Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung. Alfred Bekker

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du nicht sagst."

      Rena nahm Ubbos Hand und umklammerte sie. Ubbo stellte verwundert fest, dass sie schweißnass war. Was mochte sie nur so stark beschäftigen?

      "Ubbo, du musst dringend noch mal mit Ma reden!"

      "Über die Boutique?"

      "Meine Güte, wovon sprechen wir denn die ganze Zeit?" Ihr Tonfall wurde scharf, fast ätzend.

      Ubbo sah seine Frau nachdenklich an.

      Schön war sie.

      Die Geburt zweier Kinder hatte daran nichts geändert. Die Jahre schienen beinahe spurlos an ihr vorrübergegangen zu sein und ihr nicht geschadet zu haben. Ganz im Gegenteil, sie war noch weiblicher geworden. Noch verführerischer.

      Aber kennst du sie wirklich?, ging es Ubbo durch den Kopf. Weißt du, was hinter ihrer Stirn vor sich geht, welche Gedanken sie bewegen, wovon sie träumt?

      Ubbo schluckte.

      Die Boutique. Eine fixe Idee von ihr. Finanziell wahrscheinlich ein Fass ohne Boden, zumal er Rena bei aller Liebe oder was sonst er auch immer für sie empfinden mochte, die Kompetenz absprach, ein Geschäft zu führen. Sie wollte einfach nur ihren Traum verwirklichen. Die Boutique war ein Spielzeug für sie.

      Die Jungs wurden größer und entpuppten sich außerdem als bei weitem nicht so pflegeleicht wie Ubbo und Rena es sich immer gewünscht hatten. Beide hatten Schulprobleme, fielen im Verhalten unangenehm auf.

      Marvin litt zudem unter einer Lese/Rechtschreibschwäche. Bei Kevin war hingegen ADS diagnostiziert worden. ADS - die Abkürzung für Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom. In früheren Zeiten hatte man so jemanden einfach als Zappelphilipp bezeichnet.

      Irgendetwas ist schief gelaufen mit unseren Jungs, dachte Ubbo bei sich. Und mit unserer Ehe auch. Wann hat es angefangen? War von Anfang an der Wurm drin? Ach, hör auf mit diesen Grübeleien, die bringen nichts. Sei ein Mann, Ubbo, und sag deiner Frau klipp und klar, dass es mit der Boutique nichts wird. Sie wird toben, schimpfen, eine Weile wütend auf dich sein und keinen Sex mit dir machen, wenn sie erfährt, dass du längst mit deiner Mutter über die Sache gesprochen hast. Aber das wird vorübergehen.

      Wie jedesmal...

      "Hör mal, Rena..."

      "Weißt du eigentlich, was diese Boutique für mich bedeutet? Ich habe schon immer davon geträumt, so ein Geschäft mit hippen Sachen zu führen."

      "Hippe Sachen? Was soll das denn sein?"

      "Na, Sachen, die hip sind eben! Im Trend! Meine Güte, du sprichst doch nicht nur Plattdeutsch!"

      "Wie kommst du auf den Gedanken, dass es in Emden und Umgebung genug Leute gibt, die 'hippe' Sachen haben wollen. Regendichte Anoraks - ja! Aber dieses Zeug..."

      Renas Gesicht wurde starr und kalt.

      Ubbo erschrak beinahe.

      Er konnte sich nicht erinnern, dass Rena ihm jemals zuvor derart fremd vorgekommen war.

      "Die Sache ist längst entschieden, oder?"

      "Rena!"

      "Du hattest nie vor, mich in dieser Angelegenheit zu unterstützen. Und wahrscheinlich hast du auch längst mit deiner Mutter über alles geredet!"

      Sei jetzt ehrlich, Ubbo!, rief eine Stimme aus dem OFF seines Bewusstseins. Sag ihr, wie es war. Das Herumgeeiere hat jetzt keinen Sinn mehr, sonst kocht bei ihr gleich die Milch über!

      "Ma und ich haben alles durchgerechnet. Diese Boutique rechnet sich nicht. Wir werden sie nicht kaufen."

      Na, ganz die Wahrheit ist das nicht gewesen!, kommentierte die leise Stimme in Ubbos Kopf. Aber es kommt ihr nahe...

