Verbrechen im Café. Фиона Грейс
um sich abzustützen, und machte sich auf die schrecklichen Neuigkeiten gefasst, die Carol ihr überbringen würde. Sie war kaum in der Lage, sich auf die Frau zu konzentrieren, die im Laden auf und ab lief.
„Was ist los?“, fragte Gina ungeduldig. „Was ist passiert?“
„Ja, bitte beeil dich und lass die Bombe schon platzen“, sagte Taryn gemächlich und schwenkte achtlos die Kohlefadenlampe umher, während sie sprach. „Manche von uns haben ein Leben, zu dem sie zurückkehren müssen.“
Carol hörte schließlich auf, auf und ab zu laufen. Mit blutunterlaufenen Augen drehte sie sich zu den drei Frauen um.
„Ein…“, begann sie und schniefte, während sie sprach. „Ein… ein… ein neues Bed & Breakfast eröffnet!“
Einen Moment lang schwiegen die Damen, während sie diese nicht sehr beeindruckenden Neuigkeiten auf sich wirken ließen.
„Ha!“, rief Taryn schließlich. Sie klatschte eine zwanzig-Pfund-Note auf den Tresen neben Lacey. „Ich überlasse es dir, dich um diese Krise zu kümmern. Danke für die Lampe.“
Und damit tänzelte sie davon und hinterließ eine Spur von rauchigem Zedernparfüm in der Luft.
Sobald sie gegangen war, wandte Lacey ihre Aufmerksamkeit wieder Carol zu und starrte sie ungläubig an. Natürlich war ein neues B&B eine schreckliche Nachricht für Carol. Jetzt hätte sie noch einen weiteren Mitbewerber um die Touristen, aber was ging Lacey das an? In Anbetracht des schrecklichen Unglücks, das die Stadt mit dem Mord an Iris Archer und dem anschließenden Mord an Buck erlebt hatte, sollte sie es besser wissen, als wegen etwas so Trivialem schreiend durch die Stadt zu rennen!
Alles, wozu Lacey in der Lage zu sein schien, war zu blinzeln. Vor lauter Wut fiel ihr keine passende Antwort ein. Gina hingegen ließ ihrer Enttäuschung freien Lauf.
„Das ist alles?“, blaffte sie. „EIN B&B? Du hast mir fast einen verdammten Herzinfarkt verpasst!“
„Ein B&B in Wilfordshire ist eine schreckliche Nachricht für alle“, rief Carol erneut und runzelte die Stirn über Ginas Antwort. „Nicht nur für mich!“
„Ach, wirklich?“, sagte Lacey, als sie endlich wieder Worte fand. „Und wieso genau ist das so?“
Carol warf ihr einen vernichtenden Blick zu. „Pah! Ich hätte wissen müssen, dass du das nicht verstehen würdest. Du bist schließlich eine Außenseiterin.“
Lacey war wutentbrannt. Wie konnte Carol es wagen, sie eine Außenseiterin zu nennen? Sie war schon seit mehreren Monaten hier und hatte sich auf unzählige Weisen in das Stadtgeschehen eingebracht! Ihr Laden gehörte inzwischen genauso zum Bild der Hauptstraße wie jeder andere auch.
Sie öffnete den Mund, um zu antworten, aber bevor sie die Chance hatte, noch etwas zu sagen, schnappte Gina sich eine Schachtel Taschentücher von der Theke und trat vor, um zwischen ihr und Carol zu stehen.
„Warum setzt du dich nicht?“, sagte Gina zur Besitzerin des B&Bs. „Lass uns das in Ruhe besprechen.“ Dann warf sie Lacey einen Blick zu, der ihr sagte: „Ich kümmere mich darum, denn du stehst kurz davor zu explodieren.“
Sie hatte Recht. Die Panik, die Carols Geschrei in Lacey ausgelöst hatte, begann sich zwar langsam zu legen, aber sie hätte von vornherein darauf verzichten können. Und sie hätte erst recht darauf verzichten können, dass Carol sie als Außenseiterin bezeichnete! Wenn irgendetwas Lacey verärgern konnte, dann das.
Gina lotste Carol zu einem roten ledernen Zweiersofa und bot ihr ein Taschentuch an. Lacey marschierte derweil davon und atmete mehrmals tief durch, um sich zu beruhigen. Währenddessen winselte Chester mitfühlend an ihrer Seite.
„Schon gut, Junge“, sagte sie zu ihm. „Ich bin nur ein wenig aus der Fassung.“ Sie beugte sich vor und tätschelte seinen Kopf. „Jetzt geht’s mir gut.“
Chester winselte erneut, als akzeptierte er ihre Erklärung nur widerwillig.
Gestärkt durch seine Unterstützung ging Lacey zu dem Zweiersofa hinüber, um herauszufinden, was wirklich vor sich ging.
