Verrat zwischen den Sternen - Axarabor Apex Band 6 - Sechs Romane in einem Band. Conrad Shepherd

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das meine ich.«

       Für einige Augenblicke herrschte Schweigen. Was den I. O. dazu veranlasste, noch eindringlicher zu insistieren.

       »Wir sollten wirklich hinunter und uns umsehen«, betonte er mit Nachdruck. »Vielleicht sind Nachkommen terranischer Siedler für diesen Krieg verantwortlich, vielleicht aber auch jemand ganz anderer. So oder so, wir haben die Pflicht, es herauszufinden.«

       »Mit ‘wir’ meinst du sicher dich, oder?«

       »Du liest meine Gedanken«, versetzte der Oberst trocken.

       »Wer wird dich begleiten?«

       »Oberleutnant Tom Hardt.«

       »Natürlich, wer sonst!«

       Enno Rykher schaute seinen Ersten Offizier mehrere Sekunden mit einer Miene an, als wollte er etwas Ablehnendes erwidern, doch dann nickte er seine Zustimmung.

       5.

       »Äußerste Vorsicht, meine Herren«, kam die Stimme des Kommandanten aus den Audiogittern des Gleiters. »Beim geringsten Anzeichen einer Gefahr erwarte ich unverzügliche Rückkehr. Verstanden!«

       »Verstanden!«, kam Eli Janniks Replik. Der I. O. nickte seinem Piloten auffordernd zu. »Machen Sie voran, Tom. Ich will zum Diner wieder an Bord sein.«

       »Aye, Sir.« Hardts Hände lagen auf der Manuellsteuerung des Bootes. Er lenkte das gepanzerte Gefährt, das wie eine Polkalotte geformt war, in exakt fünfzig Metern Höhe über einer kaum als solche zu erkennenden Straße auf das ferne Zentrum der zerstörten Stadt zu. Sie lag zwischen einem Bergrücken, der die ehemalige Metropole einst gegen die westlichen Stürme abgeschirmt hatte, und einem breiten jetzt ausgetrockneten Flussbett. Nur an wenigen Stellen war noch sporadischer Pflanzenwuchs zu erkennen; er war verkümmert führte einen hoffnungslosen Kampf gegen die gefräßigen Wanderdünen, die aus der Wüste heraus die Stadtgrenzen berannten.

       Tom Hardt trug seinen Fremdwelt-Kampfanzug. Auch der I. O. hatte sich in diese schützende Montur gekleidet, die außer der Körperpanzerung und einigen besonderen Gimmicks auch über ein körpereigenes Stasisfeld verfügte, das seinen Träger gegen eine Vielzahl von Strahl- und Schusswaffen schützte und ihn zudem quasi unsichtbar machte, wenn man das entsprechende Funktion aktivierte.

       Der Oberleutnant zog den Gleiter etwas höher.

       Reihen von Bäumen hatte es hier einst gegeben. Auf beiden Seiten einer breiten Allee – vermutlich einst eine der Prachtstraßen in dieser Ansammlung urbanen Lebens – sowie in deren Mitte – standen jetzt noch die verkrümmten und zerfetzten Stümpfe. Bar jeglichen Blattwerks wirkten sie wie verknöcherte Finger, die anklagend nach dem Himmel griffen.

       »Sie muss schön gewesen sein, diese Stadt!«, murmelte Hardt, ungewohnt berührt von dem, was er sah.

       »Vor langer Zeit, ja«, stimmte ihm der I. O. zu.

       Noch immer glitten sie in einer Höhe von fünf Metern die zentrale Straße entlang, die einen leichten Bogen machte und auf einem ehemaligen Platz ihr Ende fand.

       »Gefahren?«, richtete der Pilot seine Anfrage an die Ortungszentrale des Forschungskreuzers.

       Hoch über dem Expeditionsgleiter stand die PENDORA und hielt ihn mit ihren Sensoren ständig erfasst. Beim geringsten Zeichen eines Risikos würde sie mit den Insassen in Verbindung treten und sie warnen.

       »Keine«, kam die Antwort vom Schiff. »Nur überall verstreute Echos von Energiesignaturen.«

       Hardt bestätigte. Der Gleiter beschrieb einen weiten Halbkreis und senkte sich dann auf die ebene Fläche herab.

       Die den Platz begrenzenden Gebäudefronten, längst zerstört, bildeten hochragende Wälle mit Öffnungen für Brücken, Rampen und Straßen, die hier sternförmig zusammenliefen.

