf das Panzerwrack. »Wollen wir vergewissern?! Wir könnten vielleicht Erste Hilfe leisten!«

       »Warum nicht ...«

       »Seid ihr wahnsinnig?«, meldete sich der Kommandant über Funk und erinnerte die beiden daran, dass sie im ständigen Kontakt mit der PENDORA standen.

       Jannik zog eine Grimasse.

       »Keineswegs, Skipper!«, gab er zu verstehen. »Aber sehr neugierig. Du kennst doch den Spruch: »Nur wer die Neugierde kennt, kann ermessen, wie sehr wir leiden!«

       »Was soll ich darauf antworten«, erwiderte Enno Rykher. »Aber gebt auf euch acht. Verstanden?«

       »Natürlich.« Der I. O. lachte, doch das Lachen ging in einem erneuten Geräuschorkan unter. Als er verebbte, standen die beiden Männer bereits vor der runden Öffnung. Dahinter war es dunkel.

       Sie sahen sich an.

       »Wollen wir?« Es war mehr eine Feststellung als eine Frage des Ersten Offiziers.

       Tom Hardt grinste verwegen und nickte. »Worauf warten wir noch, Sir ...«

       Eli Jannik nickte entschlossen und schwang sich in die Luke. Der Oberleutnant turnte hinterher, nahm den winzigen Scheinwerfer aus der Gürtelhalterung und schaltete das Gerät ein. Der scharfe Strahl machte die Dunkelheit zum Tag. Sie befanden sich in einem Schacht, der schräg nach oben ins Innere der Maschine führte. Der Hohlraum war zunächst rund, nicht mehr als ein Stück Rohr also, dann erweiterte er sich zu einem Würfel von etwa vier Metern Kantenlänge. Langsam wanderte das Licht über die metallenen Wände.

       »Keine Sitze. Keine Besatzung!«, sagte Tom Hardt entgeistert und riss versuchsweise an einem der rechteckigen Knaufe. Sie waren in der Mitte eines Vierecks angebracht, das wie eine Art Vorderteil von einer Lade aussah. Alle vier Wände des Würfels, in dem die Männer schräg standen und sich gegen zwei der Wände stützten, waren von diesen Vierecken bedeckt. Als der Oberleutnant an dem Knauf zerrte, ging die Lade auf.

       »Hoppla! Jetzt verstehe ich manches!«, murmelte Hart verblüfft und richtete das Licht seines Scheinwerfers auf das, was sich direkt vor ihren Augen befand. «Kybernetische Elemente.«

       Der Oberleutnant zog eine zweite Lade heraus, eine dritte, eine vierte. Plötzlich ging ein harter Ruck durch den Tank. Zwei weitere Erschütterungen folgten.

       Sie sahen sich an.

       »Er wird doch nicht detonieren«, hoffte der Erste Offizier und runzelte die Stirn.

       »Natürlich nicht«, erwiderte Tom Hardt im Brustton der Überzeugung.

       »Na, denn ...«

       Sie rissen eine Lade nach der anderen auf. Überall in diesen flachen Rahmen steckten kybernetische Elemente. Sie schillernden farbig und schienen zu glühen. Jedes Mal, wenn einer der beiden Eindringlinge einen weiteren Block aus der Kybernetik zog, kippte der Panzer etwas mehr. Irgendetwas schien ihn wieder aufrichten zu wollen.

       Der Lärm der Einschläge von draußen entfernte sich. Im Funk kam die drängende Stimme des Kommandanten.

       »Was ist los? Meldet euch!«

       »Wir sind«, erwiderte der I. O. deutlich und langsam, noch immer im Bann der Überraschung, »auf einen sehr interessanten Tatbestand gestoßen. In Kürze mehr darüber, Skipper.«

       Der ‘Skipper’ klinkte sich ohne zu insistieren wieder aus.

       Die beiden sahen sich im Innern des recht engen Raumes um.