Carol war inzwischen vollends am Weinen. Gina sah langsam zu Lacey auf, die sie mit einer Handgeste davonscheuchte. Schnell stand Gina auf.
Lacey setzte sich neben Carol und aufgrund der Größe ihres Sofas berührten sich ihre Oberschenkel; das war viel näher, als Lacey ihr jemals kommen wollte, aber die Umstände zwangen sie nun mal dazu.
„Es ist die Schuld dieses verdammten neuen Bürgermeisters“, klagte Carol. „Ich wusste, dass er Ärger machen würde!“
„Der neue Bürgermeister?“, sagte Lacey. Scheinbar hatte sie noch weitere Neuigkeiten verpasst.
Carol richtete ihre wütenden roten Augen auf Lacey. „Er hat die Osthälfte der Stadt neu einteilen lassen. Das ganze Gebiet jenseits des Kanuclubs wurde von einem Wohngebiet zu einem Gewerbegebiet geändert! Er wird ein Einkaufszentrum bauen lassen! Voller schrecklicher, charakterloser Ladenketten!“ Ihre Stimme wurde immer panischer. „Er will einen Wasserpark errichten lassen! Hier! In Wilfordshire! Wo es zwei Drittel des Jahres regnet! Und dann will er dieses Ungetüm von einem Aussichtsturm bauen! Das wird so ein Schandfleck sein!“
Lacey hörte sich Carols Tiraden an, obwohl sie nicht verstehen konnte, warum das so ein großes Problem war. Wie die Dinge im Moment standen, wagte sich kaum jemand weiter hinaus als den Kanuclub. Alles dahinter war im Grunde ungenutztes Territorium. Sogar der Strand auf dieser Seite der Stadt lag brach. Die Erschließung des Gebietes schien ihr eine gute Idee zu sein, vor allem, wenn dort ein hochklassiges B&B entstehen würde, um die neuen Einrichtungen zu ergänzen. Und sicherlich würde der zunehmende Tourismus allen Geschäften entlang der Hauptstraße zugutekommen.
Lacey sah zu Gina auf, um zu überprüfen, ob ihr Gesichtsausdruck einen Hinweis darauf gab, warum das alles so ein großes Problem zu sein schien. Stattdessen konnte Gina das Grinsen auf ihrem Gesicht kaum verbergen. Offensichtlich dachte sie, Carol reagierte über. Und wenn jemand wusste, wenn jemand überreagierte, dann war es Gina.
„Sie ist eine Draufgängerin aus London“, schimpfte Carol weiter. „Gerade Mal 22 Jahre alt. Frisch von der Uni!“,
Sie zog ein weiteres Taschentuch aus der Schachtel und putzte sich lauthals die Nase, bevor sie Gina das durchnässte, zerknüllte Ding zurückgab. Das Grinsen verschwand sofort aus Ginas Gesicht.
„Wieso eröffnet eine 22-jährige ein B&B?“, fragte Lacey eher bewundernd als verachtend.
„Offensichtlich, weil sie reiche Eltern hat“, höhnte Carol. „Ihren Eltern gehörte dieses riesige Altersheim. Kennst du es?“
Lacey erinnerte sich dunkel an das Altersheim, obwohl sie bisher kaum in dieser Gegend unterwegs gewesen war. Wenn sie sich richtig erinnerte, war es tatsächlich riesig. Es wäre ein Haufen Renovierungsarbeit nötig, um es von einem verfallenden Altersheim in ein modernes B&B zu verwandeln, ganz zu schweigen von der Infrastruktur in der Gegend. Es war mindestens 15 Minuten zu Fuß von der Stadt entfernt und es fuhren nur zwei Busse pro Stunde, die in diese Richtung fuhren. Für eine 22-jährige schien das eine gewaltige Aufgabe zu sein.
„Jedenfalls“, fuhr Carol fort, „haben sich die Eltern wohl dazu entschlossen, sich vorzeitig zur Ruhe zu setzen und ihre Altersanlage zu verkaufen, aber jedes ihrer Kinder durfte sich eine Immobilie aussuchen, mit der es tun konnte, was es wollte. Kannst du dir vorstellen, 22 zu sein und eine Immobilie geschenkt zu bekommen? Ich musste mir die Finger wund arbeiten, um mein Unternehmen zu gründen, und jetzt wird dieses junge Ding hier hereinspazieren und ihres einfach so eröffnen.“ Sie schnippte aggressiv mit den Fingern.
„Wir sollten uns glücklich schätzen, dass sie sich für etwas so Vernünftiges wie ein B&B entschieden hat“, sagte Gina. „Wenn ich in ihrem Alter ein riesiges Haus geschenkt bekommen hätte, hätte ich wahrscheinlich einen 24-Stunden-Nachtclub eröffnet.“
Lacey konnte nicht anders. Sie brach in schallendes Gelächter aus. Aber Carol begann zu weinen.
In diesem Moment beschloss Chester,