Mit Killern darf man nicht handeln: 7 Strand Krimis. Conrad Shepherd
begangen haben könnte”, meinte ich. „Er tötet Drogensüchtige mit Kindern, weil er denen Leid ersparen will. Und er tut das, weil er selbst darunter stark gelitten habe muss.”
„Noch ist das nur eine Geschichte vom Hörensagen, Harry.”
„Ich weiß.”
„Und selbst wenn sich das mit der Drogensucht von Omienburgs Eltern als wahr herausstellen sollte: Ein Motiv reicht uns nicht, Harry. Wenn wir alle Leute verhaften würden, die ein Motiv hätten, irgendwen umzubringen, dann dann wären die Straßen von Frankfurt jetzt gerade nicht so verdammt voll gewesen.”
Nachdem ich den Ford auf den Parkplatz beim Polizeipräsidium geparkt hatten, trafen wir uns noch im Büro von Maik Ladbergers Abteilung zu einer kurzen Lagebesprechung. So erfuhren wir, dass Raimund Orloff sich offenbar entschieden hatte, mit der Justiz zusammenzuarbeiten und gegen Irfan Kerimov auszusagen. „Kerimov hat damit auch noch eine Anklage wegen Verabredung zum Mord am Hals”, berichtete Ladberger. „Der wird die Straßen Frankfurts vermutlich nie wie der mit seinen Drogen unsicher machen. Selbst wenn nur die Hälfte der Anklagen durchkommt, die bis jetzt gegen ihn vorliegen.”
„Wenigstens dieser Teil unserer Ermittlungen ist zu einem zufriedenstellenden Ende gebracht worden”, meinte ich.
„Du denkst an Omienburg?”, fragte Rudi.
„Natürlich.”
„Warten wir ab, bis geklärt ist, woher nun eigentlich das Heroin stammte, das der Täter verwendet hat”, schlug Rudi vor.
„Das Heroin muss aus der Asservatenkammer kommen”, war ich überzeugt. „Dass Irfan Kerimov seinen Anteil am großen Deal jahrelang aufbewahrt und dann für so einen Zweck einsetzt, ergibt einfach keinen Sinn.”
„Da ist was dran”, gab Rudi zu. „Dass die Morde weitergehen, nachdem Kerimov in Haft sitzt, könnte ja auch daran liegen, dass Kerimov seinen Handlanger nicht gestoppt hat.“ Rudi sah auf die Uhr. „Heute werden wir nichts mehr erreichen.”
„Doch, eine Sache können wir noch erledigen.”
„Und welche?”
„Eine Datenabfrage.”
„Über Gieselher Omienburg? Da ist nichts! Du hast doch gehört, was der geschätzte Kollege Ladberger dazu gesagt hat!”
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, über Omienburg werden wir dort nichts finden. Aber vielleicht über seine Eltern. Wenn die drogensüchtig waren, dann sind sie vermutlich damit auch der Justiz aufgefallen.”
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Die Abfrage war schnell erledigt und ziemlich ergiebig. Drogenmissbrauch, Drogenhandel, häusliche Gewalt, Entzug des Sorgerechts am gemeinsamen Sohn Gieselher, der daraufhin in einem Heim untergebracht wurde. Und Ermittlungen wegen des Todes von Gieselhers jüngerem Bruder, der schwer misshandelt worden war.
„Zumindest ist das Motiv jetzt erhärtet, Rudi”, sagte ich.
„Wir können Gieselher Omienburg ja einen Besuch abstatten”, meinte Rudi. „Oder er bekommt eine Vorladung.”
„Vielleicht reden wir erstmal mit den Ärzten dieser psychiatrischen Klinik, in der Omienburg die letzten Jahre verbracht hat.”
„Die werden uns nichts sagen dürfen, solange wir keine konkreten Anhaltspunkte für Omienburgs Schuld haben.”
„Haben wir nicht?”
„Nicht dafür, dass er auf irgendeine Weise an genau den Stoff gelangen konnte, der vor sieben Jahren in Hamburg beschlagnahmt wurde, Harry.”
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Am nächsten Morgen lag der Obduktionsbericht für Selim Zalides vor. Die Todesursache war damit von Dr. Wildenbacher noch einmal bestätigt worden. Zalides war tatsächlich an dem Heroin verstorben, dass er genommen hatte. Die sichergestellten Proben sollten jetzt einer weiteren Analyse unterzogen werden, sodass sich mit Sicherheit bestimmen ließ, ob der Stoff aus derselben Quelle kam, wie das Heroin, das Friedhelm Nöllemeyer getötet hatte.
