Chinesische Medizin 1. Michael Kotsch
eine Nadel in einen Reizpunkt am Handrücken gesteckt, worauf die Schmerzen nachzulassen begannen.19 In einem ersten Überschwang wurde diese Erfahrung auf alle anderen Bereiche der Anästhesie übertragen und gegenüber dem westlichen Ausland als Paradestück der wissenschaftlichen Errungenschaften des Proletariats präsentiert. „Der Journalist James Reston war auf einer Reise durch die Volksrepublik China im Sommer 1971 erkrankt. Auf Vermittlung von Premierminister Zhou Enlai wurde ihm am 17. Juli im Antiimperialistischen Krankenhaus von Peking der Blinddarm entfernt. Reston wurde nur lokal anästhesiert und erlebte den Eingriff, bei vollem Bewusstsein. Mit Hilfe des ihm vom Außenministerium zugeordneten Dolmetschers konnte er alle Anweisungen der Ärzte während der Operation befolgen. Später auftretende Beschwerden wurden mit Akupunktur und Moxibustion behandelt, worauf eine spürbare Entspannung des Drucks und der Schwellung innerhalb einer Stunde eintrat und sich die Beschwerden auch später nicht wieder einstellten. Reston berichtete am 26.Juli 1971 in der New York Times über seine medizinischen Erlebnisse in der Volksrepublik China und über die Nadel- und Kräutermedizin der Chinesen.”20 Zahllosen ausländischen Ärzten, Journalisten und Touristen wurden in der Folge stolz Operationen mit Hilfe einer solchen Nadelstichanalgesie vorgeführt, wenn man auch bald die engen Grenzen dieser Methode eingestehen musste. Heute wird sie zumeist in Kombination mit anderen, der westlichen Medizin entlehnten Narkotika, eingesetzt. 1958 wurde von der Akademie für traditionelle chinesische Medizin in Nanking die umfassendste und aktuellste Zusammenfassung der chinesischen Heilmethoden unter dem Titel „Allgemeine Darstellung der chinesischen Medizin” (Zhongyixne geilun) herausgegeben.
Während der Kulturrevolution der 60er Jahre wurden einfache Barfußärzte in einer Kombination von westlicher und traditionell chinesischer Medizin ausgebildet und zur kostengünstigen ambulanten Behandlung der Bevölkerung über Land geschickt.
Am meisten durchgesetzt hat sich die chinesische Medizin bei westlichen Ärzten und Krankenhäusern mit der Schmerzbekämpfung durch Akupunktur (Akupunkturanalgesie).
Zur Ausbildung einer detaillierten medizinischen Anatomie und einer effektiven Chirurgie kam es in der Geschichte der TCM nicht. Besonders die konfuzianistische Hochachtung vor dem menschlichen Körper und den Ahnen, „Blutscheu und Angst vor Verstümmlungen haben in China die Entfaltung der Anatomie und der Chirurgie verhindert. Die chirurgische Praxis kam mit wenigen Ausnahmen aus den Kinderschuhen nicht heraus. Sie beschränkte sich im großen und ganzen auf das Verbinden von Geschwüren und Wunden mit Salben, das Nähen von Wunden mit Fäden … das Ausbrennen von Geschwüren, wildem Fleisch und Bissen toller Hunde mit dem Glüheisen … und das Anlegen primitiver Verbände bei Knochenbrüchen.”21
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