Protestantismus in Spanien. unbekannt

Protestantismus in Spanien - unbekannt


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der Gewalt der Meinungen und der Hellern Einsicht, selbst in jenen Staaten gesunken ist, in denen sie den menschlichen Geist noch vor wenigen Jahrzehnten gefesselt hielt, dass das Vorurteil unter dem Einfluss der Zeit schwindet, und wenn auch der weichlichere Süden seine Bewohner noch längere Zeit durch die Bande eines der Sinnlichkeit zusagenderen Kultus befangen halten sollte, doch unter dem Schutze weiser und toleranter Regierungen, der Protestant und der Katholik, zu einem Ziele strebend, sich bald in allen Landen die Bruderhand reichen werden, „Wie jeder sich den Dienst erkor“.

      Weitere Fortschritte in der gebrochenen Bahn dürfen wir vielleicht nun durch die Einwirkung politischer Reformen erwarten.

      In diesem Augenblicke, wo Spanien in Unwissenheit versunken, vom Aberglauben beherrscht, die Beute aller Arten von Verbrechen ist, kann nichts gleichgültig sein, was auf die Religionsgeschichte dieses unglücklichen Landes einiges Licht zu werfen fähig ist.

      Wir halten uns demnach versichert, durch die Erzählung der Art und Weise, wie die Reformation in diesem Teile der Halbinsel zu den Zeiten Luthers und Calvins ihren Anfang nahm, und durch welche Mittel es der Inquisition gelang, solche zu unterdrücken, Interesse zu erwecken. Die Abscheulichkeiten dieses entsetzlichen Tribunals können wir nicht oft genug dem Gedächtnisse zurückführen; denn hierdurch lernen wir desto lebhafter den unschätzbaren Wert der Aufklärung und der Freiheit fühlen.

      Auf welcher Stufe des Glanzes und der Wohlhabenheit würde sich nicht das heutige Spanien befinden, wenn die Ungeheuer, welche den Zügel der Regierung in diesem Lande führten, nicht die Fackel des Evangeliums ausgelöscht, nicht durch Gewalttaten und Verbrechen, vor denen die Menschheit schaudert, jene Menschen hätten umbringen lassen, die mit heiligem Eifer einzig dahin trachteten, die wahre Religion des göttlichen Sohnes zu verbreiten.

      Leider haben jene schrecklichen Übel, welche dieses Land heimsuchen und die ohne Zweifel auf höhere Fügung einer waltenden Vorsehung seit so lange alle Quellen seines Wohlstandes vertrocknen, weder einen großen Teil seiner Bevölkerung, noch auch diejenigen belehrt, welche an der Spitze des Volkes stehen. Sie scheinen für den heilsamen Einfluss der Aufklärung und der Wahrheit nicht empfänglicher, noch geneigter geworden zu sein, andern jene Gewissensfreiheit zu gewähren, die ein, jedem Menschen schon bei seiner Geburt verliehenes, unveräußerliches Recht ist. Noch heutigen Tages fehlt ihnen weiter nichts, als die Macht und die Gelegenheit, jene Blutgerüste wieder aufzurichten und im neunzehnten Jahrhundert jene schrecklichen Trauerspiele zu erneuern, welche das sechzehnte entehrt haben.

      Allein die Christen dürfen selbst auch an Spanien nicht verzweifeln. Mögen sie nicht aufhören, für seine Bekehrung und geistige Befreiung die inbrünstigsten Gebete zum Himmel emporzurichten.

      Wenn man den Zustand des Verfalls dieser Nation betrachtet, die einst die reichste und mächtigste von Europa, heute zu Tage so herabgesunken ist, dass die Weltgeschichte kein Beispiel einer schimpflicheren Erniedrigung darbietet; so sollte es fast scheinen, dass der Gerechtigkeit eine hinlängliche Genugtuung geworden sei, und dass die christliche Liebe sich eine tröstlichere Zukunft versprechen dürfe, indem sie sich des köstlichen Samens, der in dieses, durch die Leiden so vieler Märtyrer des protestantischen Glaubens geheiligte und mit ihrem Blute besprengte Land ausgestreut worden, so wie der sichern Verheißungen und der unendlichen Barmherzigkeit desjenigen erinnert, „der seinen Sohn in die Welt geschickt hat, nicht um die Welt zu verdammen, sondern dass die Welt durch ihn selig werde.“

      Die Morgenröte jenes belebenden Lichtes, welches im Anfange des sechzehnten Jahrhunderts so gewaltig und mit solchem Glanz hervorbrach, ließ auch einige ihrer Strahlen auf die Finsternis fallen, welche die von der Inquisition beherrschten Länder umhüllte. Man hätte hoffen sollen, dass das beständige und regelmäßige Fortschreiten jenes Lichtes endlich diese dichte Finsternis zu durchdringen vermocht hätte; allein kaum hatte man seinen ersten Schimmer wahrgenommen, als Menschen, die eine mächtige Klasse im Staate bildeten und die nur dem Aberglauben und der Unwissenheit des Volkes die Ehrenstellen und das Ansehen verdankten, deren Besitz sie sich ausschließlich angemaßt hatten, die Vorurteile der Nation gegen die neuen Ideen aufregten, die so viele Unruhe bei ihnen erweckten.

