Mit Killern darf man nicht handeln: 7 Strand Krimis. Conrad Shepherd

Mit Killern darf man nicht handeln: 7 Strand Krimis - Conrad Shepherd


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es praktisch unmöglich machte, sie als schnelles Fluchtfahrzeug zu benutzen. Natürlich war es möglich, dass doch jemand auf den Killer gewartet und ihn mitgenommen hatte. Aber falls das nicht der Fall gewesen war, dann war er jetzt ganz in der Nähe.

      Ich drehte mich herum - und dann sah ich ihn.

      Auf den ersten Blick hätte man ihn für einen Obdachlosen halten können, der es sich in der Türnische für die Nacht gemütlich gemacht hatte.

      Die Türnische, in der er saß, gehörte zu einem der wenigen Häuser in der Straße, in denen sich keine Clubs oder Restaurants befanden. Und wenn nicht gerade in diesem Moment jemand den Eingang passiert hätte und dadurch der Bewegungsmelder aktiviert und die Beleuchtung im Eingangsbereich eingeschaltet worden wäre, hätte ich ihn gar nicht bemerkt.

      Es war eine Frau. Sie ging an ihm vorbei und verschwand im Haus, die Tür fiel hinter ihr zu, aber die Beleuchtung im Eingang würde noch ein paar Sekunden lang hell bleiben.

      Der Killer sah mich an. Jemand wie der hatte einen sechsten Sinn, um Polizisten zu erkennen. Selbst dann wenn sie keine Uniform trugen. In der Rechten hielt er eine Automatik mit Schalldämpfer. Dass er verletzt sein musste, war im Licht deutlich zu sehen. Schweiß glänzte auf seiner Stirn. Seine Kleidung war voller Blut.

      Er riss die Waffe hoch. Aber er war eine Sekunde zu spät.

      „Weg damit! BKA!”, rief ich. „Sofort!”

      Nicht nur meine Pistole, sondern auch die Mündung von Rudis Waffe zeigte in seine Richtung. Er wusste, dass er keine Chance hatte. Schon gar nicht in dem üblen Zustand, in dem er im Moment war. Aber selbst wenn er nicht verletzt gewesen wäre, hätte er uns beide erschießen können, ohne Gefahr zu laufen, selbst einen tödlichen Schuss abzukriegen.

      Er ließ die Waffe sinken.

      „Nicht schießen”, sagte er.

      „Die Waffe auf den Boden und zur Seite schieben!”, befahl ich.

      „Das mache ich.”

      „Sie haben das Recht zu schweigen. Aber falls Sie von diesem Recht keinen Gebrauch machen, kann alles, was Sie von nun an sagen, vor Gericht gegen Sie verwendet werden!”

      22

      Der Mann, den wir in dem Hauseingang gestellt hatten, hieß Raimund Orloff. Das Dossier über ihn war ziemlich umfangreich.

      „Das ist Kerimovs Mann fürs Grobe”, sagte Ladberger später über ihn, als man ihn bereits weggebracht hatte. Orloff kam in die örtliche Gefängnisklinik. Er war von mehreren Kugeln getroffen worden. Wie schwer die Verletzungen tatsächlich waren und in wie weit innere Organe betroffen waren, musste sich noch herausstellen.

      „Wenn er klug ist, kooperiert er mit uns”, meinte Rudi.

      „Der wird genauso wenig kooperieren wie Ferdinand Chovsky”, meinte Ladberger.

      „Abwarten”, sagte ich. „Auch da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.”

      „Sie sind ein unverbesserlicher Optimist, wie mir scheint, Kriminalinspektor Kubinke”, stellte Maik Ladberger fest.

      „Sie etwa nicht?”, gab ich zurück.

      23

      Am nächsten Morgen bekam ich einen Anruf von Herrn Hoch, unserem Chef in Berlin.

      „Guten Morgen, Harry”, begrüßte er mich.

      Wenn der Chef mich anrief, konnte nur bedeuten, dass irgendetwas Hoch-Offizielles zu besprechen war. Jedenfalls glaubte ich nicht, dass er unseren Bericht über die Ereignisse der vergangenen Nacht bereits vermisste.

      „Es gibt Neuigkeiten. Ich habe Dr. Förnheim nach Hamburg geschickt.”

      „Warum das?”, wunderte ich mich.

      „Das hat mit unserem Fall zu tun. Herr Förnheim wird Ihnen seine Analyse-Ergebnisse sicher noch selbst erklären und ich wette, er hat Ihnen auch längst eine Kopie ins Mailfach geschickt, wobei ich jetzt nicht erwarte, dass Sie da heute früh schon hineingesehen haben.”