       Aus der Luft hatte alles mehr Abstrakt ausgesehen, weniger eindringlich und kleiner dimensioniert. Jetzt sahen die Männer die Schäden und Zerstörungen weitaus deutlicher und intensiver. Es musste ein erbitterter Kampf um jeden Quadratmeter dieser Stadt stattgefunden haben. Es gab nicht eine Mauer, nicht ein Stück des Bodens, nicht eine Rampe oder Auffahrt, die nicht restlos von Einschlägen übersät war. Überall schwarze Brandflecken. Gestein war durch extreme Hitzeeinwirkung zerpulvert und verglast worden. Metallfetzen hingen zwischen Trägern und geborstenen, zerbeulten Platten. Aber es existierten keine Hinweise auf die Natur dieser Kriegshandlungen, die das alles hier verursacht haben mussten.

       Hin und wieder fielen Steinbrocken aus den maroden Fassaden und schlugen in den Schutt oder den Sand der sich unerbittlich ausbreitenden Dünen. Die Basis mancher Bauwerke waren zehn Meter hoch und noch mehr vom wandernden Sand verschluckt worden. Der leichte Wind trug den Geruch nach Moder und Asche mit sich.

       Dann kam über die Außenmikrofone von irgendwoher ein helles Summen.

       Tom Hardt betrachtete aufmerksam die Umgebung durch die Frontscheibe.

       Das Summen wurde lauter. Aggressiver.

       Noch meldete sich die PENDORA nicht.

       Also bestand keine unmittelbare Gefahr für sie beide.

       Der I. O. suchte durch die Kanzelverglasung den Himmel ab, um die Quelle dieses neuen Geräusches ausfindig zu machen.

       In der ansonsten lähmenden Stille der Trümmerstadt wirkte das Summen doppelt auffällig und drohend, denn es war das einzige wirklich laute Geräusch; es klang wie ein riesiges, metallenes Insekt.

       »Gefahr!«, meldete sich plötzlich der Forschungskreuzer aus seiner Höhe und gab eine exakte Ortsbestimmung: Eine Straßenschlucht zwischen den Ruinen, wie von einem Brennstrahl geschnitten.

       Der Gleiter nahm die Stelle in den Fokus: An der Einmündung befanden sich zwei Schutthalden, die von zertrümmerten Eckbauwerken stammten und die Straße bedeckten. Am tiefsten Punkt dieses Tales aus Schutt und zerborstenen Gebäuderesten schob sich eine wuchtige Maschine heran, deren fleckige Bemalung sich kaum von der sandbraunen Umgebung abhob. Sie sah auf progressive Weise martialisch aus.

       Die Stimme des Obersts klang scharf und akzentuiert: »Tarnschirm. Sofort!«

       Der Pilot regierte augenblicklich. Seine Hand schlug auf einen Kontakt.

       Zusammen mit den beiden Männern verschwand der Gleiter, als hätte er nie existiert. Die Augen der Insassen dieses Tanks dort drüben würden sie nicht mehr sehen können ohne entsprechende Spürgeräte, die sie mit Sicherheit nicht besaßen. Und falls doch, würde es zu spät für sie sein, sich gegen das zur Wehr zu setzen, was über sie hereinbrechen würde.

       Von diesem Koloss von Panzerfahrzeug ging das drohende Summen aus. Er hielt eine kurze Zeitspanne inne. Als sich die breiten Ketten der Maschine wieder bewegten, krachten die Schutt- und Mauerbrocken unter den gezackten Profilen. Über dem Panzerkoloss erhob sich eine graubraune Staubwolke. Die Antriebskette fasste wieder und schob den Giganten, der nicht weniger als zwanzig Meter lang war, vorwärts über das Geröll.

       »Hier haben wir einen Teil der georteten Energieechos«, sagte Hardt.

       »Zweifellos«, antwortete sein Vorgesetzter. »Und ebenso zweifellos wird sich die Energie entladen. Ich hoffe nur, dass es nicht in unsere Richtung geschieht!«

       »Kaum, er hat keine Kenntnis von uns«, erwiderte Tom Hardt. »Sehen Sie selbst, Sir!« Er wies in eine bestimmte Richtung.

       Janniks Blicke konzentrierte sich auf den metallenen Riesen, der querab vom getarnten Gleiter den Platz ansteuerte. Er schob sich über die letzten riesigen Brocken, zermalmte die Trümmer und rollte ins Freie. Das Rasseln und Klirren der voluminösen Antriebsketten erstickte alle sonstigen Geräusche. Als sich das gepanzerte Gefährt auf ebenem Grund befand und Fahrt aufnahm, sah die Crew des Gleiters, dass sich über dem flach gebauten, pontonförmigen Unterteil der Maschine eine halbsphärische Hauptkuppel wie eine Blase erhob, die rundum nur so von Waffenläufen und schüsselförmigen Antennen strotzte.

       Eli Jannik


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