Zwei besondere Krimis - Im Zeichen der Fliege & Die toten Frauen. Alfred Bekker

Zwei besondere Krimis - Im Zeichen der Fliege & Die toten Frauen - Alfred Bekker


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müssen, sage ich gleich auch noch folgendes: Ja, es gibt eine Lebensversicherung zu meinen Gunsten. William meinte, dass das notwendig sei. Catchen ist ein brutaler Sport - obwohl es nicht halb soviel Verletzungen wie beim American Football gibt. Aber ein Risiko ist natürlich immer dabei. William war sicher vermögender als ein Special Agent des FBI. Aber er war nicht so reich, wie viele vermuten. Er befand sich am Anfang einer großen Karriere. Trotz des Erbes und der Lebensversicherung werde ich dieses Haus zum Beispiel nicht halten können."

      "Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit", sagte ich. "Hatten Sie einen Ehevertrag?"

      "Ja. Im Fall einer Scheidung wäre ich leer ausgegangen. Sie können mich also ruhig auf die Liste der Verdächtigen setzen. Aber ich habe Will geliebt. Unsere Ehe war glücklich."

      "So war es nicht gemeint", sagte ich.

      "Doch, Mister Trevellian, das war es. Auch wenn Sie etwas mehr Charme haben, als Ihre Kollegen von der Mordkommission."

      4

      Wir durchsuchten Gerrattis Sachen sehr gründlich. Jeden Beleg, den wir in seinem Schreibtisch fanden, seinen Terminkalender und das Adressregister. Glenda Gerratti beobachtete uns dabei. Schließlich hörten wir den Anrufbeantworter ab.

      "Ich bin seit Wills Tod noch nicht dazu gekommen", sagte sie. "Außerdem wollte ich niemanden sprechen. Den ganzen Tag über klingelte es. Eine Presseagentur nach der anderen. Ich hatte einfach nicht den Nerv, um mit irgendjemandem von den Medien zu reden..."

      "Das verstehe ich gut", erklärte ich.

      Wir gingen die Anrufe einzeln durch. Das meiste war tatsächlich aus dem Presse- und Medienbereich. Jeder dieser News-Geier wollte der Erste sein, der mit der Witwe sprach.

      Glenda Gerratti hätte eine Menge Geld verdienen können, wenn sie abgehoben und irgendeines dieser Angebote angenommen hätte.

      "Glenda, hier ist Sly Jordan", meldete sich dann irgendwann eine Stimme. "Glenda, ich weiß, dass du zu Hause bist, also nimm ab. Es ist wichtig. Wir müssen miteinander reden, bevor..." Er brach ab. "Du weißt schon. Ich versuche es später nochmal."

      Tatsächlich hatte es Sly Jordan insgesamt dreimal versucht.

      "Was kann er von Ihnen gewollt haben, Mrs. Gerratti?", erkundigte sich Milo.

      "Ich weiß es nicht."

      "Es klang sehr dringend."

      "Ja, ich habe wirklich keine Ahnung, worum es ihm gegangen sein könnte. Vielleicht ruft er ja nochmal an, dann kann ich Ihnen Näheres sagen. Oder Sie fragen ihn selbst."

      "Das werden wir bestimmt noch tun", kündigte ich an.

      Wir untersuchten auch William Gerrattis Garderobe. Seit er reich geworden war, schien er ein Faible für Maßanzüge entwickelt zu haben. Allerdings waren das bei seiner muskulösen Bodybuilder-Figur vermutlich auch die einzigen, die er tragen konnte. Er hatte mehrere Dutzend davon. Manche waren vom Schnitt und von der Farbgebung her ziemlich extravagant und schrill. Aber die Stoffe waren immer erste Wahl, die Verarbeitung excellent. In einer der Jacketts fand Milo einen Brief in der Innentasche.

      Adressiert war er mit einer Schreibmaschine, deren Typen schon seit Jahrzehnten nicht gereinigt zu sein schienen. Die beiden kleinen r in 'William Gerratti' waren nur noch kleine, schwarze Schmierpunkte.

      Ein Absender war nicht vorhanden.

      Der Umschlag war an der Oberseite aufgerissen.

      Milo holte eine weiße Pappkarte heraus, die in der Mitte gefaltet war.

      Außen trug sie keinerlei Beschriftung. Einfach ein Stück dünner Karton mit Glanzbeschichtung.

      Milo öffnete die Karte.

      Innen gab es auch keinerlei Beschriftung. Dafür etwas anderes höchst Merkwürdiges. Eine dicke Fliege war mitten auf dem weißen Karton aufgeklebt.

      "Hast du so etwas schonmal gesehen?", fragte Milo angewidert.

      Ich schüttelte den Kopf.

      "Sollen wir Wetten darüber abschließen, ob die Fliege echt ist?"

      "Sie ist echt", meinte Milo. "Ich hoffe nur, dass sie nicht noch gelebt hat, als dieser Spinner sie auf die Post gab."

      Ich sah mir den Umschlag an. Laut Stempel war er in Yonkers abgeschickt worden. Ich fragte Glenda, warum ihr Mann diese Karte bei sich gehabt hatte. "Sie muss eine besondere Bedeutung für ihn gehabt haben", war ich überzeugt. Aber Glenda war da anderer Auffassung.

      "Er hatte die Angewohnheit, solche Sachen einfach einzustecken und dann zu vergessen. Was glauben Sie, was ich alles aus seinen Taschen schon herausgeholt habe, bevor ich sie in die Reinigung geben konnte."

      "Wissen Sie, was es mit diesem Brief auf sich hat?"

      Sie schüttelte den Kopf.

      "Nein, keine Ahnung. Aber wissen Sie, Fans sind manchmal seltsam. Besonders Wrestling-Fans. William hat des öfteren Geschenke bekommen, über die normale Menschen nur den Kopf schütteln können..."

      5

      Ein scharfer Schweißgeruch kam uns entgegen, als wir die Räume von McCalls Wrestling School in der Lower East Side betraten. Jack McCall war Gerrattis Trainer gewesen. Und hier, in McCalls Catcher-Schule war THE FURY groß gewordem.

      McCall war nicht nur ein wichtiger Zeuge, von dem wir uns weitere Informationen zu Gerrattis Lebensumständen erhofften.

      Er war auch bei dem Attentat dabeigewesen. Auf dem Videoband der Live-Übertragung war er deutlich zu sehen. Er hatte seinen Schützling während des Kampfes betreut.

      Dumpfe Schlaggeräusche waren zu hören. Riesige Kerle in durchschwitzten T-Shirts droschen bis zur Besinnungslosigkeit auf Sandsäcke ein. In einem der Sparrings lief gerade ein Trainingskampf zwischen einem gewaltigen Schwarzen und einem Weißen mit Gorilla-Gesicht und einer blonden Lockenmähne, die wie eine Parodie auf einen Rauschgoldengel wirkte.

      Ein kleiner, hagerer Mann, der in seiner hektischen Art etwas von einem Wiesel hatte, trat uns entgegen. Er sah uns aus tiefen Augenhöhlen an.

      "Heh, was wollen Sie hier! Hier hat nicht einfach jeder Zutritt und kann glotzen!"

      Ich holte den Ausweis heraus.

      Als der Hagere das FBI-Emblem sah, verlor sein Gesicht den letzten Rest von Farbe. Er schluckte.

      "Ich bin Special Agent Jesse Trevellian und dies ist mein Kollege Agent Tucker", stellte ich uns vor. "Ist Mister McCall zu sprechen?"


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