1000 Seiten Krimi Spannung - Acht Top Thriller. Pete Hackett
Eine Beule, aber mehr nicht, so schien es. Ich rappelte mich so schnell ich konnte hoch und taumelte zum Fenster. Mir war schwindelig und auch etwas benommen.
Dann blickte ich endlich hinunter auf die Straße. Aber natürlich viel zu spät.
Verdammt!
Ich ging in die Küche, nahm ein Tafelmesser und kühlte mit dem Metall meine Beule.
Mein Kopf brummte, ich musste mich hinsetzen.
Manchmal kommt alles zusammen!, dachte ich. Hatte ich vielleicht irgendjemandem etwas zu Leide getan?
Als ich meine Gedanken wieder etwas besser bei mir hatte, ging ich in den Flur zum Telefon. Zum Glück war es noch angeschlossen.
Ich rief die Polizei an, um Anzeige zu erstatten. Und da ein Zusammenhang mit dem Mord an Jürgen Lammers mehr als nahe lag, würde ich mit tödlicher Sicherheit wieder an Rehfeld und seine Bande geraten.
Es ließ sich leider nicht vermeiden. Ich hatte einfach keine andere Wahl. Denn wenn ich die Sache nicht meldete, stand ich noch schlechter da.
Die Polizei wollte jemanden zur Beweisaufnahme schicken. Ich hoffte, dass das nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde, und rief vorsorglich auch gleich einen Schlüsseldienst an, denn das Schloss in meiner Wohnungstür konnte ich wohl vergessen. Da hatte jemand ganze Arbeit geleistet.
Einstweilen nahm ich dann den Inhalt meiner Plastiktüte und begann, mir etwas zu kochen.
Ich hatte einen Mordshunger. Und in der Küche schien mir die Gefahr noch am geringsten zu sein, dass ich irgendwelche Beweise oder Spuren vernichtete.
Ich schüttete den Inhalt einer Dose Nasi Goreng in die Pfanne und ließ ein Ei darüber zerlaufen.
Dann aß ich in aller Ruhe, ohne mich dabei mehr als gewöhnlich zu beeilen, und wunderte mich nur, dass noch immer niemand eingetroffen war. Als ich fertig war, klingelte schließlich jemand an meiner Tür.
Wer immer es auch sein mochte, er war zumindest in dieser Beziehung höflicher als der vorhergehende Gast.
Ich hatte mit einem Polizisten gerechnet, aber es war der Mann vom Schlüsseldienst.
"Na, da sieht man ja gleich, was zu tun ist!", meinte er, wollte schon seinen Koffer mit dem Werkzeug öffnen, da versuchte ich ihm vorsichtig klarzumachen, dass er noch nicht dran war, sondern auf die Polizei warten müsse.
Er war sauer. Stocksauer.
Und ich konnte ihn nur zu gut verstehen, schließlich war für Leute wie ihn Zeit Geld.
"Wissen Sie, dass ich eigentlich schon seit einer halben Stunde Feierabend habe?", schnaubte er verdrossen und fuhr sich mit der Hand über die braungebrannte Meister-Proper-Glatze, in der sich das Licht spiegelte, so als habe er sie frisch poliert.
"Das tut mir Leid, die Polizei sollte eigentlich schon längst hier gewesen sein!"
"Diese Brüder sind ja auch Beamte!", zischte er dann und verzog dabei den Mund, als sei das etwas sehr Unanständiges. "Für die ist es völlig gleichgültig, wie viele Einbrüche die am Tag bearbeiten, aber ich bin selbstständig! Ich kann auf meinem Girokonto sehen, wie viele Schlösser ich ausgewechselt habe!"
Ich bot ihm eine Tasse Kaffee an, die ich allerdings erst noch aufbrühen musste.
Er nahm knurrend an.
22
Es dauerte noch eine Weile, bis sich jemand von der Polizei zeigte. Schließlich konnte der völlig genervte Schlüsselmann dann aber doch noch sein Werk in Angriff nehmen und mir ein schönes, neues Schloss anbringen.
Ich schlug ihm vor, er solle mir die zusätzliche Zeit auf die Rechnung schreiben.
"Das hätte ich sowieso getan!", grunzte er mich daraufhin unfreundlich an.
