Ohne Ziel passiert nicht viel!. Friedhelm Sommerland
du also darüber gelernt hast, wie man Pläne erarbeitet. Deshalb machen wir an dieser Stelle einen kleinen Exkurs in den Bereich der Kindererziehung:
Eine der wirkungsvollsten Möglichkeiten, etwas zu lernen, hat uns die Evolution mit auf den Weg gegeben. Schon seit Hunderttausenden von Jahren lernen die Menschen sehr effektiv und ganz direkt von ihren Vorfahren, also vor allem von ihren Eltern, indem sie das nachahmen, was ihnen vorgemacht wird.
Wie gut das funktioniert, kannst du bei kleinen Kindern beobachten. Wenn du ihnen einen Ball zeigst und ihn danach wegwirfst, wird es nicht lange dauern, bis das Kind den Ball nimmt und ebenfalls wegwirft.
Dieses sogenannte Nachahmungs- oder Modelllernen ermöglichte es uns Menschen, in sehr kurzer Zeit sehr viele Informationen aufzunehmen. Allerdings reichte es selten, das Gesehene nur ein einziges Mal nachzuahmen. Wir mussten es öfter tun, bis wir es genauso gut konnten wie unsere Eltern. Alles, was du heute gut kannst, hast du irgendwann in deinem Leben bei anderen gesehen und dann längere Zeit geübt. Auch Ziele zu setzen, kannst und solltest du üben.
Albert Bandura hat das Lernen am Modell wissenschaftlich beschrieben. Es funktioniert perfekt, so perfekt, dass wir als Nachkommen nicht nur die guten und zielführenden Strategien und Verhaltensweisen unserer Ahnen und Eltern übernehmen, also kopieren, sondern dummerweise auch viele problematische Strategien und zum Teil überaus unsinnige Verhaltensweisen.
Als Kinder glaubten wir noch, dass die Erwachsenen fehlerfrei wären. Deshalb haben wir ihnen blind vertraut und das gleiche getan wie sie. Doch leider waren die liebevollste Mutter oder der großartigste Vater und auch andere Vorbilder selten fehlerfrei. Da wir dies aber nicht einschätzen konnten, haben wir jedes Verhalten, jede Strategie, sogar Mimik und Gestik völlig unkritisch ganz exakt übernommen. Datensatz für Datensatz, Bit für Bit, ohne irgendetwas zu bewerten, haben wir alles nachgeahmt. Als wir anfingen, unseren eigenen Kopf zu benutzen und darüber nachzudenken, ob das eigentlich alles so o. k. war, was uns unsere Eltern und die anderen Erwachsenen vorgemacht haben, war es schon passiert. Wir waren zu diesem Zeitpunkt bereits eine ziemlich originalgetreue Kopie unseres sozialen Umfeldes und insbesondere unserer Eltern oder – genauer gesagt – beider Elternteile. Das betrifft nicht nur deine genetische Herkunft, sondern ganz besonders auch deine persönlichen Handlungsweisen, deine Ansichten und den Plan, dem du folgst. Das wird dir, je älter du wirst, immer bewusster, auch wenn du es wirklich nicht wollen solltest.
Dass nicht alle Verhaltensweisen deiner Eltern es wert waren, kopiert zu werden, erkennst du an einem einfachen Beispiel. Vielleicht haben dich deine Eltern schon als kleines Kind für Fehler oder unerwünschte Verhaltensweisen sehr hart bestraft oder sogar geschlagen. War es sinnvoll und lohnenswert, sich dieses Verhalten einzuprägen und bei späterer Gelegenheit bei der eigenen Kindererziehung nachzuahmen? Wohl kaum, denn kein kleines Kind kann einen so großen Fehler begangen haben, dass es hätte geschlagen werden sollen. Erwachsene, die so etwas tun, haben in ihrem Leben noch nie darüber nachgedacht, was sie da eigentlich anrichten. Sie handeln aus dem Affekt heraus, also auf einer unbewussten Ebene. Erfreulicherweise ist ein solches Verhalten in unserer heutigen deutschen Rechtsordnung zu einer Straftat erklärt worden.
Ganz davon abgesehen: Kinder können auf diese Weise gar nicht erzogen, sondern nur verängstigt und traumatisiert werden. Und auch der angeblich so harmlose Klaps auf den Po ist schon ein dummer und nutzloser Übergriff, der sich als belastende Erfahrung in deinem Gedächtnis eingegraben haben könnte. Eltern sollten sich immer darüber im Klaren sein, dass ihre Kinder nichts, überhaupt nichts, vergessen, ebenso wie auch die Eltern selbst nichts von dem vergessen haben, was ihnen angetan wurde. Das einzige, was ein Kind auf diese Weise lernt, ist, dass man sich so verhält, wenn man wütend ist. Und wenn das Kind nicht auch andere Vorbilder hat oder auf andere Weise lernt, dass körperliche Gewalt stets ein verhängnisvoller Irrweg ist, wird es seine eigenen Kinder aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls auf diese unsinnige Weise erziehen. Die problematischen Verhaltensweisen der Eltern werden also unbewusst übernommen.
