Spuren am Bali Strand. Stefani Kang
Schmuck und Kultstücke, aber auch ein mannigfaltiges Angebot an modernem Design verkaufen. Balinesen sind sehr künstlerisch veranlagt, haben aber auch einen Sinn für das Geschäftliche, das heißt, sie sind flexibel genug, um auf die Wünsche ihrer Kunden einzugehen. Dies ist der Hauptgrund, warum ihre Geschäfte über viele Jahre existieren, und dem Ort Reichtum geschenkt hat.
Sie lacht mit den Silberschmiedehandwerkern, die nebenan ihrer Arbeit nachgehen. Die fingerfertigen Künstler sitzen auf dem Boden und fabrizieren die wunderschönsten filigranen Schmuckstücke an, immer einen Kaffee mit viel Zucker auf der Seite, und eine Zigarette im Mundwinkel.
„Es ist spät geworden, hab‘nen tierischen Hunger“, denkt Ellen, als sie sich endlich auf den Heimweg machen will. Sie zieht sich Lederjacke und Helm über, und mit einem automatischen Griff in ihre Tasche holt sie ihr Handy heraus, um schnell noch ihre Nachrichten zu checken.
„Merkwürdig, dass keine Nachricht von Britta dabei ist, hätte doch gedacht, dass sie sich meldet, und sich für die verpatzte Verabredung entschuldigt. So was aber auch”, nun gut, jetzt erstmal zurück in Richtung Canggu. Die Hauptstraße entlang zu fahren ist wahrhaftig kein Zuckerschlecken.
Dennoch ist es ein Genuss ab und an die Reisfelder rechts und links zur Straße zu sehen, die wenigen die noch geblieben sind, hier im stark bevölkerten Teil der Insel. Es ist Hauptverkehrszeit, die Straßen sind besonders überfüllt. Sie unterbricht ihre Fahrt auf der Gatsu, dort wo es so viele kleine Essensstände gibt. Sie hält genau vor ihrem „Sate ayam“ Stand an. Hier gibt es köstliche Hühnerfleischspießchen vom Grill. Ellen gönnt sich ein verspätetes Mittagsessen auf die Schnelle.
Eigentlich ist Ellen ja schon lange Vegetarierin, aber dem Duft der Erdnusssoße zusammen mit den gegrillten Hühnerfleischspießchen, kann sie manchmal dann doch nicht widerstehen, vor allem dann nicht, wenn der Magen knurrt.
Sie sitzt auf der Holzbank und bekommt auch schon ihre Spießchen auf einem Bananenblatt serviert, dazu ein Limonen Wasser auf Eis. Der Verkäufer kennt sie schon und sagt lächelnd: „Selamat makan, Miss Ellen”
Sie hält sich nicht allzu lange auf, denn zum Sonnenuntergang will sie wieder am Strand sein. Ihr Feierabend ist ihr heilig. Sie trinkt den letzten Schluck aus ihrem Glas, zahlt und sagt:“Terima kasih, Pak.
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Das Bali Haus
Zu Haus in Batubelig angekommen, springt Ellen unter die Dusche, wenn man das so sagen darf. Die Dusche ist ein weiß gekacheltes Becken, mit circa 60 x 60 cm Grundfläche, und ist etwa 80 cm hoch. Das Wasser darin hat “Zimmertemperatur”, also ist weder warm noch kalt. An der weiß gekachelten Wand hängt eine hübsche Kokosnusskelle, mit der man sich das Wasser aus der Wanne schöpft, und über den Körper gießt. Das Ganze nennt man ein „Mandi”. Dies ist die traditionelle Form des Duschens auf Bali.
Wenn man noch am Nachmittag duscht, wie die Einheimischen, ist es sehr erfrischend und gesund. Duscht man aber abends, ist das Wasser zu kühl und man bekommt „masuk angin”, mit anderen Worten, man wird krank, sagt Made(ausgesprochen mit der Betonung auf e), Ellens Perle.
Ellen ist glücklich mit ihrem Mandi, welches von einem eigenen, kleinen Garten umgeben ist. Die mit Farnen und Orchideen bewachsene Natursteinwand, schirmt vor neugierigen Blicken, und bietet Ellen einen wunderschönen Anblick, wenn sie auf dem Klo sitzt.
Ellens Haus liegt idyllisch in den Reisfeldern, inmitten eines tropischen Gartens, umgeben von Palmen, Hibiskusund Bananenstauden. Ein schmaler, gebogener Kiesweg führt zur Terrasse des Hauses. Es ist ein altes Haus. Ellen hatte es vor vielen Jahren gepachtet. Dieses Haus hat noch keinen modernen Schnickschnack, so wie es die Villen in ihrer Nachbarschaft heute haben. Materieller Luxus ist etwas, das Ellen nie vermisst hat.
Ihr Wohnzimmer und die Küche sind auf einer Fläche von etwa 45 qm untergebracht, mit einer abschließenden Wand jeweils nach Westen und Süden. Die anderen beiden Seiten sind offen, und nur verschließbar mit einem Bambusrollo, das man nur benutzt, wenn es regnet. Eine kleine Treppe führt an ihrem Badezimmer vorbei nach oben, wo auf einer Holzbalkendecke das Schlafzimmer untergebracht ist.
