99 Fragen, mit denen Eltern ihre Kinder wirklich erreichen. Ralph Caspers
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Wie würdest du dich vorstellen, wenn du jemand Neues kennenlernst?
Eins
Meistens schaue ich meinem Gegenüber in die Augen und sage: „Hallo, ich heiße Herzglitzer Ralphonus Elvis Maria Caspers. Aber die meisten nennen mich Ralph.“
In neun von zehn Fällen werde ich ungläubig angelächelt, in einem von zehn Fällen mitleidig angeseufzt. Dieser eine Mensch sagt in der Regel so etwas wie: „Deine Eltern waren Hippies.“ Ich nicke dann und ergänze: „Ja, sie waren sehr entspannt. Und Fans von Mozart.“ Denn Wolfgang Amadeus Mozart hieß eigentlich Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus Mozart. Theophilus kommt aus dem Griechischen. Ins Deutsche übertragen würde er Gottlieb heißen und ins Lateinische Amadeus. Die französische Variante Amadé benutzte Mozart, wenn er sich irgendwo vorstellte. Da sieht man mal, was für eine wichtige Funktion so eine Vorstellung hat. Nicht nur erfährt man etwas über sein Gegenüber.
Oh nein, man fängt direkt an, sich zu unterhalten, kommt ins Gespräch und lernt sich besser kennen.
Und genau dafür ist auch dieses Buch gedacht. Hier findest du viele harmlose Fragen, die dich – mal mehr mal weniger – zum Nachdenken bringen und die vielleicht sogar dafür sorgen, dass eine Unterhaltung beginnt und man sich gegenseitig besser kennenlernt. Zu jeder Frage schreibe ich einen kleinen Text mit meiner Antwort und in welche Richtung du vielleicht weiterdenken könntest. Das Tolle daran ist: Es gibt keine falschen und richtigen Antworten. Allerhöchstens gibt es ein paar neue Gedanken. Und bei denen wünsche ich dir sehr viel Spaß!
Wenn du eingeladen würdest, mit zur ISS zu fliegen, würdest du es machen? Zum Mond? Zum Mars? Wie weit von zu Hause würdest du höchstens reisen wollen?
Zwei
Einmal bin ich von zu Hause abgehauen. Ich war so jung, dass mir noch niemand beigebracht hatte, über die Straße zu gehen. Das hatte zur Folge, dass ich nur einmal um den Block gehen konnte.
Inzwischen schaffe ich es weiter – auch über die meisten Straßen. Aber wie bei fast allen Menschen ist meine Reichweite begrenzt auf etwa 20 000 Kilometer. Weiter weg von hier kann ich nicht kommen. Ich wäre sonst schon wieder auf dem Rückweg, denn unser Planet ist mehr oder weniger rund. Wenn ich die Erde verlassen würde, sähe das schon anders aus.
Der nächstmögliche Halt im Weltraum ist die Internationale Raumstation, die auch ISS genannt wird. Sie fliegt auf einer Höhe von rund 400 Kilometern durchs All. Das klingt gar nicht so weit weg. Aber das Leben da ist so anders als auf der Erde, dass es für die Menschen, die dort waren, ein unvergessliches Erlebnis bleibt. Das liegt zum einen an dem einmaligen Blick auf unseren Planeten. Zum anderen an der Schwerelosigkeit, die dafür sorgt, dass es kein Oben und kein Unten gibt und man richtig aufpassen muss, wohin man sich übergibt, wenn einen die Raumkrankheit erwischt.
Viel entfernter ist der Mond. Die Strecke dorthin ändert sich ständig, kann aber im höchsten Fall etwa 400 000 Kilometer lang sein. Noch weiter ist kein Mensch je gekommen. Es gibt Ideen, zum Mars zu reisen – das wären dann mindestens 55 650 660 Kilometer.
Übrigens, das Schöne an meinem ersten Ausreißversuch war, dass ich automatisch nach der Runde um unseren Wohnblock wieder zu Hause ankam.
Wenn du das Wochenende verlängern könntest, sollte lieber der Freitag oder der Montag mit dazu gehören?
Drei
Für mich ist der Freitag sowieso ein toller Tag, weil er das Ende der Woche ist und der Beginn des Wochenendes. Freitage fühlen sich meistens ganz entspannt an. Deshalb würde ich mich für den Montag als Wochenendverlängerung entscheiden. Aber ehrlich gesagt: Es ist mir egal. Hauptsache drei Tage Wochenende!