       »Nein!«, sagte der I. O. abschließend, »es gibt hier keinen zweiten Eingang!«

       »Und keine Planetarier«, bedauerte Tom Hardt. »Ich denke, wir haben das Rätsel gelöst: Es existiert keine Besatzung.« Er streckte sich aus, griff nach den wenigen Vorsprüngen und schob sich aus der Enge der Röhre hinaus ins Freie.

       »Möglich«, murmelte Eli Jannik. Er blieb noch einen Moment lang stehen. Seine Gedanken wirbelnden: Ihr Fund bedeutete zumindest, dass in diesen metallenen Kolossen keine ehemaligen Kolonisten beziehungsweise Planetarier saßen, sondern kybernetische Systeme die gesamte Steuerung übernahmen.

       »Bemerkenswert! Aber sehen wir weiter!«, sagte der Erste Offizier der PENDORA zu sich und folgte dem Oberleutnant nach draußen.

       Der Panzer lag vollkommen allein auf der Seite, weit und breit war nichts mehr zu sehen, das Gefecht vollzog sich nun weiter vorn, hatte aber nichts von seiner Heftigkeit – und vor allem Lautstärke – verloren.

       »So!«, sagte der Pilot. »Wir haben einiges entdeckt. Oder?« Aus seiner Stimme klang irgendwie Zufriedenheit.

       »Entdeckt wohl«, erwiderte der Oberst. »Aber hilft uns das weiter?«

       »Sie scheinen nicht zufrieden zu sein, Sir!«

       »Nicht unbedingt. Wir haben ein Rätsel gelöst, ja, aber damit gleichzeitig eine Reihe neuer Fragen aufgeworfen«.

       Sie blieben einen Moment neben dem Wrack stehen. Die Szenerie war eigentümlich. Sie zeigte für einige Minuten die fragwürdige Schönheit einer toten Landschaft, die sich scheinbar noch einmal aufbäumte. Die Panzer und Geschütze, die sich nun im Halbrund um das diesseitige Ende der Brücke aufgestellt hatten, verschwanden hinter einem Vorhang aus Staub und Rauch. Dahinter ertönte dumpf der Lärm des Gefechts. Inzwischen war ihr Entsetzen gewichen. Mit der Entdeckung der Kybernetik im liegen gebliebenen Panzer betrachteten sie diesen Krieg mit einer gewissen Kühle und deutlichem Abstand. Bisher war er zu abstrakt gewesen. Um echten Schrecken zu spüren, hätten sie die zerfetzten Leichen der Planetarier sehen müssen, das Elend von Flüchtenden oder ähnliche, Emotionen erzeugende Beobachtungen. Doch bisher hatten sie eigentlich nur Maschinen erkennen können, die sich gegenseitig vernichteten.

       »Die Verteidiger scheinen noch nicht angetreten zu sein«, ließ sich der Pilot hören. »Oder sie warten noch auf einen günstigeren Augenblick.«

       Der Oberst sah seinen Piloten durch die Helmscheibe an.

       »Welche Verteidiger? Menschen, die Kybernetiken Befehle geben? Ich denke nicht, dass das geschieht.«

       Während er noch Tom Hardts Einlassungen bedachte, betrachtete der Oberst plötzlich diesen Krieg zwischen zwei sich feindlich gegenüberstehenden Gegnern mit ganz anderen Augen; er war einfach zu abstrakt, wirkte wie das Sandkastenspiel eines größenwahnsinnigen Befehlshabers, der sich ein Vergnügen daraus machte, mechanisierte Einheiten gegeneinander antreten lassen. Nur dass er keinen Sandkasten, sondern gleich einen ganzen Planeten, beziehungsweise zwei Planeten, als Spielfeld dazu hernahm.

       Ein Spiel?

       Das war es!

       Sie hätten es schon längst erkennen müssen.

       Es war eigentlich die ganze Zeit über offen vor ihnen ausgebreitet gelegen; sie hatten es nur nicht wahrhaben wollen.


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