Sammelband 6 Krimis: Die Konkurrenten und andere Krimis für Strand und Ferien. Walter G. Pfaus

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gefährlich werden kann!“

      „Und das hat sich seit den Ereignissen um die Eremitage offenbar geändert“, ergänzte Milo. „Jetzt versucht jeder rücksichtslos seine eigenen Claims zu halten und möglichst viel von den ergaunerten Millionen noch mit auf die eigene Seite zu schaffen.“

      „Milo, ich gebe es ungern zu, aber bislang haben wir noch nicht einmal einen Ansatzpunkt, um an jene ominösen grauen Eminenzen heranzukommen, die hier in New York die Kunstmafia offenbar wie ein Marionettentheater aufziehen!“

      13

      Wir kehrten zur Wohnung von Lee Trenton zurück.

      Die Tränengaswolken hatten natürlich jede Menge Neugierige auf den Plan gerufen. Bei den anderen Hausbewohnern mischte sich die Neugier natürlich mit blankem Entsetzen. Bei manchen sogar mit Panik.

      Wir waren jedenfalls heilfroh, als die Kollegen der City Police endlich damit anfangen konnten, den Tatort abzusperren und uns so ein bisschen Freiraum gaben.

      Der Fire Service war inzwischen mit Gasmasken in Trentons Wohnung eingedrungen und hatte zumindest festgestellt, dass keinerlei Explosionsgefahr oder dergleichen bestand. Der Rauch ging nur von einer sehr leistungsfähigen Tränengasgranate aus. Unsere Kollegen Clive Caravaggio und ‚Orry’ Medina trafen ebenfalls ein.

      Als sich der Nebel gelichtet hatte und die Wohnung betreten werden konnte, fanden sich die Leichen von Lee Trenton und einer Frau, die ihren Papieren nach Abby Dempsey hieß.

      Orry fand die falschen Papiere in Lee Trentons Jackettinnentasche. „James Smith, Republik Südafrika“, murmelte er.

      „Trenton hatte also vor, ein neues Leben zu beginnen“, stellte ich fest. „Wahrscheinlich hat er gewusst, was auf ihn zukommt...“

      „Du meinst, dass irgendein Bluthund hinter ihm her war, der ihn ausschalten sollte?“, meinte Clive. „Wir haben uns mit verschiedenen Informanten getroffen, die uns bisher über diese Szene immer ganz zuverlässig informiert haben. Bykov war ihnen natürlich ein Begriff. Trenton war ja wohl so etwas wie sein Handlanger.“

      „Und?“, hakte ich etwas ungeduldig nach. „Was redet man so in der Szene?“

      Clive zuckte mit den Schultern. „Nicht viel. Aber es scheint so zu sein, dass Bykov wohl ein paar Kisten voll wertvoller Ikonen wie Sauerbier angeboten hat. Er ist mit dem Preis so dramatisch in den Keller gegangen, dass da selbst jemand Misstrauen schöpfen müsste, der von der Materie gar nichts versteht.“

      „Und warum wollte ihm das Zeug niemand abkaufen?“, fragte Milo. „Lass mich raten: Die bösen Gerüchte aus St. Petersburg sind schneller nach New York zurückgekehrt als Bykov mit seinem Flieger!“

      „Ja, so ähnlich“, bestätigte Clive. „Übrigens gehen unsere Informanten davon aus, dass sich der Markt bald wieder beruhigen wird – und der Strom von Kunstgegenständen aus Russland erneut zu fließen beginnt. Diese Enthüllungen über die Eremitage werden im Sand verlaufen. Ein paar Verurteilungen wird es vielleicht geben. Aber das ist eher symbolisch. Der Großteil der Beteiligten kommt glimpflich davon. Zumindest diejenigen, die irgendwelche mächtigen Schutzpatrone haben. Und dann beginnt alles von vorn, nur dass sich vielleicht die Namen einiger Mitspieler geändert haben. Und genau das ist der Punkt! Angeblich soll es hier in New York einen Mann geben, der von allen nur ehrfürchtig ‚der Impressario’ genannt wird. Er zieht schon länger die Fäden bei der Kunstmafia, aber nun sieht er wohl die Chance, lästige Zwischenhändler wie Bykov auszuschalten und zur beherrschenden Nummer des ganzen Business zu werden – nicht nur in New York, sondern global.“

      „Aber wer dieser Impressario sein könnte, hat dir nicht zufällig jemand verraten?“, fragte Milo.

      Clive lächelte dünn. „Leider nicht. Aber vielleicht kommen wir da ja noch weiter.“

      „Fragen wir am Besten unseren Kollegen Milton Dennister, was er darüber weiß“, schlug ich vor. „Mir macht er jedenfalls einen sehr kompetenten Eindruck.“

      Ich rieb mir die Augen.

      „Lass das besser bleiben!“, meinte Milo

      „Du hast gut reden!“

      „Hör zu, du musst dich behandeln lassen, Jesse.“

      Ich schüttelte den Kopf. „Halb so wild. Ich spüle das selbst oder frage Dr. Claus, wenn er hier ankommt.“

      „Erstens dauert das noch ein bisschen und zweitens ist Dr. Claus Gerichtsmediziner!“

      „Aber ein Arzt!“

      Milo schnipste mit den Fingern und streckte die Hand aus. „Ich weiß, dass es dir schwer fällt, Jesse, aber du gibst jetzt mir den Schlüssel für den Sportwagen und ich bring dich dorthin, wo du hingehörst. In die Ambulance.“

      Ich seufzte.

      „Wenigstens hast du nicht Karre gesagt.“

      14

      Milton Dennister war pünktlich im Café Number One. Dennister kannte es gut. Es gehörte nicht zum eigentlichen Flughafengelände, lag aber ganz in der Nähe und eignete sich hervorragend als Treffpunkt. Zwar nannte es sich Café, weil der vorhergehende Besitzer dort tatsächlich ein klassisches Café etabliert hatte, aber inzwischen glich es eher einem französischen Bistro und wurde von einem Kanadier aus Montreal betrieben, der sich von den Gästen Jacques nennen ließ.

      Dennister wusste zufällig, dass er in Wahrheit Antoine hieß, aber das konnten die wenigsten Gäste korrekt aussprechen, geschweige denn sich merken.

      Dennister ließ den Blick über die Plätze schweifen. Es herrschte mittlerer Betrieb.

      Er bestellte sich einen Café au lait und wartete. Dabei blickte er immer wieder auf die Uhr.

      Schließlich griff er zum Handy und rief im Field Office an. „Mister Marenkov scheint mich versetzt zu haben“, stellte er fest. „Jedenfalls glaube ich nicht, dass er noch auftaucht.“

      15


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