Umgang mit Kontrollverlust. Simone Janson

Umgang mit Kontrollverlust - Simone Janson


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beiden Forscher Janet Polivy und C. Peter Herman untersuchten, warum so viele Menschen sich so vieles vornehmen und ihre Vorhaben dann oft Knall auf Fall aufgeben. Sie entdeckten den What-the-Hell-Effekt, unter dem auch Rudi leidet.

      Er hat sich fest vorgenommen: “Ich muss meine Kundengespräche besser protokollieren – mir entgehen laufend Umsatzchancen wegen meiner Unordnung!” Nachdem er diesen Vorsatz gefasst hat, wertet er die Gespräche auch besser aus – exakt zwei Mal.

      Zu früh aufgegeben

      Nach dem dritten Mal kommt ihm etwas Dringendes dazwischen und er kommt nicht dazu. Anstatt jedoch beim vierten Gespräch einfach weiterzumachen, denkt er unwillkürlich: “Ach Mist! Hat ja doch kein‘ Wert!” und er gibt auf.

      Warum? Weil dieser Willenskiller unbewusst wirkt. Sobald ihn Rudi sich bewusst macht, kann er sich selbst sagen: “Zwei von drei ist besser als null von drei – und beim vierten mache ich einfach weiter wie vorher!”

      Der Geist ist willig, aber das Fleisch schwach

      Warum ballen Tennisspieler nach einem gelungenen Schlag oft die Faust? Marotte? Nein. Die Faust stärkt den Willen. Iris Hung von der National University of Singapore ließ eine Gruppe von Probanden entweder die Faust ballen, einen Stift fest zwischen zwei Finger nehmen oder den Bizeps anspannen.

      Die andere Gruppe sollte ohne diese Muskelanspannung ihre Hand in einen Eimer Eiswasser halten, Essig trinken oder in der Cafeteria statt leckeren Süßigkeiten etwas Gesundes kaufen. Bei allen drei Aufgaben zeigte jene Gruppe deutlich mehr Willensstärke, die vorher ihre Muskeln angespannt hatte.

      Die Körperhaltung beflügelt den Geist

      Ron Friedman und Andrew Elliot von der University of Rochester vereinfachten das Ganze: Probanden sollten schwierige Anagramme (Buchstabenrätsel) lösen.

      Jene, die dabei ihre Arme verschränkten, blieben beinah doppelt so lange bei der Sache wie jene, die ihre Hände auf die Oberschenkel legten: Wenn Ihr Körper eine willensstarke Haltung annimmt, dann wächst per Rückkopplung auch Ihre tatsächliche Willenskraft!

      Wille vs. Vorstellung

      Wenn Wille und Vorstellung im Widerstreit liegen – wer gewinnt? Wir verraten es uns oft unbewusst, wenn wir auf einen an sich guten Vorschlag antworten: “Das kann ich mir einfach nicht vorstellen!”

      Umgekehrt gilt: Je intensiver und häufiger Sie sich etwas vorstellen, desto stärker wird Ihr Wille, es zu tun. “Diesen blöden Kunden freundlich behandeln? Nee, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen!”, sagt Harry.

      Der Wille wird der Vorstellung angepasst

      “Aber ihn freundlich zu grüßen – können Sie sich das vorstellen?”, fragt der Coach. “Ja, klar, das schon.” – “Und ihn nach seiner Familie zu fragen?” – “Ja, das auch.” – “Und…?” Nach zwei Minuten detaillierter Vorwegnahme der Idealsituation hat sich Harrys Vorstellung komplett geändert.

      Und mit der Vorstellung hat sich auch sein Wille gestärkt: Jetzt will er! Was wollen Sie? Stellen Sie es sich vor. Konkret, detailliert, realistisch und doch positiv.

      TALK | Reinhold Messner über Ziele und Scheitern: “Ich bin immer meiner Leidenschaft gefolgt”

      // Von Simone Janson

      Im August habe ich auf Schloss Sigmundskron bei Bozen/Südtirol den Extrembergsteiger Reinhold Messner interviewt. Im Video-Interview berichtet er von extrinsischer Motivation und davon, wie man auch extreme Ziele erreicht.