      Schon einige Zeit vor der Erfindung der Buchdruckerkunst hatte man in Spanien mit der Zerstörung der literarischen Werke begonnen. Jene Scheiterhaufen, wo die Flammen so oft die kostbarsten hebräischen und arabischen Manuskripte verzehrten, waren für den unwissenden Spanier ein ergötzliches Schauspiel, es waren Werke, die in den Sprachen zweier verabscheuten Nationen geschrieben waren, eine Betrachtung, die allein hinlänglich war, um sie zur Vernichtung zu verurteilen.

      Mit Wohlgefallen sahen auch die Geistlichen ihrerseits die Zerstörung griechischer, lateinischer und kastilianischer Werke, welche voraussetzen lassen konnten, dass es noch andere Wissenschaften, als diejenigen gäbe, welche sie lehrten. Im Jahre 1434 wurde die Bibliothek Heinrichs von Arragonien, Marquis von Villena, eines mit der königlichen Familie verwandten Großen, unter dem Vorwand verbrannt, dass sie Bücher über die Zauberei enthalte.

      Im Jahre 1502 befahlen Ferdinand und Isabella den Präsidenten der Kanzleien, so wie allen höheren Gliedern der Geistlichkeit, über alles, was auf die Untersuchung, die Zensur, den Druck, die Einführung oder den Verkauf von Büchern Bezug habe, die strengste Aufsicht zu führen. In dem Maße demnach, wie sich die Besorgnisse der römischen Kirche vermehrten, verdoppelten sich auch die Gefahren und Schwierigkeiten, womit diejenigen Menschen umringt wurden, welche ihr Leben, frei von dem Zwang irgend eines bestehenden Systems, der Entdeckung der Wahrheit zu weihen wünschten. Man konnte die Tätigkeit der Geister jedoch nur bis auf einen gewissen Grad beschränken. Das Studium der gelehrten Sprachen war eine Lieblingsbeschäftigung der höheren Geistlichkeit geworden. Die erste Ausgabe einer Polyglottenbibel verdankt man dem Kardinal Cisneros, der ohne Zweifel weit entfernt war, die Folgen dieser Neuerung vorauszusehen. Es konnte nicht fehlen, dass die Erforschung der Schrift in der Originalsprache bei den Spaniern die nämlichen Zweifel erweckte, die hierdurch bei den Gelehrten anderer Nationen entstanden waren, und so wurde in Spanien der Same der Reformation durch Mittel ausgestreut, die jenen ganz ähnlich waren, welche im Norden von Europa bald eine so reiche Ernte vorbereiteten.

      Unter dem fünften Generalinquisitor fingen die Meinungen der Reformatoren an, sich in Spanien immer mehr zu verbreiten. Die Geschichte jener Zeit überliefert uns die Namen mehrerer berühmter Opfer, die auf den bloßen Argwohn hin, dass sie Luthers Lehre angenommen hätten, unter den Händen der furchtbaren Inquisition bluteten.

      Unter ihnen befand sich der ehrwürdige Johann von Avila, der Apostel von Andalusien genannt. Da er das Evangelium mit Einfachheit predigte, ohne jene Streitfragen, welche die papistischen Theologen jener Zeit in Bewegung setzten, in seine Kanzelreden einzumischen; so vereinigten sich die neidischen Mönche, um Pläne zu seinem Verderben zu schmieden, und er ward in die Gefängnisse des heiligen Offiziums geworfen. ‒ Johann von Vergara und sein Bruder Bernhardin, zwei in der Literaturgeschichte Spaniens berühmte Männer, wurden gefangengenommen und eingekerkert, weil Johann, der eine ausgebreitete Kenntnis der hebräischen und griechischen Sprache besaß, Fehler in der Übersetzung der Vulgata bemerklich gemacht hatte. ‒ Es gelang den Mönchen ebenfalls, Alphons Virués, einen in den orientalischen Sprachen sehr bewanderten Priester, festnehmen zu lassen. Er war dem Kaiser durch seine Predigten sowohl, wie durch die vertrautesten


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