Kurze Morde, kurzer Prozess: Krimisammlung. Alfred Bekker

Kurze Morde, kurzer Prozess: Krimisammlung - Alfred Bekker


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erklärte er lächelnd, „auch Einfältige, so begrenzt ihr Horizont nun einmal ist, haben ihre eigene Logik. Ich schrieb vor ein paar Tagen eine Lehrstelle für Totengräber aus, weil ich langsam an meine Pensionierung denken muss. Es meldeten sich fünf Leute, darunter Earl Warren, der schon immer gern eine einfache Arbeit gehabt hätte. Ich wollte keinen bevorzugen und hieß deshalb, in einer Woche zu einer kleinen Prüfung wiederzukommen. Wer mit dem größten Geschick ein Grab ausschaufeln kann, wir die Stelle bekommen. Anscheinend muss sich Earl das sehr zu Herzen genommen haben, und als seine Mutter samt Schwester nach Texas runtergefahren sind – Mrs. Warren hat mich am Telefon darüber informiert - , hat er wohl die Gelegenheit wahrgenommen, um zu üben!“

      „Dann sind alle fünf Gräber leer?“

      „Das ist wohl anzunehmen, Officers. Ich glaube nicht, dass Earl jemanden töten könnte. Warum auch? Vermutlich ist er glücklicher als wir alle.“

      Kein Mord in Bailer City! Der Traum vom großen Knüller war geplatzt wie eine Seifenblase.

      In der Nacht darauf, so gegen elf, schaute Doug kurz bei Earl herein. Al wartete draußen im Wagen.

      „Ich wollte Ihnen nur sagen, Earl, dass der Sheriff jetzt, wo alles geklärt ist, nichts mehr dagegen hat, wenn Sie 'n bisschen buddeln, um noch zu üben. Nur die Nachbarn sollten's halt nicht merken.“

      „Das is aber mächtig nett von Ihnen“, strahlte Earl übers ganze Gesicht.

      Als Doug durch den Garten zurück ging, dachte er wieder an die Kegelabende seiner Kollegen. Und dabei automatisch an seine Maggie, die ihm selbst diese bescheidene Freude vermieste. Schließlich landeten seine Gedanken wieder bei dem verrückten Grabschaufler – wer wusste, ob man den nicht einmal brauchen könnte...!

      ENDE

      2020NureinkleinerMordvonReinerFrankHornig

      „Watson, das Spiel beginnt!“

      von Reiner Frank Hornig

      Nur wenig ist über die geheimen Leidenschaften meines Freundes Sherlock Holmes bekannt. Dieser hatte mich nie gebeten, unsere gemeinsamen Abenteuer, über die ich in regelmäßigen Abständen berichtete, vorab lesen zu dürfen. Bestimmte Indiskretionen habe ich bislang immer zurück behalten, aber nach dem Tode meines großen Freundes glaube ich, hie und da jetzt eine Ausnahme machen zu dürfen.

      Es war im Jahre ‘92, wenn ich mich recht erinnere. Während es ganzen Vormittags hatte Holmes auf seiner Stradivari herumgekratzt und dabei nur wenig zu unserer Konversation beigetragen. Er war dabei, eine Hommage an Mrs. Hudson, unsere Haushälterin (die alte liebenswürdige Seele möge es ihm verzeihen!), zu komponieren.

      Mit einem Male vernahmen wir ein Klopfen an der Tür, und ein recht junger Bote überbrachte uns ein Telegramm. Mein Freund las den Inhalt aufmerksam, jedoch ohne irgendeinen Kommentar darüber abzugeben. Dann schritt er zum Kamin und warf das zerknüllte Dokument in die lodernden Flammen.

      Auf meine Fragen hin hüllte er sich in Schweigen. Doch mit Sicherheit war der Inhalt dieses Telegramms der Grund dafür, dass wir uns hastig in Schale warfen und nur wenig später in einem Einspänner in Richtung South Norwood galoppierten.

      Nachdem wir in die Ross Road eingebogen waren, gab Holmes dem Kutscher ein fürstliches Trinkgeld, noch bevor dieser das Gefährt zum Stillstand gebracht hatte.

      Während unserer hastigen Fahrt durch den milden Frühlingsmorgen verlor Holmes nur wenige Worte und murmelte etwas von einer persönlichen Fehde mit einem alten Erzfeind und langjährigem Gegner. Zugleich versicherte er mir, dass dieser Erzfeind in schon wenigen Minuten einen herben Rückschlag erleiden würde.