       Reinhold Messner ist einer der bekanntesten Bergsteiger der Welt. Er hat gemeinsam mit Peter Habeler 1978 als Erster den Gipfel des Mount Everest ohne Zuhilfenahme von Flaschensauerstoff erreicht und stand als erster Mensch auf den Gipfeln aller vierzehn Achttausender (1970 – 1986, jeweils ohne Flaschensauerstoff). Ebenfalls als Erster hat er einen Achttausender im Alleingang (Nanga Parbat 1978) bestiegen. Zudem war er der Zweite, der 1986 die Seven Summits erreichte. Weiterhin durchquerte er die Antarktis (1989/1990 mit Arved Fuchs), Grönland (1993) und die Wüste Gobi (2004). Schließlich ist er ehemaliger Politiker, Buchautor, Redner bei Manager-Seminaren und betreibt mehrere Museen in Südtirol.

      Herr Messner, wie wichtig ist Motivation?

      Ich bin kein Freund von Motivationsseminare, wenn Sie das meinen. Man kann anderen Menschen Motivation nicht aufzwingen, z.B. durch Geld.

      Die ganzen Motivationsgurus und Motivationsseminare sind daher rausgeschmissenes Geld. Motivation steckt viel mehr in uns, man kann sie nur wecken und dann staunen.

      Wie geht das am besten?

      Ich selbst habe immer nur das gemacht, was ich selbst gerne tue – auf meine Art und Weise. Und am liebsten bin ich Dinge angegangen, die noch kein anderer vor mir gemacht hat.

      Die Kritiker, die mir imer wieder sagten “Das ist nicht Möglich” habe ich mit meinen Handlungen Lügen gestraft. Mein Motto ist: Mit Steinen, die einem jemand in den Weg legt, kann man Großes bauen. Widerstände muss man annehmen und überwinden.

      Sind Sie nie gescheitert?

      Doch, sehr oft – ungefähr bei einem Drittel meiner Unternehmungen.

      Ich habe aber beim Scheitern viel mehr gelernt als bei den Erfolgen, weil ich darauf gekommen bin, was ich falsch gemacht habe.

      Was motiviert Menschen zu extremen Leistungen?

      Gemeinsame Ziele sind die Grundvoraussetzung: Ich bin grundsätzlich nur mit Leuten losgegangen, die dieselbe Motivation haben wie ich selbst. Beispiel Antarktis-Durchquerung:

      Wenn meine Mitstreiter nur durch Geld motiviert worden wären, hätten sie wohl möglich nach einer Woche aufgegeben. Das wäre schlicht unmöglich gewesen.

      Kann ein guter Leader motivieren?

      Führung funktioniert in einer archaischen Welt ganz anders als in unserem Verständnis: Der Leader wird von der Gruppe gewählt, die sich gemeinsam und instinktiv für die stärkste Persönlichkeit entscheidet. Ein Machtgerangel gibt es nur, wenn die Stärke der führenden Person einen Einbruch erleidet.

      Der gegenseitige Austausch ist ein Aspekt, der oft nicht beachtet wird: Der Leader bekommt die Energie der gesamten Gruppe. Wenn er allerdings seine Führungsrolle abgibt, muss er die Energie auch wieder zurückgeben. Daher wird er oft zum schwächsten Glied der Gruppe.

      Wie motiviert man sich selbst?

      Ich habe immer die höchsten Ansprüche an mich selbst gehabt. Erfolg bedeutet, einen völlig neuen Zugang zu einem Problem und alternative Lösungen zu finden. Wenn ich die nicht finde, kann ich etwas nicht machen. Das gilt für meine Expeditionen genauso wie für meine unternehmerischen Aktivitäten.

      Allerdings muss immer Leidenschaft dabei sein: Jeder sollte in seinem Job Leidenschaft verspüren und tun, was er gerne macht. Nur dann ist er wirklich gut. Schwierig und sozial ungerecht ist, dass das nicht allen möglich ist.

      Manch einer könnte das für Egoistisch halten..

      Wer ist das nicht? Wichtig sei aber, das man macht, was man gern tut. Nur wer selbst auf die Beine kommt, kann auch anderen helfen.

      Gutes entsteht nur durch Kreativität. Kompromisse im kreativen Bereich sind jedoch immer etwas seltsam. Ich kann aber auch nur aus meinem Leben erzählen, so wie es bei mir funktioniert hat.

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