Magdalenes Geheimnis. Christina Auerswald
habe, habe ich gesündigt!« Sie sprach mit einer schönen klaren Stimme, als wäre das, was sie beschrieb, nicht schlimm.
»Gesündigt?« Herr Rehnikel ließ seine Augen wachsen, sie wurden immer größer. »Dass Ihr das Kind nicht vom Heiligen Geist empfangen habt, kann ich mir schon denken. Es gibt Gründe, nicht wahr? Dafür, dass Ihr nicht zu diesem Mann geht und dafür, dass dieser Mann nicht zu Euch kommt, wer das auch sein mag.« Georg Rehnikel kam vom Fenster zurück und ließ sich in seinen Stuhl fallen. Das Holz knarrte. »Ihr habt die Situation gewiss nicht selbst geschaffen. Ich habe Euch gesehen, als Ihr wiederkamt. So, wie Ihr aussaht, Magdalene, hattet Ihr keine Wahl, als Euch und Euer Kind zu retten. Ihr tragt keine Schuld.«
Magdalene antwortete nicht. Sein Wort stand in diesem Zimmer, es schwang von einer Wand zur anderen. Keine Schuld. Sie musste noch einmal tief einatmen. Herr Rehnikel sah sie besorgt an, als wäre sie krank. Er stand auf und öffnete das Fenster. Frische, tagwarme Luft wehte herein.
»Kehren wir zurück zur Frage, wer von dieser Heirat welchen Vorteil hat«, setzte Herr Rehnikel die Unterhaltung fort. »Ich gebe zu, die Heirat hat durchaus ihre Vorteile für mich. Doch Ihr sollt auch den Euren haben. Nennt mir Eure Bedingungen.«
Er sah sie von oben her an, in seine Mundwinkel setzten sich Falten. Stille schwappte herein. Magdalene ließ eine Zeit verstreichen, in der sie an ihrem Becher nippte, auf die Gefahr hin, dass es ihr den Verstand weiter vernebelte. Ihr Mut wuchs mit der Menge des getrunkenen Weines.
Herr Rehnikel ging im Zimmer umher. Magdalene überlegte, ob das seine Art war, eine starke Aufregung zu verbergen. Er ging hinüber in den anderen Raum. Von hinten sah sie den Schweiß in seinem Nacken glänzen. Der Weinkrug, den er brachte, war neu gefüllt; sie merkte beim ersten Kosten, dass die Mischung dieses Mal stärker geraten war. »Also, was sind Eure Vorstellungen?« Er nötigte seine Frau regelrecht, ihm Forderungen zu stellen.
»Volle Freiheit in finanziellen Dingen: eine feste Summe für den Haushalt. Was übrig bleibt, ist mein. Ich will meine freien Stunden nicht überwacht haben. Zu wem ich gehe und was ich tue, darüber bin ich Euch keine Rechenschaft schuldig. Das ist ebenso meine Sache wie die Art und Weise, wie ich meinen Glauben erfülle. Und wenn ich Hilfe brauche für Dinge, die ich als Frau nicht allein tun kann, will ich nicht zu Begründungen gezwungen sein.«
Er lächelte, auf eine gewisse Weise erleichtert. »Dass ich im Gegenzug absolute Loyalität verlangen muss, ist Euch sicher klar. Es ist wichtig für mich, dass Ihr mich vor den Leuten nicht zum Hanswurst macht.«
Darauf nickte sie. »Das ist noch nicht alles.« Ihre Worte verlangsamten sich. Das war der Wein. »Das Eheleben im Bett, das darf nicht gegen meinen Willen geschehen. Wenn ich Nein sage, lasst mich in Frieden und fasst mich nicht an.« Jetzt sah sie es deutlich. Er war aufgeregt, sehr aufgeregt, auch wenn es den Anschein hatte, als bliebe er ruhig sitzen.
Seine Augenlider flatterten. »Ihr seid meine Frau und tut alles, was einer Ehefrau ansteht. Ihr werdet in meinem Schlafzimmer schlafen und an meiner Seite leben.« Er schaute sie gerade an.
»Ja, ich werde bei Euch schlafen. Euer Ruf bleibt heil.« Magdalene verzog den Mund spöttisch. »Schließlich habt Ihr bereits einen prächtigen Sohn gezeugt.«
Er spielte mit seinem Becher, drehte ihn in der Hand, kippte ihn, bis das erste Tröpfchen über den Rand floss. Ganz unedel leckte er es von seinem Finger und hob den Kopf. »Schließen wir einen vollständigen Handel. Wenn wir einmal mit der Ehrlichkeit begonnen haben, will ich wissen, wo Ihr in all den Monaten wart, in denen Euch kein Mensch in Halle gesehen hat. Von wem habt Ihr den Hans empfangen? Und warum ist dieser Mensch nicht gekommen, um nach Euch zu sehen?«
Magdalene schaute ihn eine Weile an und nickte. »Eines Tages werde ich es Euch erzählen. Es ist ein Geheimnis. Das wisst Ihr.«
Sein rundes Gesicht glänzte. Er hielt ihrem Blick stand. Kein Zwinkern. Kein Lächeln. Wenn es der Preis dafür war, dass sie mit ihm in Frieden leben konnte, wollte sie ihm ein paar Brocken von der Wahrheit hinwerfen. Sollte er sehen, was er damit anfing. Er reichte Magdalene die Hand. Es war ein Vertrag, den sie schlossen. Magdalene wusste nicht recht, ob es ein Sieg für sie war.
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