Umgang mit Kontrollverlust. Simone Janson
bedeutet, Erfolge und Misserfolge zu erleben. Einige scheitern, andere werden ein Erfolg. Doch was ist die Ursache für Erfolg oder Misserfolg?
Viele Köche verderben den Brei
Manche Projekte scheitern oder werden mehr schlecht als recht zu Ende geführt. Andere entwickeln sich hervorragend und werden die Grundlage für weitere, gewinnbringende Geschäfte. Doch was ist die Ursache für Erfolg oder Misserfolg?
Eine ehrliche Antwort wäre, dass stets eine große Vielzahl von Faktoren einen Einfluss hat. Selbst bei Projekten, die von einer einzelnen Person verantwortet werden, haben andere Personen und die Umwelt einen sehr großen Einfluss auf das Ergebnis.
Die Illusion der Kontrolle
Softwareentwickler greifen auf die Lösungen und Ideen von anderen Entwicklern zurück, Unternehmensberater sind auf die Zuarbeit und Kooperation des Kunden angewiesen, Verkäufer sind je nach Produkt, Kunde und Wettbewerbssituation erfolgreich.
Obwohl wir meist nur begrenzten Einfluss auf Erfolg oder Misserfolg haben, unterliegen wir häufig einer Illusion der Kontrolle. Das heißt, wir meinen, dass wir es sind, die das Ergebnis maßgeblich bestimmen. Und je länger wir erfolgreich tätig sind, desto mehr wird dieser Eindruck verstärkt.
Wenn Illusion die Motivation erhöht
Wozu führt eine solche Illusion der Kontrolle? Einerseits führt sie dazu, dass wir uns anstrengen, um unsere Ziele zu erreichen. Sie erhöht unsere Motivation und unser Durchhaltevermögen. Diese Folge ist also positiv.
Auf der anderen Seite führt die Illusion der Kontrolle dazu, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit überschätzt wird und wichtige Einflussfaktoren nicht ausreichend berücksichtigt werden. Dies kann negative Folgen nach sich ziehen.
Alles hängt von uns ab?
Nehmen Sie einen Verkäufer, der glaubt alles hänge von ihm ab. Wenn der Markt schwieriger wird, z.B. weil die Konkurrenz attraktivere Produkte anbietet, kann ein solcher Verkäufer den Umsatz reduzieren, weil er zum Beispiel den Einfluss von Peer-to-peer Kommunikation, sozialen Netzwerken oder so banalen Dingen wie den Service rund ums Produkt unterschätzt.
Anstatt die positive Wirkung anderer Faktoren zu seinem Vorteil einzusetzen, versucht er nur durch eigene Anstrengung zu punkten.
Erfolge sind hausgemacht?
Eigentlich sollte uns die Erfahrung lehren, wie groß unser Einfluss auf Erfolg und Misserfolg wirklich ist. Leider ist dem nicht so. Wir neigen dazu, Erfolge uns persönlich zuschreiben. Wir glauben, dass der Erfolg durch unser Wissen, unsere Kompetenz und unsere Anstrengung zu Stande gekommen ist. Darum können wir stolz auf das Erreichte sein.
Dagegen schreiben wir gerne Misserfolge anderen oder widrigen Umständen zu. In diesem Fall geben wir die Kontrolle und damit die Verantwortung also gerne ab. Dies hat die psychologisch positive Folge, dass wir uns weniger schuldig fühlen müssen und unser Kompetenz nicht in Frage gestellt wird. Da die Anzahl der Erfolge meist deutlich größer als die Misserfolge ist, können wir weiterhin daran glauben, unseren Erfolg kontrollieren zu können.
Resourcen nicht sinnlos vergeuden
Sollten wir also versuchen unseren Einfluss auf Erfolg und Misserfolg realistisch einzuschätzen? Da die Illusion der Kontrolle auch positive Folgen für die Motivation hat, ist gegen eine leichte Überschätzung wohl nichts einzuwenden.
Kritisch wird es aber dann, wenn wir dadurch unsere Energie und unsere Ressourcen sinnlos vergeuden. Viele Würfelspieler verlieren ihr Geld, weil sie glauben, die Würfel kontrollieren zu können. Im Gegensatz dazu sind Pokerspieler häufig erfolgreich, weil sie sich ihres Einflusses auf den Spielausgang bewusst sind.
Was gehört zur erfolgreichen Umsetzung?
Viele glauben, dass durch mehr Erfahrung mehr Wissen und mehr Kompetenz erworben wird. Das ist nicht notwendigerweise der Fall.
Wenn eine Person immer das gleiche Wissen und die gleichen Routinen einsetzt, dann wird die Person nur routinierter aber nicht zum Experten. Berater, die immer nur die gleiche Art von Projekt umsetzen, werden besser in der Umsetzung, aber nicht unbedingt kompetenter. Um zum Experten zu werden, müssen Sie genau zwei Dinge machen:
1 verschiedene Dinge bewusst auszuprobieren und
2 von den Ergebnissen gezielt zu lernen.
Vermeintliche Kompetenz
Nehmen sie ein so triviales Beispiel wie den Einsatz von Office-Paketen. Die meisten Nutzer sind sehr vertraut mit den Programmen und können ihre Aufgaben schnell und mit gutem Ergebnis bearbeiten. Heißt das, dass diese Nutzer Experten sind? Mitnichten.
Die meisten Nutzer kennen nur wenige Funktionen und wissen nicht, wie sie ihre Aufgaben auf anderem Wege mit zum Teil erheblich höherer Effizienz lösen könnten. Weil das übliche Vorgehen ausreichend gut funktioniert, wird nichts Neues ausprobiert und nichts Neues hinzugelernt.
Die vermeintlich positive Rückmeldung, die solche Personen erhalten, leitet sie fehl. Sie glauben kompetent zu sein und alles im Griff zu haben. Die Erfahrung, dass es “so gut geht”, führt zu einer Illusion der Kontrolle, einer Überschätzung der eigenen Fähigkeiten und kann zu unverhältnismäßigem Selbstvertrauen beitragen.
Neue Möglichkeiten systematisch austesten
Im Gegensatz dazu lernen Experten ständig hinzu, indem sie neue Möglichkeiten systematisch austesten und von den Ergebnissen, den Erfolgen und Misserfolgen, lernen. Diese Rückmeldungen zeigen, welche Vorgehensweisen erfolgreich sind, und welche nicht.
Sie erlauben es auch zu erkennen, welche anderen Faktoren für Erfolg mit ausschlaggebend sind. Nehmen Sie zum Beispiel herausragende Musiker. Diese haben nicht nur eine sehr lange Ausbildung hinter sich, in der sie meist gezielt die kritische Rückmeldung anderer hervorragender Musiker gesucht haben.
Sich der Möglichkeit des Scheiterns aussetzen
Vielmehr probieren sie ständig neue Möglichkeiten aus. Sie experimentieren damit, wie sie ein Stück anders und vielleicht noch besser oder interessanter interpretieren könnten. Dass sie Meister ihres Fachs sind, heißt eben nicht, auf Bewährtes zu setzen.
Weil sie sich immer wieder der Möglichkeit des Scheiterns aussetzen, lernen sie was sie erfolgreich macht und wo ihre Grenzen liegen. Dies reduziert die Gefahr die eigenen Fähigkeiten zu überschätzen und einer Illusion der Kontrolle anzuhängen.
Text stammt aus: Denkfallen: Klug irren will gelernt sein (2015) von PD Dr. York Hagmayer, erschienen bei BusinessVillage Verlag, Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
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