Eigentlich konnte es daran keinen vernünftigen Zweifel geben. Aber sicher war das eben erst, wenn das Ergebnis schwarz auf Weiß auf dem Tisch lag.
Dr. Förnheim meldete sich noch einmal aus Hamburg.
„Meine Untersuchungen hier sind abgeschlossen”, erklärte Förnheim. „Der Weg, auf dem das Heroin seinen Aufbewahrungsort verlassen hat, ist nun restlos geklärt.”
„Dann gibt es einen oder mehrere Verdächtige?”, hakte ich nach.
„Der BKA-Chef von Hamburg wird Sie in Kürze anrufen und eine Video-Konferenz vereinbaren. Sie können dann dem Verdächtigen Fragen stellen.” Förnheim atmete tief durch. Er sah etwas abgekämpft aus, was ich ansonsten eigentlich nicht von ihm gewohnt war. Aber was diesen Fall anging, so schien er sich zu dessen Lösung ganz schön verausgabt zu haben.
„Der Verdächtige heißt Horst Immermann. Er ist Angestellter hier und offenbar seit vielen Jahren einen schwunghaften Handel mit Asservaten und Beweisstücken betrieben”, berichtete Förnheim. Bei Drogenvorräten, die der Polizei in die Hände gefallen sind, ist das leicht nachvollziehbar, wie man daraus Geld machen kann. Aber anscheinend hat er auch hin und wieder mal Beweisstücke für ein entsprechendes Honorar einfach verschwinden lassen.”
„Ich muss unbedingt mit ihm sprechen”, sagte ich.
„Das werden Sie auch, Harry. Im Moment wird gerade das Geständnis von Immermann in die letzte Form gebracht. Er weiß, dass er nur noch eine Chance hat, wenn er mit der Justiz zusammenarbeitet.”
„Steht denn wirklich fest, dass er diesen Handel allein aufgezogen hat?”, fragte ich.
„Bis jetzt spricht vieles dafür. Er ist dabei ausgesprochen clever vorgegangen und offensichtlich sind seine Aktivitäten ansonsten niemandem aufgefallen.”
„Ich danke Ihnen.”
„Wir sehen uns in Quardenburg.”
Eine halbe Stunde später kam der Anruf der Kollegen aus Hamburg. Ich wurde darüber unterrichtet, wie weit das Verfahren inzwischen fortgeschritten war und wir vereinbarten eine Videokonferenz eine Stunde später.
Sie wurde in einem der Besprechungsräume im Hauptgebäude des Frankfurt Polizeipräsidium durchgeführt. Ladberger, Kommissar Gustavv und die Kollegin Meckenhoff-Grelin waren auch dabei. Außerdem Melanie W. Schmidt von der Staatsanwaltschaft. Wofür das W. stand, wusste ich nicht. Aber Frau Schmidt legte großen Wert darauf, denn immer, wenn sie sich jemandem vorstellte war dieses W mit dabei. Und das nicht nur irgendwie. Sie betonte es auch stets sehr deutlich. Nunja, es war vielleicht ja auch der markanteste und am besten zu merkende Bestandteil ihres ansonsten nicht gerade ungewöhnlichen Namens.
Ich hatte den Kollegen aus Hamburg außerdem das Foto von Gieselher Omienburg geschickt. Das sollten Sie dem Beschuldigten genau dann zeigen, wenn ich es ihnen signalisierte.
Noch war der Großbildschirm dunkel. Melanie W. Schmidt hatte die Arme vor der Brust verschränkt. „Denken Sie wirklich, dass dabei irgendetwas herauskommt, Herr Kubinke?”
„Das werden wir sehen”, sagte ich. „Auf jeden Fall ist es mir ein Anliegen, dass Sie dabei sind, um sich vom Verlauf der Vernehmung ein eigenes Bild aus erster Hand machen zu können.”
„Ich tue Ihnen den Gefallen.”
Wenig später sahen wir auf dem Großbildschirm die Kollegen aus Hamburg zusammen mit dem Verdächtigen Horst Immermann.
Immermann war ein unscheinbarer, schmächtig wirkender Mann in den Fünfzigern. Das Haar war grau, die Augen braun. Jemand, der einem nicht weiter auffiel, wenn man ihm in der Verwaltung einer Asservatenkammer begegnet wäre. Aber vielleicht war genau das der Grund, weshalb er sein lukratives Nebengeschäft so