      „Ehrlich gesagt…”

      „Ich fasse Ihnen die Ergebnisse kurz zusammen. Der Stoff, der Friedhelm Nöllemeyer getötet hat, wurde von Dr. Förnheim einer eingehenden Analyse unterzogen, die auch kleinere Zusätze und Verunreinigungen erfasste. Das Untersuchungsergebnis ist praktisch identisch mit einer Analyse, die von einer Heroin-Lieferung vorliegt, die vor sieben Jahren in Hamburg konfisziert wurde.”

      „Das ist interessant.”

      „Es gibt dem Fall möglicherweise eine neue Wende, Harry. Und ehrlich gesagt ist das keine, die mir gefällt.”

      „Wieso?”

      „Es könnte eine interne Ermittlung daraus werden, Harry. Dr. Förnheim fliegt nach Hamburg und wird dort überprüfen, ob etwas von dem konfiszierten Stoff fehlt.”

      „Sie meinen, da hat jemand was abgezweigt, nachdem das Heroin beschlagnahmt wurde?”

      „Ich hoffe, Förnheim gelingt es, das auszuschließen, denn sonst hieße das, dass vielleicht Kollegen mit drinhängen. Ich greife da zwar etwas vor, aber Sie sollten sich darauf einstellen.”

      „Könnte es nicht sein, dass das Heroin nur einfach aus derselben Quelle stammt und die konfiszierte Lieferung nicht die einzige war, die dort her kam?”

      „Beten Sie dafür, dass es so ist, Harry. Ich ermittle nämlich nicht gerne gegen Kollegen und es macht mich jedesmal krank, wenn ich Polizisten sehe, die das Gesetz missachten, obwohl sie es eigentlich schützen sollten.”

      „Das geht mir genauso.”

      „Eins sollten Sie noch wissen, Harry: Die Ladung Heroin, um die es geht, wurde beschlagnahmt, als ein großer Deal hochging. Die Beteiligten wurden verhaftet und sitzen zum Großteil heute noch in verschiedenen Haftanstalten. In Verdacht geriet damals auch ein gewisser Irfan Kerimov. Er soll einer der Hintermänner des Deal gewesen sein, aber letztendlich konnte man ihm zu diesem Zeitpunkt noch nichts beweisen.”

      „Aber Kerimov könnte aus derselben Quelle noch mehr Stoff in Besitz gehabt haben?”

      „Wenn jemand dafür in Frage kommt, dann er.”

      „Ich habe Ihnen auch einiges zu berichten”, erklärte ich dann und fasste ihm die Ereignisse der letzten Nacht kurz zusammen. Kriminaldirektor Hoch hörte interessiert zu, fragte ab und zu nach Einzelheiten und schwieg dann eine Weile, nachdem ich geendet hatte. „Anscheinend läuft alles auf Kerimov heraus”, sagte er schließlich.

      „Es hängt davon ab, ob Raimund Orloff oder Ferdinand Chovsky mit uns kooperieren. Anders wird Kerimov kaum beizukommen sein. Schließlich scheint er in den letzten Jahren gelernt zu haben, wie man weniger mit dem Gesetz in Konflikt kommt und seine geschäftlichen Interessen trotzdem und vor allem genauso hart durchsetzt.”

      „Harry, für den Fall, dass sich der Fall zu internen Ermittlung auswächst, sollten Sie schon jetzt darauf achten, dass Sie den Kreis derer, die über den vollen Stand der Ermittlungen Bescheid wissen, möglichst klein halten.”

      „Sie glauben, Kerimov hat hier Beamte aus Frankfurt auf seiner Seite?”, frage ich. Das konnte ich im ersten Moment einfach nicht glauben. Zumindest erschien mir das bei den Beamten, die ich bisher kennengelernt hatte, sehr unwahrscheinlich. Aber völlig ausschließen ließ sich so etwas natürlich nie. Da hatten Rudi und ich in der Vergangenheit schon die eine oder andere unangenehme Überraschung erlebt.

      „Wir überprüfen das zumindest”, erklärte Kriminaldirektor Hoch. „Ich habe Dr. Gansenbrink angewiesen, zu untersuchen, ob es irgendwelche personellen Überschneidungen zwischen den damals an der Beschlagnahmung des Heroins beteiligten Ermittler und Ihrem jetzigen Team gibt.”


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