SF Abenteuer-Paket 1006 - Raumkapitän am Schwarzen Loch: Science Fiction Sammelband 1006. Margret Schwekendiek
Nun gut...“
Israt zuckte mit den Achseln. „Man hat mich her geschickt, weil ich für diesen Job der Beste bin. Ich soll hier was verkaufen, das eigentlich nur Vorteile bringt, aber das die wirklich Betroffenen gar nicht wollen. Ich soll also gewissermaßen diese Menschen zu ihrem Glück zwingen. Das Wort Hinterwäldler stammt im übrigen von Ihnen, nicht von mir. Aber ich denke, es wäre wirklich verfehlt, mit diplomatischen Stilmitteln hier etwas ausrichten zu wollen, nachdem Sie mir Ihre eigene Hilflosigkeit demonstrieren. Denn wenn ich alles so sehe wie Sie, reiche ich Ihnen doch lieber gleich schon zum Abschied die Hand. - Ist es etwa das, was Sie wollen?“
„Nein, natürlich nicht!“ Kransom schaffte es auf einmal nicht mehr, ihm in die Augen zu sehen.
„Was erwarten Sie denn sonst? Daß ich mein Leben aufs Spiel setze – in dem Versuch, fanatische und tödlich entschlossene Vernetzungsgegner vom Gegenteil zu überzeugen, nachdem es unmöglich erscheint, ihnen Einhalt zu gebieten?“
„Damit wäre ja nun wirklich nichts gewonnen, aber...“
„Aber? Nun, es ist die Regierung der Föderation, hier, in diesem Augenblick repräsentiert durch Sie anstelle des Präsidenten, wie ich es eigentlich hätte erwarten können...“
„Aber ich sagte Ihnen doch schon, daß...“
Israt ließ sich nicht unterbrechen: „Eines Präsidenten übrigens, der mir wie die Ausgeburt der Hilflosigkeit erscheint, indem er bei meinem Konzern etwas bestellt, das unter seiner Regierung ganz offensichtlich nicht gewollt ist. Ich frage mich also, wieso ich überhaupt hier sitze.“
„Hören Sie, Israt N’Gaba...!“ Der Sicherheitsminister brach ab. Er wirkte jetzt völlig aufgelöst. Er brauchte viel Kraft, weiter zu reden: „Wenn Sie jetzt aufgeben, dann haben die Vernetzungsgegner endgültig gewonnen. Es war schon einmal jemand hier vom Konzern, und dieser Jemand ist... nun, er ist verschwunden. Jetzt sind Sie hier. Sie sind die letzte Hoffnung der Föderation – und nicht nur dieser, sondern letztlich auch die letzte Hoffnung der Inneren Planeten. Wenn Sie aufgeben, dann ist alles vorbei.“
„Was wäre denn daran so schlimm – Ihrer Meinung nach?“
Kransom konnte ihn wieder direkt ansehen. Nicht nur das: Er zeigte deutlich seinen Zorn, indem er sich auf der anderen Seite des Tisches aufstellte, hinter dem Israt saß, sich vorbeugte und auf beiden Fäusten aufstützte. Die Fäuste waren so fest geballt, daß das Weiße auf den Handrücken sichtbar wurde.
„Ich will Ihnen etwas sagen: Nach 500-jähriger Isolation haben wir nur eine Hoffnung: Öffnung! Die kann es aber nicht so ohne weiteres geben. Und sie muß für die Rand-Föderation insgesamt erfolgen, nicht nur für Einzelwelten. Genau das aber wird geschehen: Die Inneren Welten werden mit ihrer überlegenen Technologie Stück für Stück die Föderation zerschlagen und ihre Einzelheiten sich selbst einverleiben. Die Randwelten werden am Ende denen gehören, die es geschafft haben, sie zu erobern: Die Konzerne höchstwahrscheinlich. Sie werden Eigentum von diesen Konzernen und ihre Bewohner so etwas wie Leibeigene. Wir alle hier werden bis in alle Zukunft hinein Menschen zweiter Klasse sein. Wenn nicht sogar dritter Klasse. Es sei denn...“
Israt nickte. Er lächelte wieder. „Es sei denn, Ihr Plan gelingt. Der Anfang wäre Tasner. Terraforming dort und ein damit verbundener rascher Aufschwung wäre ein Fanal für alle anderen Welten. Sie haben vor, die Rand-Föderation zu einem ernstzunehmenden Partner werden zu lassen für die Inneren Planeten. Eine Wunschvorstellung, die ich Ihnen erfüllen soll. Doch beantworten Sie mir eine einzige Frage: Wieso gibt es so wenige Menschen innerhalb der Föderation, die das ebenfalls wollen?“
„Sie bezeichnen Sie als Hinterwäldler, als borniert...“
„Ja, ich – und Sie?“
Kransom zuckte die Achseln. Eine hilflose Geste. Die Antwort allerdings blieb er schuldig.
