New Hope City. Severin Beyer

New Hope City - Severin Beyer


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einen Widerspruch zu verwickeln.

      »Kann ich Ihren Besuch sehen?«, meinte Steiner mürrisch.

      Das war keine rhetorische Frage, das war Rivera klar.

      »Wollen Sie auch einen Kaffee?«, versuchte er vom Thema abzulenken, während er sich selbst eine Tasse einschenkte. Genießerisch roch er daran, ehe er einen Schluck daraus nahm. Bei Riveras hervorragenden Aussehen und seinem schauspielerischen Talent hätte er es mit den besten Werbemodels aufgenommen.

      »Ich bin nicht hier, um mit Ihnen Kaffee zu trinken. Das Gespräch wird ab dem jetzigen Zeitpunkt übrigens aufgezeichnet«, entgegnete der Kommissar. Ohne weitere Erklärung legte er seinen Smartpod auf den Küchentisch:

      »›Beweisaufnahme: Start.‹

      Herr Ben Rivera, meine Kollegen und ich sind die Aufzeichnungen der Überwachungskameras am Erasmus-von-Rotterdam-Platz durchgegangen und haben dabei festgestellt, dass Sie in keiner einzigen Einstellung zu sehen sind.«

      »Und?«

      »Nach unserem bisherigen Wissensstand hätten Sie sich mindestens zweieinhalb Stunden in der Toilette aufhalten müssen, ohne von einer einzigen Kamera auf dem Platz gesehen zu werden. Ziemlich viel Zeit, wenn man bedenkt, dass Sie es ohnehin nicht nötig haben, eine öffentliche Toilette aufzusuchen. Dealen Sie mit Drogen?«

      Rivera grinste sein höflichstes Raubtiergrinsen, während er zuckersüß entgegnete:

      »Nein, das habe ich nicht nötig. Überprüfen Sie ruhig meine Finanzen, falls Sie mir nicht glauben. Gerne auch mit Verdacht auf terroristischen Hintergrund, sofern Ihnen das den Zugriff auf meine Konten erleichtert. Ansonsten können Sie mich und meine Wohnung jederzeit durchsuchen, Drogen werden Sie keine finden.

      Aber um zu Ihrem anderen Punkt zu kommen, dass ich mich zweieinhalb Stunden in der öffentlichen Toilette aufgehalten haben soll … Das kann schlicht nicht sein. Befragen Sie ruhig die anderen Personen, die in diesem Zeitraum dieselbe Örtlichkeit aufgesucht haben. Dank Ihrer Kameras dürfte es nicht schwierig werden, die dafür in Betracht kommenden Zeugen zu identifizieren. Mit meinem weißen Anzug hätten sie mich nur schwer übersehen. Falls Sie und Ihre Kollegen es nicht von sich aus tun sollten, dann werden es meine Anwälte in die Wege leiten, keine Sorge. Ich weiß, dass ich mich damit entlaste.

      Aber haben Sie vielleicht einmal in Betracht gezogen, dass Sie die Aufzeichnungen von Argus vielleicht nicht sorgfältig genug durchgegangen sind?«

      Er hatte beim Kommissar einen Nerv getroffen. Natürlich wusste Rivera nicht, dass sich Steiner fragte, ob Irina nicht doch ein Fehler unterlaufen sein könnte, der ihn nun in eine peinliche Situation brachte. Doch Rivera, der große Manipulator, erkannte am kurzen Zögern des Kommissars die Schwäche seines Gegners. Nachdem er Steiner schon am laufenden Band vorgeführt hatte, war dies die Chance, eine Verbrüderung vorzutäuschen.

      »Sie wollen wirklich keinen Kaffee? Dieser Kaffee ist echt, kein fades, mit Geschmacksstoffen vollgestopftes Ersatzprodukt, so wie Sie es sonst überall erhalten. Kommen Sie, nehmen Sie auch einen«, und er befüllte eine zweite Tasse, die er liebenswürdig dem Polizisten reichte »Der wird Sie wieder auf Trab bringen. Sie sehen schon so müde aus, seitdem ich Sie an der Türe gesehen habe. Ich akzeptiere kein Nein als Antwort.«

      Der Kommissar nahm den Kaffee tatsächlich an und trank einen Schluck.

