9 Spannungsromane für den Urlaub: Ferien Sammelband 9017. Frank Rehfeld
uns durch die Lappen geht, wenn wir nicht etwas schneller sind“, ergänzte ich.
Milo schüttelte energisch den Kopf. Er fuhr sich mit einer fahrigen Geste über das Gesicht. „Das Statement der Kollegen war doch eindeutig. Er war es einfach nicht, Jesse! Das ist eine fixe Idee von dir!“
„Vielleicht. Aber wenn nicht und dieser Robert Dawn geht uns am Ende durch die Lappen, dann könnte ich mir das nie verzeihen. Ein Killer wie der gehört einfach hinter Schloss und Riegel.“
Und damit ließ ich den Wagen noch etwas anziehen. Notfalls konnten wir den Kollegen ja unsere Dienstausweise zeigen, wenn man uns deswegen ins Visier nahm.
15
Unsere Kollegen Clive Caravaggio und Orry Medina befanden sich in Alexander Jason Clements Penthouse. Die Durchsuchung der Wohnung des Opfers gehörte in jedem Mordfall zu den Standard-Prozeduren. Unterstützt wurden Clive und Orry dabei von unseren Erkennungsdienstlern Sam Folder und Mell Horster.
Außerdem war noch Jay Naismith dabei, ein Computerspezialist der Scientific Research Division, dem regulären Erkennungsdienst aller New Yorker Polizeieinheiten. Naismith hatte die Aufgabe, sich den Rechner vorzunehmen, der sich in Clements Penthouse befand.
„Was die moderne Telekommunikation angeht, hatte Mister Clement wirklich das Beste vom Besten“, lobte Naismith. „Allerdings hat er denselben Fehler gemacht wie die meisten!“
„Welchen?“, fragte Clive.
„Ein Passwort genommen, dass so einfach herauszufinden ist, dass der Begriff ‚knacken’ schon gar nicht mehr richtig passt. Zweiter Vorname und Geburtsdatum – das ist nun wirklich nicht sehr originell!“
„Hauptsache, Sie sind im System drin, Jay“, erwiderte Clive etwas gereizt.
Da die Telefonanlage über den Computer lief, ließ sich die Anrufliste normalerweise über ein paar Klicks mit Hilfe des Browsers anwählen.
Aber nachdem Naismith die ausgeführt hatte, seufzte er.
„Leider Fehlanzeige!“, murmelte er. „Clement war sehr vorsichtig. Entweder, er hat seine Festnetzanlage nie benutzt oder er hat die Anrufliste jedes Mal sorgfältig gelöscht, was durchaus möglich ist. Aber das finde ich heraus.“
„Wenn er wirklich so vorsichtig war, dann dürfte er Prepaid-Handys für die wirklich wichtigen Gespräche benutzt haben“, war Orry überzeugt.
Bei der Leiche war ein Handy gefunden worden. Aber das untersuchten gerade die Spezialisten der Scientific Research Division, wobei das Ergebnis wahrscheinlich etwas länger auf sich warten ließ.
Eine Kugel hatte das Gerät nämlich zertrümmert und es war fraglich, ob man die Daten noch lesen konnte.
Clives Handy klingelte.
Der zweite Mann im FBI Field Office New York griff in die Innentasche seiner Jacke und nahm das Handy ans Ohr.
Er war im nächsten Augenblick mit Dr. Brent Claus verbunden, der die Obduktion von Clements Leichnam durchgeführt hatte.
„Was können Sie uns sagen, Dr. Claus?“, fragte Clive.
„Im Wesentlichen das, was auch schon am Tatort erkennbar war. Der Mann hat mehrere Kugeln in Arme und Beine bekommen, ehe er von den tödlichen Schüssen getroffen wurde.“
„Er sollte also leiden“, vermutete Clive.
„Oder es wollte jemand etwas aus ihm herausquetschen“, setzte Dr. Claus den Akzent etwas anders. „Die Kugeln sind im ballistischen Labor. Die Tests werden wohl etwas länger brauchen als die Obduktion. Den schriftlichen Bericht haben Sie in zwei, drei Stunden. Je nachdem wie schnell unsere Schreibkraft den diktierten Bericht in den Computer getippt hat.“
„Schicken Sie mir eine Datei per Email ins Field Office, Dr. Claus.“
„Ja, in Ordnung.“
„Um auf den schriftlichen Bericht zu warten, haben wir nämlich keine Zeit.“
Clive beendete das Gespräch. Mell Horster kam unterdessen aus dem Bad. „Zumindest zeitweise muss hier eine Frau gelebt haben“, erklärte er. „Jedenfalls gibt es entsprechende Utensilien im Bad.“
„Eine Freundin, Lebensgefährtin, irgendetwas in der Art“, vermutete Clive.
