Freiheit in Grenzen - Themen und Fallbeispiele zur Stärkung elterlicher Erziehungskompetenzen für Eltern mit Kindern im Grundschulalter. Klaus A. Schneewind

Freiheit in Grenzen - Themen und Fallbeispiele zur Stärkung  elterlicher Erziehungskompetenzen für Eltern mit Kindern im Grundschulalter - Klaus A. Schneewind


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Themen:

      1. „Nach Hause kommen oder `Wo warst du so lange?`“

      2. „Aufräumen oder `So ein Saustall!`“

      3. „Geschwisterstreit oder `Das ist meins!`“

      4. „Supermarkt“ oder `Kann ich das haben?`“

      5. „Hausaufgaben“ oder `Ich kann das nicht!`“

      Zu jedem Film gibt es drei Möglichkeiten, auf die Erziehungssituation zu reagieren. Zu jeder Option gibt es einen weiteren Film, der zeigt, wie es weitergeht. Passend zu jeder Reaktion gibt es eine entsprechende Erläuterung, die nochmals auf die Frage „Was ist passiert“ eingeht.

      Zwei Fazits „Wie verhalten sich die Eltern?“ und „Was lernt bzw. lernen das Kind/die Kinder?“ richten das Augenmerk auf die Verhaltensmuster der Eltern und deren Auswirkungen auf das Kind bzw. die Kinder. In den dazugehörigen Texten finden Sie außerdem hilfreiche Erziehungstipps. Wenn Sie einen bestimmten Lösungsversuch angesehen haben, können Sie sich natürlich auch die anderen Lösungsvorschläge anschauen. Durch den Vergleich erfahren Sie dabei, wie sich unterschiedliches Erziehungsverhalten auswirken kann.

      Das Video kann mit dem hinten im Buch eingefügten QR-Code bei YouTube auf elektronischen Medien, wie PCs, Tablets, Notebooks und Smartphones angesehen werden.

      Die im Video noch vorhandenen Menüs dienten der Nutzung mit einem DVD-Player. Beim YouTube-Video können Sie einfach per Mausklick, mit dem Finger auf dem Touchpad oder Screentouch an der unteren Bildleiste die entsprechenden Sequenzen des Videos direkt ansteuern.

       3. Ein paar Anmerkungen zum Thema „Erziehung“

      Manchmal kann es hilfreich sein, zunächst einmal zu fragen, was denn der Gesetzgeber zu einem bestimmten Thema sagt – in unserem Fall etwa zum Thema „Eltern, Kinder und Erziehung“. Für Deutschland enthält das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG oder Sozialgesetzbuch VIII) in seinem ersten Paragraphen zwei grundsätzliche Regelungen, die etwas mit diesem Thema zu tun haben. Es heißt dort zum einen: „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.“ Zum anderen findet sich dort – wie bereits im Artikel 6 des deutschen Grundgesetzes enthalten – mit dem Blick auf Eltern die folgende Verfügung: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“

      Das Bemerkenswerte an diesen Formulierungen ist, dass sie – was die Ziele von Erziehung anbelangt – einen normativen Bezug mit allgemeinem Gültigkeitsanspruch haben. Mit anderen Worten: Die Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit soll für alle junge Menschen gelten.

      Bemerkenswert ist weiterhin, dass es die Eltern sind, die vornehmlich in die Pflicht genommen werden, diese Ziele auch zu erreichen. Allerdings sind „Eigenverantwortlichkeit“ und „Gemeinschaftsfähigkeit“ zwei Begriffe, die so abstrakt formuliert sind, dass sie einen großen Abstand zum konkreten Alltagsverhalten von Kindern aufweisen – ganz zu schweigen davon, dass Eltern angesichts der erzieherischen Herausforderungen, denen sie sich Tag für Tag zu stellen haben, vermutlich in den wenigsten Situationen an die gesetzliche Pflicht einer Erziehung ihrer Kinder zu Selbständigkeit und Gemeinschaftsfähigkeit denken. Trotzdem können die beiden abstrakten Erziehungsziele den Eltern gewissermaßen als Kompass dienen, wohin die Fahrt gehen soll.

      Selbst wenn die Frage nach dem Wohin geklärt ist, bleibt offen, wie bzw. auf welchen Wegen das Ziel erreicht werden kann – ähnlich wie bei der Navigation eines Schiffes, das bei mehr oder minder stürmischer See den richtigen Kurs beibehält.

      Das Erziehungskonzept „Freiheit in Grenzen“ bietet hier eine natürliche Orientierungshilfe oder – um im Bild zu bleiben – zuverlässige Stabilisatoren, die dazu beitragen, auf Kurs zu bleiben. Dabei geht es zuallererst um die Haltung, mit der Eltern ihren Kindern begegnen – auch und gerade dann, wenn es sich um schwierige Situationen handelt, in denen sich die Kinder nicht so verhalten, wie es die Eltern wünschen oder von ihnen verlangen.