Der obere Stock ist ihr Privatbereich, dort sind auch Glasfenster eingebaut, und es gibt eine abschließbare Tür. So ist für ihre Sicherheit einigermaßen gesorgt.
Das Ganze ist überdacht mit einem wunderbaren „Alang alang” Dach, also strohgedeckt. Es ermöglicht eine angenehme Raumtemperatur, so dass eine Klimaanlage nicht notwendig ist. Die Oberlichter sind nicht verglast. Sie sind mit einem geschnitzten Gitterwerk versehen, welches vor unliebsamen Eindringlingen schützt, und trotzdem eine ausreichende Querbelüftung garantiert.
Ellen hält sich am liebsten hier oben auf. Von hier hat man einen recht hübschen Blick über die Reisfelder.
Ganz im Hintergrund und an klaren Tagen kann man den heiligen Berg, Gunung A-gung, sehen. Das ist spektakulär.
Ganz früher, in den ersten 5 Jahren ihres Bali Daseins, hatte sie in Legian gelebt, in einem kleinen Losmen-Zimmer, das sind Fremdenzimmer innerhalb eines Familienkomplexes. Als sich die Möglichkeit auftat, dieses kleine, hübsche Häuschen für 30 Jahre zu mieten, hatte sie sofort zugegriffen.
Batubelig war zu jener Zeit weit ab von der Welt und daher erschwinglich. Heute ist das anders. Es gehört zu den beliebtesten und teuersten Gegenden in Bali.
Ein weiterer Grund für Ellen nach Batubelig zu ziehen war , die Nähe des Strandes und trotzdem einige Freunde in der Nachbarschaft zu wissen.
Ihr Wohnzimmer besteht aus einem dekorativem, übergroßem Bambussofa mit blaugrünen Kissen. Dicke Sitzpolster in den gleichen Farbtönen liegen drum herum, alles zusammen auf einer filigranen Rotanmatte platziert. Als Tisch dient eine quadratische Glasplatte, die auf geschnitzten, gigantischen Holzfrüchten liegt. Eine Mangga, eine Durian, eine Manggis und eine Ananas. Dies alles ist schon recht alt. Sie hat die Möbel seinerzeit in der Galerie Ikat erworben. Ein Laden für Inneneinrichtungen, der mit Möbeln, traditionell gewebten Stoffen und allerlei schönen Dingen handelte.
Auf dem Glastisch steht eine übergroße Tonschale mit Blüten aus dem Garten. Made, ihre „Pembantu”, auf Deutsch Haushaltshilfe, und ihr Ehemann Wayan, halten Haus und den Garten top fit, erledigen Einkäufe und Besorgungen oder auch kleinere Reparaturen. Sie sind Gold wert. Ohne die beiden wäre das Leben in Bali halb so idyllisch.
Made ist auch Ellens steter Berater in Sachen Benimm und Umgangsformen. Made gibt immer wertvolle Tipps, wie man sich auf Bali zu verhalten hat. Ellen ist froh, dieses Backgroundwissen von ihr zu bekommen, denn sie sieht immer wieder wie einige Ausländer, die diese Informationen wohl nicht erhalten, anecken und dadurch Spannungen mit den Balinesen erzeugen.
In ihrem Haus wurden früher oft ausgiebige Partys gefeiert, heute bedeutend weniger. Man merkt jetzt doch, dass alle Freunde gealtert und die wilden Hippiezeiten vorbei sind. Heute trifft man sich eher gemäßigt in einem der unzähligen Lokalitäten der Gastronomie.
Das Handy klingelt, sie vermutet es ist der Silberschmuckproduzent, der ihr mitteilen will, dass sie ihren Ordner in Celuk vergessen hat. Sie schaut auf das Display, aber es ist Dieter, der alte Freund, den sie zufällig nach langer Zeit wiedergetroffen hat.„Hi Dieter, wie schön, dass du dich meldest, was gibt’s?”
„Hallo Ellen, hast Du schon gehört? Man hat heute Morgen am Strand eine Leiche gefunden. Es handelt sich um eine deutsche Frau. Eine Frau mit orangeroten Haaren.”
Ellen wird ganz blass, und setzt sich erstmal. Ihr Mund ist trocken. Langsam spricht sie in ihr Handy:
„Dieter, ich fürchte ich kenne diese Frau. Ich habe sie Sonntag am Balangan Beach kennengelernt. Hast Du sie nicht auch gesehen? Wir sollten uns treffen, bitte.
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Die Aussage
Keine 10 Minuten später, kommt Ellen an ihrem Warong an. Sie hängt lässig ihren Helm über den Spiegel, wie es hier alle tun, und betritt die kleine Bambushütte. Dieter sitzt schon da mit einem kühlen Bintang in der Hand.
Sie ist ein wenig aufgeregt, eigentlich hatte sie sich