Andere Häfen. Christopher Ecker
rel="nofollow" href="#u8687422d-15b9-52a5-9f78-1dd8a84bdae8">Die Meisen Alaskas
Existentialismus im Bilderbuch
Die letzte Seite der Geschichte
Du in den Katakomben von Malta
ZUM GELEIT
Das Badezimmerfenster war geschlossen. Er schüttelte amüsiert den Kopf. Natürlich war es geschlossen. Das hatte er eben doch schon kontrolliert. Der Geldbeutel steckte in der Gesäßtasche, das Handy in der Jackentasche, den Schlüssel hielt er in der Hand. Wasserkocher? Ausgeschaltet. Herd? Alles bestens. Wasserhahn in der Küche? Alles bestens. Er ging zurück ins Badezimmer: Fenster zu, Wasser aus, alles bestens. Wieso auch nicht? Das hatte er doch schon kontrolliert. Licht im Arbeitszimmer: aus, Computer: aus, Stereoanlage: aus. Er war für alles allein verantwortlich, da sie mit dem Kleinen zu ihren Eltern gezogen war. Er betrachtete sich im Badezimmerspiegel, versuchte sich an einem Lächeln, schnitt eine Grimasse, griff nach Geldbeutel und Handy, alles bestens. Er öffnete die Haustür, zog sie hinter sich zu, sperrte ab, prüfte zwei Mal, ob sie auch wirklich verschlossen war, sperrte wieder auf und ging ins Badezimmer. Er war für alles allein verantwortlich. Das stimmte. Der Herd war ausgeschaltet, er berührte sicherheitshalber die Platten, alle kalt, der Stecker des Wasserkochers war gezogen, er berührte ihn, alles bestens. Aber dass sie mit dem Kleinen zu ihren Eltern gezogen war, stimmte nicht. Er schaltete das Licht im Badezimmer an, nickte ernst und schaltete es wieder aus. Herzlich willkommen in meinem Erzählungsband Andere Häfen! Ich freue mich sehr, Sie an Bord zu wissen. Inhaltsverzeichnis ist hinten, auf Zitate wird nicht gesondert hingewiesen, der Stecker des Wasserkochers ist gezogen, der Herd ist aus – fangen wir an!
AUF DEM BODEN
Die Wohnungsabnahme nahm kein Ende. Unser Hund hatte sich auf den Balkon geflüchtet, wo er hechelnd in der Sonne lag, während sich die Wohnung von Minute zu Minute mehr mit Menschen füllte. Es waren bereits ein gutes Dutzend Vermieter anwesend und es trafen unaufhörlich weitere ein, wie mir meine Frau, die mit einem Tablett voller Häppchen verloren in der Menge stand, in einem Moment der Panik zuflüsterte. Bald war kein Durchkommen mehr möglich.
„Meine Herren“, versuchte ich mir Gehör zu verschaffen, „die Lackierung des Heizkörpers war schon beim Einzug schadhaft.“
Niemand beachtete mich. Soeben war ein neuer Schwung Vermieter eingetroffen und wurde von den Anwesenden, es mussten inzwischen mindestens fünfzig oder sechzig sein, lautstark begrüßt.
„Meine Herren“, rief ich, „der Spiegelschrank im Badezimmer …“
Jemand rempelte mich an, ich fuhr herum und sah, während ich mich bemühte, nicht das Gleichgewicht zu verlieren, den Arm meiner Frau mitsamt dem Tablett aus dem Leibermeer ragen. Der hochgereckte Arm zitterte, das Tablett neigte sich bedenklich in die Schräge, wieder wurde ich angerempelt. Diesmal von vorn. „Sie stehen uns im Weg“, sagten mehrere Vermieter im Chor. „Machen Sie Platz! Da ist eine Dame, die uns mit Schnittchen milde zu stimmen versucht. Doch uns milde stimmen zu wollen, ist sinnlos. Es bleibt unübersehbar: Die Wohnung ist in einem katastrophalen Zustand!“
Ich öffnete den Mund, um zu einer Rechtfertigung anzusetzen, doch da nahm mir ein klein gewachsener Herr den Mietvertrag aus der Hand und verschwand damit übertrieben armrudernd in der Menge, wo sich eine schmale Gasse geöffnet hatte, die sich hinter ihm wieder schloss wie ein aufrecht stehendes Lippenpaar. Im Gänsemarsch drängten Neuankömmlinge in die Wohnung. Man begrüßte sie mit Jubelrufen. Hände wurden geschüttelt, Schultern wurden beklopft. Um dem nicht abreißenden Strom der Neuankömmlinge Platz in der bis zum Bersten überfüllten Wohnung zu schaffen, wurden an den merkwürdigsten Stellen Türen zu Räumen geöffnet, die ich nie zuvor gesehen hatte. Jemand hielt meinen Kopf eine Weile von hinten fest, aber aus den Augenwinkeln sah ich, wie ein Vermieter auf den Rücken eines anderen kletterte, knapp unter der Decke die Tapete löste und ein rechteckiges Loch in der Wand freilegte, worin mehrere mit bräunlicher Flüssigkeit gefüllte Gläser standen.
„Meine Herren“, rief ich, „meine lieben Herren! Da gibt es einen kleineren Wasserschaden, das gebe ich gerne zu, aber dieses Loch in der