Aber warum sollte man schon bei drei Tagen aufhören? Wäre es nicht schön, wenn alle Wochentage frei wären? Das klingt erst einmal verlockend, bringt aber auch das eine oder andere Problem mit sich. Erstens: Wie sollte man Geld verdienen, wenn man nur noch frei hat und nicht mehr arbeitet? Zweitens: Würde das nicht wahnsinnig langweilig werden? Ich erinnere mich nicht gern an die Wochenenden, die so öde waren, weil es niemanden gab, mit dem man etwas unternehmen konnte – außer den eigenen Eltern, die immer nur spazieren gehen wollten. Örks.
Wenn man an keinem Tag mehr in die Schule oder arbeiten gehen muss, wenn also jeder Tag frei ist, dann gibt es keine freien Tage mehr. Denn damit man Tage frei hat, muss es auch Tage geben, die man nicht frei hat. Oder anders ausgedrückt: Schatten kann es nur geben, wenn es auch Licht gibt. Was dunkel ist, versteht man erst, wenn man weiß, was hell bedeutet. In der Philosophie nennt man das Polarität. Polaritäten sind zwei Enden einer Wurst – das linke Ende und das rechte Ende. Gäbe es das eine Ende nicht, würde auch das andere nicht existieren. Und die Wurst gäbe es dann auch nicht mehr. Insofern bin ich ganz froh, dass die Woche aus nichtfreien Tagen und freien Tagen besteht. Sonst gäbe es überhaupt kein Wochenende mehr. Und das fände ich sehr schade. Und du?
1, 2, 3, 4?
Oder 5 und 6?
Vier
Okay, das sieht ein wenig sinnlos aus. Deshalb formuliere ich die Frage etwas um. Also: Wir beide bekommen jeweils einen Würfel und würfeln. Das heißt, zwei Würfel werden geworfen. Wenn die höchste Zahl – egal wer sie gewürfelt hat – eine 1, 2, 3 oder 4 ist, gewinnt der eine. Wenn die Zahl eine 5 oder 6 ist, gewinnt der andere. Bevor wir loslegen, darfst du dir aussuchen, welche Zahlen deine Gewinnzahlen sein sollen: 1, 2, 3 und 4? Oder 5 und 6?
Es sieht so aus, als hätte man bei 1, 2, 3 und 4 vier Gewinnmöglichkeiten. Bei 5 und 6 nur zwei. Da muss man nicht lange überlegen – 1, 2, 3,
4 ist die beste Wahl. Richtig?
Falsch, denn die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen ist bei 5 und 6 höher als bei 1, 2, 3 und 4. (Gut zu wissen, wenn man bei langweiligen Familienfeiern sein Taschengeld etwas aufbessern möchte und eine wettfreudige Verwandtschaft hat.)
Hier die Erklärung. Wenn man zwei Würfel wirft, gibt es viele Möglichkeiten, welche Zahlen nach dem Wurf oben liegen können: 1 & 1, 1 & 2, 1 & 3, 1 & 4, 1 & 5, 1 & 6. 2 & 1, 2 & 2 – und immer so weiter, bis du bei 6 & 6 angekommen bist. Das sind insgesamt 36 Möglichkeiten, denn sechs mal sechs ist 36.
Wenn du dich für 1, 2, 3, und 4 als Gewinnzahlen entscheidest, dann gewinnst du ja, wenn die höchste Zahl bei beiden Würfeln 1, 2, 3 oder 4 ist. Du gewinnst bei 16 Würfelergebnissen, also bei allen Kombinationen, die es von 1 & 1 bis 4 & 4 gibt. Das heißt, es bleiben 20 Würfelkombinationen übrig für die Zahlen 5 und 6. Denn 36 minus 16 ergibt 20. Die Chance zu gewinnen ist also bei 5 und 6 größer.
Gewinnchancen richtig einschätzen kann echt schwer sein.
Wann hattest du das letzte Mal Schadenfreude?
Fünf
Was genau ist Schadenfreude eigentlich? Sie besteht aus zwei Wortelementen: Schaden und Freude. Genauer gesagt handelt es sich um das Gefühl der Freude, das man empfindet, wenn einem anderen ein Schaden widerfährt. Zum Beispiel: Jemand rennt schwungvoll nach draußen, übersieht dabei eine Glastür und knallt boing dagegen. Falls du jetzt beim Lesen grinst, hast du ein kleines bisschen Schadenfreude.
Der Philosoph Arthur Schopenhauer1 war übrigens der Ansicht, dass nur böse Menschen Schadenfreude empfinden. Und Richard Chenevix Trench, ein irischer Erzbischof aus dem 19. Jahrhundert, schrieb, dass es kein gutes Zeichen sei für eine Kultur, wenn ihre Sprache solch ein Wort hervorgebracht habe.2 Für den