Western Ferien Sammelban 9018 - 9 Romane um Gunfighter und Helden. Pete Hackett
ausgeruht. Ihnen tat ein scharfer Ritt direkt gut. Der Kerl auf dem Wagen schien weniger begeistert zu sein. Er drosch auf die armen Tiere ein, was die Peitsche hergab, und es war ein Wunder, dass das Gefährt nicht umstürzte. Oft genug setzte es auf nur zwei Rädern über das Geröll. Doch der Mann war ein geschickter Kutscher, der es immer wieder verstand, die höllische Fahrt abzufangen.
„Hast du schon mal einen Maisbauern gesehen, der es so eilig hatte?“, rief Chaco mir zu.
„Muss ’ne besondere Sorte sein.“
„Vermutlich handelt es sich eher um Bohnen. Und er hat auch gleich die Löffel mit den Eisenrohren dabei, mit denen man diese Bohnen durch die Gegend blasen kann.“
Der Kerl drehte sich immer wieder nach uns um. Seine wilden Anfeuerungsschreie gellten bis zu uns herüber. Doch er konnte nicht verhindern, dass wir uns unaufhaltsam näherten und ihn schließlich ganz einholten.
Da riss er sein Gewehr unter dem Bock hervor, während er den Pferden die Zügel überließ.
Wir nahmen den Wagen in die Mitte. Chaco erreichte die Pferde als Erster. Der Bursche riss das Gewehr hoch, aber im selben Augenblick sprang ich aus dem Sattel direkt neben ihn auf den Bock. Der Schuss donnerte in den Morgenhimmel. Dann flog der Schießprügel in hohem Bogen davon.
Während Chaco das aufgeregte Gespann zum Stehen brachte und beruhigend auf die schweißnassen Tiere einredete, kümmerte ich mich um den Mann, aber keineswegs beruhigend.
Er spuckte Gift und Galle, was mich nicht daran hinderte, die Plane vom Wagen zu reißen.
Enttäuscht blickte ich auf die leere Ladefläche. Nicht die Spur von den bewussten Kisten war zu sehen. Ich stieß dem Kutscher meinen Revolver in den Magen, und der eben noch so Dreiste wurde plötzlich ziemlich kleinlaut. Er zitterte am ganzen Körper.
„Um Himmels willen, Mister“, bat er, „Sie werden mich doch nicht erschießen? Sie sehen ja, dass ich nichts geladen habe, was Sie gebrauchen könnten. Mein Wagen ist leer, und er gehört mir nicht mal.“
„So, so! Demnach hast du ihn gestohlen.“
„Was trauen Sie mir zu?“
„Was traut man einem Mann zu, der beim Anblick zweier Reiter eine halsbrecherische Flucht ergreift? Jedenfalls kein gutes Gewissen. Heraus mit der Sprache! Woher hast du den Wagen?“
Der Bursche war kläglich anzusehen. Anscheinend hatte er da eine Sache übernommen, der er nicht gewachsen war.
„Ich habe immer nur Pech“, jammerte er. „Erst verliere ich in Black Tank meinen Job, und wenn ich dann endlich mal ein paar Dollar verdienen kann, gerate ich ausgerechnet an Banditen.“
Ich stieß ein bisschen fester mit dem Revolver zu.
„Damit meinst du hoffentlich nicht uns. Aus Black Tank bist du also?“
„Ja. Ich war dort Stallknecht, aber zur Zeit bin ich arbeitslos. Die Zeiten sind schlecht und ...“
„Deine Lebensgeschichte kannst du dir sparen. Woher stammt der Wagen?“
Auch Chaco stand nun neben mir. Der Kutscher sah ihn hilflos an, merkte aber gleich, dass auch er nicht freundlicher zu ihm sein würde.
„Ich kenne den Mann nicht“, beteuerte er. „Er hatte schwarze Haare. Nach seinem Namen habe ich ihn nicht gefragt. Er verlangte von mir, dass ich diesen Wagen nach Hawk Spring bringe.“
„Hawk Spring? Das liegt im Westen.“
„Stimmt, Mister! Ich sollte ihn dort irgendwo einfach stehenlassen und wieder zurückkehren.“
„Und du warst natürlich sofort damit einverstanden und hast dich kein bisschen gewundert.“
Der Kutscher wand sich.