      »Wenn ich Sie richtig verstehe …«, begann der Beamte nach kurzem Zögern » … Sie zweifeln die Zuverlässigkeit der Videoaufzeichnungen an?«

      »Oh, wie sage ich Ihnen das jetzt, ohne Sie zu verletzen? Ich zweifle nicht die Aufzeichnungen an – auch wenn sie natürlich manipuliert sein könnten. Ich zweifle eher die Sorgfältigkeit an, mit der Sie die Aufzeichnungen überprüft haben.«

      »Meine Kollegin arbeitet sehr zuverlässig«, blaffte der Polizist zurück »Und das Polizeinetz ist absolut sicher. Wir haben eine erstklassige Firewall.«

      »Alles ist hackbar.« Da war sie wieder, Riveras Arroganz. Herablassend wie ein Fallbeil enthaupteten seine Worte die positive Stimmung, die er zwischen sich und seinem Verhörer aufgebaut hatte »Wer nicht will, dass sensible Daten gestohlen oder manipuliert werden, darf sein System nicht ans Netz hängen. Das ist die einzige halbwegs sichere Lösung.«

      Wenige Sekundenbruchteile später bereute Rivera seine Worte bereits. Den Polizisten auf die Fährte zu lotsen, dass die Aufnahmen manipuliert sein könnten, war genau das, was er tunlichst vermeiden sollte. Gönnerisch versuchte er von seinem Fauxpas abzulenken:

      »Vielleicht überprüfen Sie einfach noch einmal eingehend Ihre Aufnahmen. Falls dann weiterhin Unstimmigkeiten bestehen sollten, dann komme ich auch gerne auf Ihr Revier und beantworte Ihnen alle Fragen dort. Das erspart Ihnen den Weg hierher und mir die Notwendigkeit, in einer derart unvorzeigbaren Aufmachung befragt zu werden.«

      Steiner antwortete ihm nicht sogleich. Stattdessen schüttete er seinen Kaffee in einem Zug hinunter. Suchend sah er sich nach einer geeigneten Stelle um, um seine Tasse abzustellen. Rivera nahm sie ihm ab und stellte sie auf den Spültisch.

      »Wahrscheinlich wäre das das Beste«, murmelte Steiner. Dann sagte er etwas lauter: »›Beweisaufnahme: Ende.‹« Er nahm seinen Smartpod wieder auf und heftete ihn an sein Armgelenk.

      »Bevor ich gehe, erfasse ich die Daten Ihrer Begleitperson.«

      »Ist das wirklich nötig? Er ist wirklich nur eine flüchtige Bekanntschaft«, versuchte Rivera den Kommissar davon abzubringen. Dieser Kill wäre der alleinige Höhepunkt seines Tages, den durfte er sich nicht nehmen lassen! Doch Steiner beachtete ihn nicht weiter. Mittlerweile war er zur verschlossenen Badtüre gegangen, an die er bestimmt klopfte:

      »Kommen Sie aus dem Bad. Hier ist die Polizei.«

      Nach wenigen Augenblicken vollkommener Regungslosigkeit hörten Rivera und Steiner ein Klicken. Die Türe öffnete sich. Hervor trat Rien, immer noch lediglich mit einer Decke bekleidet.

      »Ich bin Kommissar Steiner. Im Rahmen meiner Ermittlertätigkeit werde ich Ihre Daten aufnehmen.«

      »Hi, ich bin Rien«, meinte Rien müde.

      »Und Ihr Nachname?«

      »Also, der ist ziemlich schwierig zu buchstabieren …«

      »Können Sie sich ausweisen?«, seufzte der Beamte.

      »Ne, meinen Personalausweis habe ich verloren. Oh, aber ich habe einen Studierendenausweis, geht das auch?«

      »Zeigen Sie her.«

      Rien ging in den Wohnbereich. Desorientiert blieb er in dessen Mitte stehen. Nachdem er dort eine halbe Minute tatenlos herumgestanden war, fragte ihn der Beamte:

      »Was für Drogen haben Sie genommen?«

      »Drogen? Ich? Puh, ich nehme doch keine … Oh, Sie können mit Ihrem Auge … hm, in meinen Körper sehen und so? Schon verstanden. Können wir darauf nachher zurückkommen? Momentan suche ich meine Hose, da ist nämlich auch mein Ausweis.«

      »Hat er die Drogen von Ihnen?«, meinte der Polizist mit einem Seitenblick zu Rivera.

      »Ich bin kein Kindermädchen. Was meine Sexualbekanntschaften in ihrer Freizeit machen, geht mich nichts an. Ehrlich.

      Die Hose ist unter dem Bett!«

      »Haben Sie keine Angst, sich da Krankheiten zu holen?«, fragte Steiner beiläufig, während sie beide Riens tollpatschigen Versuchen zusahen, seine Hose unter dem Bett hervorzuziehen.

      »Wie sie bereits wissen, besteht mein Körper zu 100% aus TransTech. Viren, Bakterien, Pilze – ich bin gegen so ziemlich jede Geißel der Menschheit immun. Und sollte es irgendetwas geben, das meine Materialien tatsächlich befallen sollte, dann kümmert sich meine speziell programmierte Immunabwehr aus Nanorobotern darum.«

      »Nur so aus Interesse, was hat Ihr Körper gekostet?«

      Statt einer Antwort nahm Rivera einen weiteren Schluck Kaffee aus seiner Tasse. Rien hatte inzwischen seine Hose


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