      „Elterliche Wertschätzung“, „Fordern und Grenzen setzen“ sowie „Gewährung und Fördern von Eigenständigkeit“ sind die drei Säulen einer Erziehungshaltung, auf denen das Konzept „Freiheit in Grenzen“ beruht.

      Im Wesentlichen entspricht dieses Erziehungskonzept dem, was im Fachjargon als „autoritative Erziehung“ (nicht zu verwechseln mit „autoritärer Erziehung“) bezeichnet wird, und sich über Jahrzehnte hinweg als der beste Garant dafür erwiesen hat, dass Kinder sich zu lebensbejahenden, selbständigen, leistungsbereiten und gemeinschaftsfähigen Personen entwickeln können. All dies sind Persönlichkeitsmerkmale, die mit den beiden oben genannten Globalzielen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes im Einklang stehen. Insofern lässt sich behaupten, dass eine Erziehung nach dem Konzept „Freiheit in Grenzen“ alle wesentlichen Voraussetzungen für eine „gute“ Erziehung erfüllt.

      Allerdings ist es mit einer „guten“ Erziehungshaltung allein nicht getan. Sie muss sich vielmehr auch durch das Erziehungsverhalten der Eltern in konkreten Situationen zu erkennen geben. Genau hier beginnen für viele Eltern die Schwierigkeiten, ihre Erziehungshaltung mit ihrem Erziehungsverhalten unter einen Hut zu bringen. So würden vermutlich die meisten Eltern zustimmen, dass aggressives Verhalten oder eine rüde Sprache ihrer Kinder im Sinne einer Erziehung zur Gemeinschaftsfähigkeit nicht akzeptabel sind. Und doch reagieren sie auf solche Herausforderungen höchst unterschiedlich. Dabei kann das Verhaltensspektrum von „Wegschauen“ bzw. „Weghören“ bis zum „harten Durchgreifen“ reichen.

      In manchen Erziehungsratgebern und Elterntrainingsprogrammen wird den Eltern vermittelt, dass sie sich bestimmte Fertigkeiten aneignen sollen, um konkrete Erziehungsprobleme zu lösen. Ein derartiges Vorgehen kommt vielen Eltern entgegen, weil sie sich gerne eine Art Gebrauchsanweisung für den Umgang mit ihren Kindern zulegen wollen, die nach dem Muster funktioniert: „Wenn Ihr Kind das Verhalten X zeigt, dann reagieren Sie mit Y.“ So wird z. B. empfohlen bzw. trainiert, auf aggressives Kindverhalten mit einer Auszeit zu reagieren, d. h. das Kind für eine bestimmte Zeit aus dem Familienverband auszuschließen. Die Gefahr dabei ist, dass eine derartige Handlungsanweisung als Erziehungsfertigkeit im Sinne einer starren Problemlösungsroutine zum Einsatz kommt. Nun sind aber Kinder keine mehr oder minder gebrauchsfertigen Maschinen, bei denen Störungen wie bei einem defekten Auto per Reparaturmanual behoben werden können.

      Kinder sind vielmehr „eigenwillige“ menschliche Wesen mit bestimmten Bedürfnissen, Gefühlen und Bewertungen, bei denen eine mechanische Anwendung von Erziehungsfertigkeiten wie z. B. die Verhängung einer Auszeit zu kurz greift. Dies ist kein prinzipielles Plädoyer gegen die Erziehungsmethode „Auszeit“, wohl aber ein Plädoyer für einen überlegten und sensiblen Umgang mit dieser Methode.

      Insofern erscheint es angemessener, statt von Erziehungsfertigkeiten von Erziehungskompetenzen zu sprechen. Elterliche Erziehungskompetenzen beziehen sich auf den flexiblen Umgang mit Erziehungsproblemen – vor allem solchen, die vordergründig auf der Verhaltensebene zwar klar bestimmbar sind, sich bei genauerer Betrachtung aber als unscharf definiert erweisen. So kann z. B. das aggressive Verhalten eines Kindes auf Gründe wie Enttäuschungen oder Gefühle von Zurücksetzung und Rivalität zurückführbar sein, die den Eltern zunächst nicht bekannt sind.

      Ein anschauliches Beispiel dafür findet sich in der Aufräum-Szene des Videos. Kompetentes Elternverhalten würde versuchen, den verborgenen Gründen aggressiven Verhaltens nachzuspüren, um dann angemessen zu handeln. Angemessenes Handeln bezieht sich dabei vor allem auf entwicklungsförderliches Handeln im Sinne der genannten Erziehungsziele, wodurch das Kind Impulse bekommt, in Zukunft aus eigenem Antrieb konstruktiver auf frustrierende Erfahrungen zu reagieren.

      Kompetentes Elternverhalten äußert sich nicht nur in bestimmten Situationen oder gegenüber Kindern einer bestimmten Altersgruppe, sondern wächst mit den Erziehungsanforderungen und mit dem Alter der Kinder, ohne deswegen seine Verankerung in einer entwicklungsförderlichen Erziehungshaltung aufzugeben. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist eine grundsätzlich akzeptierende


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