„In den Kleiderschränken fanden sich jedoch keine Frauensachen“, ergänzte Sam Folder, der sich dort bereits umgesehen hatte. „Scheint also eine etwas lockere Beziehung gewesen zu sein.“
Etwas später suchte Clive den Schichtführer des privaten Security Service auf, der in dem Gebäude für die Sicherheit zu sorgen hatte.
Er hieß Damian McCorley und war sehr stolz darauf, dass der Sicherheitsstandard auf höchstem Niveau sei.
„Wir haben in allen Korridoren, im Foyer und in der Tiefgarage eine komplette Videoüberwachung. Außerdem elektronische Schlösser, die sofort Alarm auslösen, wenn sich jemand unsachgemäß an ihnen zu schaffen macht.“
„Mister Clement wurde ja auch nicht in seinem Penthouse ermordet“, erinnerte Clive sein Gegenüber, weil er das Gefühl hatte, dass McCorley sich irgendwie unter dem Zwang sah, sich rechtfertigen zu müssen. „Für uns wäre es einfach schon eine Hilfe, wenn wir wüssten, wann genau Mister Clement zum letzten Mal das Haus verlassen hat.“
„Das ist leicht feststellbar“, erklärte McCorley. „Na ja, leicht … Man muss ein bisschen Zeit mitbringen, um sich hier die Videosequenzen anzusehen.“
„Dann kommen Sie wahrscheinlich auch gar nicht dazu, das gesamte Videomaterial anzusehen“, stellte Clive Caravaggio fest.“
„Nein, dafür haben nicht das Personal“, gab McCorley zu. „Und ich gebe gerne zu, dass das der Schwachpunkt in unserem System ist.“
Es war immer dasselbe. Die inflationär verwendeten Kameras zeichneten Unmengen von Bildmaterial auf, aber das Personal, das diese Kameras eigentlich live überwachen sollte, war in den seltensten Fällen aufgestockt worden. Das Ergebnis war, dass die allgegenwärtigen Kameras in der Praxis kaum dazu beitrugen, ein Verbrechen zu verhindern, sondern nur, es anschließend aufzuklären.
So auch in diesem Fall.
Nach einer ziemlich langwierigen Suche im aufgezeichneten Wust der Videodaten, fand McCorley schließlich jene Sequenz, die das FBI interessierte.
Eine Kamera in der Tiefgarage hatte aufgezeichnet, wie Clement seinen Wagen bestieg. Wenige Augenblicke danach setzte sich ein Mann zu ihm in den Wagen. Von dem, was danach geschah, war nicht viel zu sehen, da sich das Wageninnere im Schatten befand und daher nicht richtig ausgeleuchtet wurde.
„Wenn Sie mich fragen, dann war das ein guter Bekannter“, glaubte McCorley.
„War dieser Mann schon einmal hier im Gebäude?“
„Mir ist er nie aufgefallen.“
„Vielleicht stoßen wir auf ihn, wenn wir sämtliche Videodaten durchsuchen.“
„Das kann lange dauern.“
„Ich weiß, deswegen möchte ich, dass unsere Spezialisten an der Federal Plaza das übernehmen. Stellen Sie uns bitte einen geeigneten Datenträger zur Verfügung. Falls das nicht möglich ist, wird jemand kommen, um die Daten aufzuzeichnen.“
„In Ordnung. Dann sollten Sie letzteres veranlassen“, erklärte McCorley.
Clive ließ die Sequenz mit dem Mann, der zu Clement in den Wagen stieg noch einmal zurückspulen. Es kam ihm seltsam vor, dass dieser Fremde Handschuh trug, obwohl es dazu nun wirklich nicht kalt genug war.
Tatsache blieb, dass Alexander Jason Clement später nicht wieder in seine Wohnung zurückgekehrt war.
„Ich brauche einen Ausdruck, der das Gesicht dieses Mannes