Der Schlüsselmann war gerade fertig, da tauchte dann sogar noch Rehfeld persönlich auf.
Ich schenkte ihm ein müdes Lächeln. "Sie haben mir heute zu meinem Glück gerade noch gefehlt!"
Aber heute schien Rehfeld einen schlechten Tag zu haben. Jedenfalls verstand er keinen Spaß. Sein Gesicht war eine einzige Leichenbittermine, und ich fragte mich, welche Laus ihm wohl über die Leber gelaufen sein mochte.
Seine Nasenflügel bebten etwas, als er sich vor mir aufbaute und seine Hose hochzog. Sie würde bald wieder hinuntergerutscht sein. An der strammen, runden Kugel, die er vor sich her trug, konnte sie einfach nicht den rechten Halt finden. Wahrscheinlich wären Hosenträger für ihn eine Lösung gewesen.
Er blickte mir finster ins Gesicht, und ich ahnte schon, dass jetzt irgendetwas folgen werde, das mir nicht gefallen würde.
"Wo waren Sie heute Nachmittag?"
"Was soll das?"
Ich war wirklich völlig perplex. Mit allem hatte ich gerechnet, aber ...
"Beantworten Sie meine Frage!" Er grinste höhnisch. "Oder wollen Sie vorher vielleicht lieber einen Anwalt sprechen?"
"Ich verstehe nicht ..."
"Gut, Sie wollen auf meine Frage nicht antworten, Hellmer. Nehme ich zur Kenntnis. Einverstanden. Dann stelle ich Ihnen eine neue. Wann haben Sie Annette Friedrichs zum letzten Mal gesehen?"
"Vor ..." Ich schaute auf die Uhr. "Vor etwa anderthalb Stunden. Wir hatten uns in der Stadt getroffen."
"Warum?"
"Sie wollte ihre Handtasche wiederhaben. Sie werden ja sicher inzwischen herausgefunden haben, dass es wirklich ihre Handtasche war!"
Er nickte. "Haben wir."
Ich atmete auf. Wenigstens etwas. Aber ich hatte in Wahrheit keinen Anlass zum Aufatmen, das sollte mir einen Moment später klarwerden.
"Herr Hellmer, es ist mir ein Vergnügen, Sie vorläufig festzunehmen!"
"Was?"
"Hören Sie schlecht?"
"Was soll das? Wegen dem bisschen Kokain, das mir nicht gehört?"
"Nein. Nicht wegen des Kokains."
"Aber weswegen dann?"
"Wegen Mordes!" Irgendwie sah sein schwabbeliges Gesicht in diesem Moment höchst zufrieden aus. "Wegen Mordes an Annette Friedrichs! Sie mag ja ein Luder gewesen sein, aber das gibt trotzdem niemandem das Recht, sie einfach umzubringen! Finden Sie nicht auch, Hellmer?" Er zuckte mit den Schultern. "Ihre Western-Methoden taugen für die wirkliche Welt nichts, Hellmer! Wir leben nicht in der Prärie!"
23
Das Verhör war zäh und wenig ergiebig. Immer wieder dieselben Fragen und keine Antworten. Jedenfalls keine, die meinem Gegenüber gefielen.
"Haben Sie eine Pistole?"
"Nein."
"Wahrscheinlich haben Sie sie gleich nach der Tat irgendwo verschwinden lassen."
"Warum stellen Sie mir Fragen, wenn Sie die Antworten in Wahrheit gar nicht hören wollen, Rehfeld?"
"Die Friedrichs wohnte in einem schäbigen Zimmer, Kaiserstr.123."
"Wurde sie dort aufgefunden?"
"Sie kennen das Haus?"
"Kenne ich nicht."
"Sie waren dort."
"Quatsch."
"Der Hauswirt hat einen Mann gesehen, dessen Beschreibung so gut auf Sie passt wie die berühmte Faust aufs Auge. Sie haben sich nach der Friedrichs erkundigt, aber die hatte ihm eingeschärft, niemandem etwas zu sagen."
Ich atmete tief durch und knurrte etwas Unverständliches vor mich hin. So lag die Sache also.
"Ich höre", sagte ich. "Erzählen