      Während wir unseren Weg durch die dichte Menschenmenge bahnten, die sich auf den Trottoirs der bekannten Einkaufstraße drängten, fragte ich mich immer wieder, was mein schweigsamer Freund eigentlich zum Ziel hatte. Ich war gerade zu dem Schluss gekommen, dass Holmes wohl nicht seinen alten Gegner Professor Moriarty gemeint haben konnte, weil es ihm ja niemals in den Sinn gekommen wäre, zu kichern, wenn von diesem die Rede war, als wir soeben eine schlanke Gestalt mit flachsblondem Haar überholten.

      „Ho, Holmes, das war Inspector Gregson!“ rief ich außer Atem, doch Holmes zeigte sich ob dieser Begegnung keineswegs überrascht.

      „Schnell, Watson, schnell!“ rief er mir zu. „Diesmal darf er uns nicht wieder zuvor kommen!“

      Noch im Laufen beobachtete ich, wie mein Freund einen kleinen Gegenstand aus seiner Tasche zog, doch leider konnte ich in der Eile nicht erkennen, um was es sich handelte. In diesem Augenblick hielten wir vor einem mit grellroter Farbe bemalten Türeingang eines nicht gerade einen guten Eindruck erweckenden Hauses an. Offensichtlich hatten Holmes und ich unser Ziel gerade erreicht.

      Gerade hatte uns Gregson eingeholt und schien darüber nicht sehr erfreut.

      Mit einer sichtlich kindlichen Miene auf seinem hageren Raubvogelgesicht war Sherlock Holmes in die zweifelhaften Hallen eingetreten, über deren Türbogen ein Banner mit der Aufschrift ‚Neueröffnung‘ flatterte.

      Gerade warf er eine Münze in den Schlitz eines der zahlreichen einarmigen Banditen ein, dessen stimmungsvolle Bemalung ein Stelldichein zwischen Gaunern und Polizisten darstellte.

      Holmes drehte sich zu uns herum, und seine Augen leuchteten dabei euphorisch.

      Noch immer leicht außer Atem flüsterte er mir aufgeregt zu:

      „Watson, das Spiel beginnt!“

       ENDE

      Wer gräbt schon nachts in seinem Garten

      Reiner Frank Hornig

      Hätte ich vorauszuahnen vermocht, was so alles dazwischen kommen kann, während man den Liebhaber seiner Ehefrau nachts im Garten vergräbt, dann hätte ich mir doch lieber die Mühe gemacht, den Verblichenen im Kofferraum meines Wagens zum Fluss hinunterzuschaffen.

      So aber hatte ich mir gedacht, dass der naheliegendste Platz gleich auch die naheliegendste Lösung sei. Und hier wiederum schien mir, um keine verräterischen Spuren zu hinterlassen, eine Grube tief unter unserem Komposthaufen der richtige Ort, um die Leiche für immer verschwinden zu lassen.

      Der Schweiß brach mir aus, während ich schaufelte, denn die Sache ließ mich trotz allem nicht kalt.

      Und von Zeit zu Zeit musste ich eine Verschnaufpause einlegen, um mir das Wasser von der Stirn zu wischen.

      Es war gut, dass ich für diese nächtliche Arbeit die Kleidung gewechselt hatte, und meine alten Gartenstiefel trieben den Spaten doch mit mehr Wucht in den Boden als meine Halbschuhe.

      Merkwürdig, ich musste beim Graben daran denken, wie friedlich es in unserem Garten immer gewesen war wie ein kleines Paradies, mit Singvögeln, Eichhörnchen, Mäusen und Schwärmen von Insekten, ja, bis eben dieser Schuft in mein Revier eindrang, das Paradies zerstörte und die Unerfahrenheit meiner armen Annie ebenso schamlos ausgenutzt hat wie meine häufige Abwesenheit als Handelsvertreter. Ingrimmig stieß ich den Spaten erneut in die Erde.

      Wenn dieser Ehebrecher, dessen Namen ich nicht einmal wusste, endlich tief und für immer unter der Erde liegen würde, dann war alles gut und hatte endlich seine Ordnung wieder zurückgefunden.

      Gleich morgen, so sagte ich mir, werde ich mir einen anderen Job suchen, eine Arbeit, wo ich abends und an den Wochenenden zu Hause sein kann, eine Tätigkeit, wo ich und die arme reizende Annie wieder mehr Zeit füreinander haben werden. Dies schwor ich mir bei meiner Liebe zu ihr und den achtzig Zentimetern, die ich schon gegraben hatte.

      Zufrieden trieb ich den Spaten immer tiefer und tiefer..

      „Sie haben ihn also umgebracht, Mr. Hornig!“ sagte da plötzlich eine Stimme hinter mir. Ich fuhr zusammen, von einem riesigen Schreck eiskalt gepackt. Der Spaten polterte dumpf in die dunkle Grube hinab, und mir war, als wollte mein Herz zu schlagen aufhören. Endlich hatte ich mich gefasst und drehte mich in der


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