„Ich sagte Ihnen doch, dass ich keinen Job habe. Für fünfzig Dollar hätte ich den Karren noch ganz woanders hingeschafft. Unsereins will schließlich auch leben.“
Dieses Recht wollten wir ihm nicht absprechen. Was er sagte, klang glaubhaft. Die Waffenhändler waren noch gerissener, als wir befürchtet hatten. Black Tank war eine Bahnstation an der Linie, die nach Süden führte, bevor sie dann nach Südwesten abbog.
Jetzt war alles klar. Die Kisten, die wir in dem Wagen unter der Plane erwartet hatten, rollten vermutlich längst in einem Eisenbahnwaggon ihrem Bestimmungsort entgegen. Wir waren einer falschen Spur gefolgt, die dieser Ben Hillary absichtlich gelegt hatte, um Zeit zu gewinnen und eventuelle Verfolger zu täuschen. Das war ihm auch gelungen. Der Bursche, dessen Weg ich schon in Rains gekreuzt hatte, ohne ihn selbst gesehen zu haben, musste ein ganz gerissener Fuchs sein. Aber das war in diesem schmutzigen Geschäft auch nötig. Nur die Ausgekochtesten hatten Erfolg.
Der schlotternde Stallknecht hatte sicher gewusst, dass er bei einer krummen Sache mitwirkte, aber mit dem Waffenhandel hatte er bestimmt nichts zu tun. Sicherheitshalber entfernte ich die Patronen aus seinem Gewehr, obwohl ich ihm keine Hinterlist mehr zutraute, und ließ ihn laufen.
Ihm war anzusehen, dass er sich über diese unerwartete Wende fast mehr freute als über die fünfzig Dollar, die er bei dem Geschäft hatte kassieren können.
„Was nun?“, fragte Chaco.
Ich hatte mir inzwischen darüber den Kopf zerbrochen. Wenn uns die Banditen auch zunächst entwischt waren, so war doch noch nicht alles verloren.
„Der Zug fährt jede Woche zweimal nach Yuma“, sagte ich nachdenklich. Er hat in Phoenix einen etwas längeren Aufenthalt, weil es immer eine Zeitlang dauert, bis alle Packwagen beladen sind. Vermutlich fährt er an diesem Morgen aus Black Tank weg.“
„Wahrscheinlich ist er schon unterwegs.“
„Das ist möglich. Trotzdem könnten wir Phoenix erreichen, bevor er dort wieder weiterfährt.“
Chaco zog zweifelnd die Stirn in Falten.
„Das wird knapp.“
„Mag schon sein! Aber mit unseren Rennern müssten wir es schaffen. Sie sind frisch. Wir werden weder sie noch uns schonen. Es muss einfach klappen. Außerdem läuft uns in Phoenix wahrscheinlich auch Slinger in die Hände.“
Chacos Zuversicht wuchs, als er diesen Namen hörte.
„Dieser Strolch!“, stieß er hervor. „Natürlich wird er auch dorthin unterwegs sein. Das ist klar. Du hast mich überzeugt, Amigo. Einen Versuch ist es jedenfalls wert.“
Wir saßen bereits wieder im Sattel, bereit, alle Energien für den bevorstehenden Gewaltritt einzusetzen. Ich bewunderte Chaco. Er ließ keine Anzeichen von Schmerzen mehr erkennen. Er war ein Jäger. Genau wie ich. Und wir ritten für das Recht, fest entschlossen, es auch diesmal zu verteidigen. Das Geröll spritzte unter den Hufen davon. Während der folgenden Stunden sprachen wir kaum noch ein Wort.
6
Die Männer standen beieinander, während sich die Frauen in ihren einfachen Kleidern um die Kinder kümmerten. Maja, die junge und doch schon so abgearbeitete Frau von Carlo Janos, fütterte den kleinen Mano. Er schmatzte zufrieden, und die Mutter versuchte, glücklich zu sein.
Nein, zu hungern brauchten sie nun vorläufig nicht mehr. Carlo und die anderen Männer hatten dafür gesorgt, dass sie alle satt wurden. Aber mit welchen Mitteln? Sie waren zu Plünderern geworden. Dabei hatten sie immer das Gesetz respektiert, selbst wenn es ihnen auch noch so unmenschlich erschien.
Sie hatten sogar dem blutsaugenden Gouverneur gehorcht und hätten ihre Heimat sicher nie verlassen, wenn sie nicht vor dessen mordenden Pistoleros hätten flüchten müssen.
Jetzt befanden sie sich auf fremdem Boden und müssten sich wieder verstecken. Das waren schlechte Voraussetzungen zum Glücklichsein.
Bolo Montana, der große, melancholische Campesino, dachte wie die meisten seiner Gefährten, und er sprach