„Sie wissen keine andere Erklärung!“ stellte Israt ruhig fest. Für sein Gegenüber war das offensichtlich wie ein Schlag ins Gesicht.
Israt schüttelte den Kopf. „Sie sind mir zu empfindlich, Kransom. Wenn es um unumstößliche Tatsachen geht, sollte man sich Empfindlichkeiten schleunigst abgewöhnen. Es sei denn, man hat alternative Erklärungen anzubieten oder sogar überzeugende Lösungsvorschläge – und beides haben Sie ja nun einmal nicht.“
Er gab sich sichtlich einen Ruck und stand dann auf. Kransom fuhr regelrecht vor ihm zurück.
„Die nächste Frage: Wieso erwählten Sie ausgerechnet Tasner, um dort sozusagen ein Exempel für Ihr Projekt zu setzen?“
Diesmal kam eine Antwort – sofort sogar, ohne Umschweife: „Zunächst erschien uns Tasner als am einfachsten. LeCarré erwies sich zu diesem Zeitpunkt als glühender Befürworter dieser Idee. Als einziger wohlgemerkt.“
„Und dann hat er es sich anders überlegt?“
„Diese Vermutung liegt sehr nahe.“
„Ich danke Ihnen jedenfalls, daß Sie ehrlich zu mir waren – in jeglicher Beziehung ehrlich sogar! Wenn Sie etwas nicht genau wußten, haben Sie das zugegeben. Mit LeCarré scheinen Sie sich auch nicht so völlig sicher zu sein...?“
„Eigentlich schon, denn es sprechen alle Indizien dafür, daß er uns nur etwas vorgegaukelt hat.“
„Wieso hätte er das tun sollen?“
„Nun, er tat es, um sozusagen unmittelbar am Hebel zu sitzen. Von vornherein wollte er den Plan der Regierung boykottieren, und wie hätte er das besser gekonnt denn als gewissermaßen unmittelbar Beteiligter?“
Israt betrachtete ihn wohlwollend. „Dieser LeCarré interessiert mich brennend!“
„Sie – Sie reisen nicht einfach wieder ab, weil Sie ja doch keinen Sinn in den Verhandlungen mit LeCarré sehen?“ wunderte sich jetzt Kransom, der offenbar bereits sämtliche Felle davon schwimmen gesehen hatte.
„So ist es, Kransom! Ja, meine Neugierde ist geweckt, und außerdem...“ Ein verschmitztes, ja, fast spitzbübisch anmutendes Lächeln umspielte seine Mundwinkel, „...und außerdem ist dieser Job eine echte Herausforderung für mich! – Wie gelange ich auf dem schnellsten Weg nach Tasner?“
Kransom schaute ihn an mit einem deutlichen Ausdruck von Sprachlosigkeit.
Tja, mein Lieber, du bist zwar der oberste Sicherheitsmann der Föderation, aber es ist geradezu erschreckend, wie wenig du trotzdem begreifst. Wie denn auch? Denn um meine Motive zu verstehen, müßtest du wissen, was wirklich auf den Inneren Planeten vorgeht, und es gibt für dich keine Möglichkeiten, das herauszufinden – mit deinen Mitteln jedenfalls nicht.
Er schickte einen mentalen Impuls an seinen CyberSensor. Aber der Zugang zum GalaxyNet war nicht möglich. Er erhielt die entsprechende Fehlermeldung. Er konnte lediglich auf den internen Speicher des CyberSensors zugreifen.
Die Vernetzungsgegner wollen diesen Zustand nicht ändern, dachte er. Nun gut. Dies ist jedenfalls der gegenwärtige Stand der Dinge. Wird wirklich Zeit, etwas zu unternehmen...
*
"Wie lange befinden Sie sich bereits im Territorium der Rand-Föderation, N'Gaba?"
"Um genau zu sein: Seit knapp 1,9 Standardeinheiten."
"Und nach so kurzer Zeit glauben Sie bereits, ein Urteil fällen zu können?"
"Ich nicht, der interne Rechner meines CyberSensors! Sein Urteil ist sozusagen unbestechlich. Vor allem, es ist ohne jegliche Emotionen. Er ist zu dem Schluß gekommen, daß Terraforming für Ihren Planeten genau das Richtige wäre. Seine Informationen hat er..."
"Ach was: Ich will Ihnen was sagen, N'Gaba: Sie sind genau wie alle anderen, die jetzt von den Inneren Planeten hierher kommen. Sie sind arrogant: Nur weil Erde und Mars ein bißchen weiter weg vom intergalaktischen Nichts liegen als Centrum oder Tasner, glauben Sie, wir seien Halbprimitive."
"Verzeihen Sie, wenn ich Sie korrigieren muß, aber die Saretto-Yilmaz-Gerlard-Company