Ich bitte dich jetzt aber, und das ist für deine weitere Persönlichkeitsentwicklung möglicherweise sehr wichtig, deine Eltern, falls sie dich sehr autoritär und sogar mit körperlicher Gewalt erzogen haben sollten, nicht pauschal zu verurteilen, sondern ihnen ihre Fehler und Unzulänglichkeiten zu vergeben. Ich weiß, dass das sehr schwer sein kann. Das soll keine generelle Entlastung der Menschen sein, die dir Schmerz zugefügt haben. Natürlich kannst und musst du dich kritisch mit diesen Personen auseinandersetzen. Ich möchte lediglich klarmachen, dass es für deine eigene Persönlichkeitsentwicklung viel wertvoller ist, wenn du lernst, das Verhalten dieser Menschen auf einer höheren Ebene zu verstehen. Danach kannst du beginnen, dich selbst zu reflektieren und zu formen. Inneren Frieden findest du erst, wenn du vergibst und akzeptierst, dass Menschen immer, wirklich immer, das Beste von dem tun, was ihnen in der jeweiligen Situation zur Verfügung steht. Wenn sie die Wahl gehabt hätten, besser oder klüger zu handeln, hätten sie es getan. Denn so ist der Mensch programmiert. Er tut immer das, was er im Augenblick für das Beste hält. Er kann gar nicht anders.
Umgangssprachlich sagt man, jeder springt so hoch er kann. Das geht auf eine Beobachtung zurück, die Pädagogen im Umgang mit kleinen Kindern gemacht haben. Wenn Kinder in der Gruppe aufgefordert werden, so hoch zu springen, wie sie können, geben sie tatsächlich alle ihr Bestes. Kein Kind springt absichtlich nicht so hoch, wie es kann.
Wenn sich also herausstellt, dass ein Mensch einen Fehler begangen hat, dann kann es dir helfen, dir vor Augen zu führen, dass er aus seiner subjektiven Sicht keine andere Wahl hatte. Es war eben sein Irrtum. Aber das wusste diese Person zu diesem Zeitpunkt nicht. Das soll nicht heißen, dass dieser Mensch für seine Handlungen keine Verantwortung übernehmen müsste. Sondern es bedeutet, dass du deinen Frieden nicht finden kannst, wenn du nicht loslässt und anderen ihre Fehler vergibst. Wenn du es schaffst, eine solche innere Haltung einzunehmen, wirst du weniger Zeit damit vergeuden, andere Menschen, einschließlich derjenigen, die dir Schmerzen zugefügt und fehlerhafte Strategien und Verhaltensweisen beigebracht haben, zu be- oder zu verurteilen. Die so gewonnene Energie wirst du dafür nutzen können herauszufinden, welche problematischen Verhaltensweisen du ungewollt übernommen hast, um dich dann selbst positiv zu verändern und deine eigenen Ziele effektiver zu erreichen.
Mit diesem kleinen Exkurs in den Bereich der Kindererziehung wollte ich dir zeigen, dass du sowohl die guten und hilfreichen, aber auch die problematischen Strategien und Verhaltensweisen der Erwachsenen mitkopiert hast. Ihre Vorstellungen, Sehnsüchte, Ansichten und Handlungen sind also ganz automatisch und zwangsläufig ein entscheidender Bestandteil deines eigenen Planes vom Leben und vom Glück geworden und davon, was du für dich selbst für möglich hältst und wie du versuchst, das zu erreichen.
Wenn du dir Ziele setzt, kann es also passieren, dass du unbewusst den Strategien und überlieferten Vorstellungen deiner Eltern und anderer Menschen folgst und deren Verhaltensweisen nachahmst, ohne es zu bemerken. Manchmal ist es aber notwendig, althergebrachte Denkmuster zu durchbrechen. Befreie dich von ihnen.
Deinen inneren Schweinehund kannst du als deinen inneren Wächter, also einen Verbündeten betrachten, der ganz genau weiß, was du eigentlich willst, was also deine eigenen Ziele sind und was dir wirklich entspricht. Er wird vor allem dann aktiv, wenn du etwas tust, was eigentlich nicht zu dir passt, was du nicht wirklich willst und was nicht deinen tiefen inneren Wünschen entspricht. Im nächsten Kapitel kommen wir auf dieses Thema zurück.
Selbstreflexion bedeutet, dass du dich selbst spiegelst, also im übertragenen Sinne im Spiegel betrachtest. Nimm das ruhig wörtlich. Es geht darum, dich selbst ganz genau zu überprüfen und Schritt für Schritt deinen eigenen Weg zu finden. Das kann ein wirklich umfangreicher, manchmal langwieriger und im Grunde nie endender Prozess sein. Weil ich möchte, dass du dabei zügig vorankommst, schreibe ich dieses Buch. Und tatsächlich kannst du es schneller und effektiver schaffen, deinen eigenen Lebensplan mit den dazu passenden und wertvollen Lebenszielen zu entwickeln, wenn du auf einige Dinge genau achtgibst.
Sofern du allerdings alles, was dir von anderen vorgemacht und beigebracht wurde, großartig findest, wird es dir wahrscheinlich sehr gut gehen und dein innerer Schweinehund wird sich nur selten bei dir melden. In diesem Fall hast du großes