      Rena verschränkte die Arme vor den Brüsten.

      "Wann hättest du es mir denn von dir aus gesagt?"

      "Ach, Rena, ich weiß im Moment gar nicht, wo mir der Kopf steht!"

      "Feigling!"

      "Komm, lass uns das ein anderes Mal ausdiskutieren. Ich muss jetzt zum Geschäft. Wir bekommen heute Neuware und der Hieni, der schafft das nicht allein."

      "Ja, flüchte nur!"

      Was war das jetzt für ein Ausdruck in ihrem Gesicht - Verachtung? Jedenfalls schmerzte er Ubbo sehr. Wie ein Stich mitten ins Herz.

      Ubbo stand auf.

      Manchmal kommt alles auf einmal!, dachte er.

      Er nahm sein Jackett vom Stuhl, zog es an.

      Dann ging er zu Rena. Sie saß starr da. Er küsste sie. Sie blieb vollkommen starr und kalt. Das kannte er schon an ihr.

      "Tschüss, Rena."

      Sie antwortete nicht.

      Er war bereits bei der Tür.

      "Sag mal, was hältst du davon, dass Ma einen Detektiv engagiert hat? Hast du das etwa auch mit ihr zusammen ausgeheckt?"

      "Nein, das hat Ma ganz allein entschieden."

      "Wie üblich."

      "Soll ich vielleicht versuchen, ihr Vorschriften zu machen?"

      Rena lachte auf.

      "Nee, Ubbo. DU nicht! DU wirklich nicht!"

      ––––––––

      11.

      Ubbo Sluiter war wie immer der erste, der beim Sluiter'schen Geschäft für Boots- und Segelbedarf eintraf. Lange vor den Angestellten. Erst in einer halben Stunde würden Hieni Dierks und Kilian Bruns eintreffen. Ubbo konnte bis dahin noch einiges in der Buchhaltung erledigen, den Warenbestand überprüfen und alles für die Anlieferung der Neuware bereit machen.

      Ubbo parkte seinen Wagen auf dem großzügig angelegten Kundenparkplatz und stieg aus. In der Hand eine dünne schwarze Aktentasche.

      Das Sluiter'sche Geschäft bestand aus einem langgezogenen Flachdachbau. Hier draußen, im Gewerbegebiet an der Nesserländer Straße war Platz genug. Anders als bei der Filiale in der Innenstadt, in der man kaum ein halbes Dutzend bunt bemalter Surfbretter wirkungsvoll drapieren konnte.

      Das Gespräch mit Rena beschäftige ihn noch stark.

      Der Klang ihrer Stimme hallte in seinem Inneren nach. Ein Klang wie Eis. Wenn sie nicht bekam, was sie wollte, konnte sie wirklich unausstehlich werden. Eigentlich war das alles andere als eine neue Erkenntnis. Aber nie zuvor war diese Tatsache Ubbo Sluiter so bewusst geworden.

      Er griff in die Hosentasche, holte den Schlüssel heraus und trat ein.

      Das Telefon schrillte schon.

      Ubbo Sluiter umrundete den Tresen, legte die Tasche ab und griff nach dem Hörer.

      "Ja? Ubbo Sluiter hier?"

      "Moin, hier spricht Schroeder. Ich wollte nur sagen, dass der Sinker F-412 bei der heutigen Lieferung nicht dabei ist."

      Ubbo atmete tief durch. Der Sinker, ein Surfbrett für besonders schnelle Flitzer und starken Wind. Nur etwas für Könner.

      Ganz ruhig bleiben, Ubbo!, dachte er.

      Der Tag hatte schlecht begonnen, und es sah ganz danach aus als würde es jetzt in derselben Manier weitergehen.

      "Unser Kunde wartet auf das Teil!", gab Ubbo zu bedenken.

      "Tut mir leid.... Beim nächsten Mal!"

      Ubbo blickte auf. Jemand war an der Tür. Zwei jüngere Männer, noch keine zwanzig. Sie trugen schlabberige, gefütterte Blousons und Cargo-Hosen, die ihnen viel zu groß waren. Ubbo hörte ihre Stimmen. Sie unterhielten sich auf Russisch.

      "Schiet!",


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