Temperamentvoll essen. Michaela Hauptmann
die Lebensgeister, die Lebenskraft, zu stärken, zu nähren und aufrechtzuerhalten, unterstützt dich eine gute und intensive Atmung. Gern auch mal bewusst mit einem Lächeln. Und Atmen bewegt das Zwerchfell, das wiederum die Bauchorgane bewegt und massiert. Diese Massage tut gut, Leber und Magen genießen es sehr.
Ein paar bewusste Atemübungen zwischendurch tun gut, auch wenn du gerade keine besondere Anstrengung unternimmst, keinen steilen Berg hinaufradelst, keinen Marathon bewältigst: Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen … Volle Kraft für die Verdauung! Volle Atmung für die Lebenskraft!
Lebenskraft – Vis vitalis |
Spiritus animalis |
Seelengeist |
Kopfhirn |
Gehirn |
Nervenleistung – Sinnesvermittlung |
Spiritus vitalis |
Luftgeist |
Brusthirn |
Herz |
Dynamik – Rhythmik – Verteilung |
Spiritus naturalis |
Stoffgeist |
Bauchhirn |
Leber |
Ernährung – Ausscheidung |
Spiritus animalis, der Seelengeist des Gehirns
Der Spiritus animalis, auch Seelengeist genannt, hat seinen Sitz im Gehirn und verbreitet sich entlang der Nervenbahnen und des Rückenmarks.
Der Fokus dieses Lebensgeistes ist die Sinnvermittlung über die fünf Hauptsinne: Sehen. Schmecken. Riechen. Hören. Tasten. Und auch über die intellektuellen Sinnesfunktionen: Vorstellungskraft. Urteilskraft. Erinnerungsfähigkeit und Gemeinsinn, der Sensus communis, weithin auch als »gesunder Menschenverstand« bekannt.
Alle Sinneseindrücke werden durch den Seelengeist zu einem Ganzen gebündelt, wahrgenommen und umgesetzt. Das Gehirn ist über die Lebensgeister sehr eng mit der Lebenskraft verknüpft. Es vernetzt die drei Instanzen des Denkens und Fühlens: Kopf, Herz und Bauch. Ich finde das einfach faszinierend! Du auch? Da sind wir sicher nicht die Einzigen.
Die Faszination für unser Gehirn besteht schon sehr, sehr lang und endet wohl nie. Schon die alten Ägypter waren davon beeindruckt. Wie unser Gehirn funktioniert, wurde allerdings erst viel später, in der Antike, erstmals untersucht – man ging davon aus, dass das Gehirn eine zentrale Rolle im Organismus einnimmt.
In der TEM zählt das Gehirn neben Blut, Herz und Leber zu den edelsten Organen und ist Sitz des Phlegmas. Das Gehirn zieht Phlegma an, reinigt und verteilt es wieder, es kontrolliert somit den Abfluss von Stoffwechselendprodukten. Aufgrund der hohen Nerventätigkeit des Gehirns braucht es eine optimale Kühlung und Befeuchtung, ein hohes Maß an Spiritus und Luftnahrung, Atmung. Neben der Atmung braucht es auch eine konstante Ernährung. Hirnnahrung. Kohlenhydrate für die Energie, Proteine und Fette als Bau- und Betriebsstoffe, Flüssigkeit. Und es bedarf Bewegung. Täglich, regelmäßig, im passenden Ausmaß.
Ist der Körper aufgrund von entgleister Ernährung, Bewegungsmangel oder auch zu intensiver Bewegung übersäuert, entstehen Gewebeverklebungen. Die Durchgängigkeit und Vernetzung mit dem Gehirn sind dann gestört. Erkennst du die Notwendigkeit einer guten Versorgung?
Die meisten Informationen bezieht das Kopfhirn von Bauchhirn und Brusthirn. Intuition, Hunger, Sättigung, Denken, Energie – all das funktioniert nur mit einem optimal versorgten Gehirn. Nur so können alle Sinne wahrgenommen und verarbeitet werden.
Umgekehrt ist es ebenso wichtig: Die Information muss auch von Kopfhirn zu Brusthirn und Bauchhirn funktionieren. So wird zum Beispiel die Verdauung ganz massiv durch den Spiritus animalis angekurbelt: Bereits durch die Zubereitung einer Mahlzeit wird der Magen-Darm-Trakt über den Gemeinsinn vorinformiert. Die Sinneswahrnehmung durch das Kochen über den Geruch bedeutet: »Hey, es gibt bald etwas zu essen.« Dadurch wird die Verdauung vorbereitet, alle notwendigen Organe werden mobilisiert. Das ist ein wesentlicher Punkt, den man nicht außer Acht lassen darf. Die Verdauung beginnt also bereits beim Kochen! Das spricht, neben anderen Vorteilen, schon mal ganz dafür, selbst zu kochen. Kochst du selbst?
Spiritus vitalis, der Luftgeist des Herzens
Der Spiritus vitalis, der Luftgeist, hat seinen Sitz im Herzen, insbesondere im linken Herzflügel, und verbreitet sich über die Arterien im Organismus. Das Herz hat, so wie auch der Darm, ein eigenes Netzwerk aus Zehntausenden Neuronen und stellt somit eine Art eigenes Gehirn dar, das Brusthirn. Das Brusthirn wird in der TEM im Spiritus vitalis gesehen.
Rhythmik und Verbreitung sind die zentralen Kräfte des Spiritus vitalis – in Form von Zirkulation, Atmung und Herzschlag. Das Ein- und Ausfließen von Atmung und Nahrung stellen einen rhythmisch fließenden Kreislauf dar. Durch Verbreitung von Wärme und vitaler Feuchte zirkulieren sowohl der Nährstrom, das Blut als auch der Klärstrom, die Lymphflüssigkeit.
Durch den komplexen neuronalen Schaltkreis kann das Brusthirn unabhängig vom Kopfhirn arbeiten. Auch kann es Veränderungen schneller spüren als das Kopfhirn. Es hat die Fähigkeit sich zu erinnern, zu lernen und sich an neue Lebensumstände anzupassen. Heute weiß man, dass das Herz eigenständig Hormone und Neurotransmitter ausschüttet, um den Blutdruck, den Flüssigkeitshaushalt des Körpers und das Gleichgewicht des Elektrolythaushalts zu regulieren. Aber auch Hormone, die für Bindung, Liebe, Toleranz und Anpassung verantwortlich sind, werden vom Herzen freigesetzt.
Der Sympathikus ist zuständig für die Erregung des Körpers, die Beschleunigung der Herzfrequenz und die Ausschüttung von Adrenalin.
Der Parasympathikus steht für Entspannung und bewirkt unter anderem eine Verlangsamung des Herzrhythmus.
Über die Verbindung des vegetativen Nervensystems kann das Herz direkt auf das Kopfhirn einwirken. Ein kohärenter Herzrhythmus synchronisiert Sympathikus und Parasympathikus und wirkt dadurch positiv auf Nerven und Organe.
Herzkohärenz bedeutet, dass Atmung, Herzschlag und Blutdruck aufeinander abgestimmt sind und in gesunder Form zusammenarbeiten. Diesen drei Bereichen und ihrem Zusammenspiel mit dem Spiritus vitalis wird eine große Bedeutung in Bezug auf unser gesamtes Wohlbefinden zugeschrieben, sie haben einen starken Einfluss auf unsere physiologische wie auch psychologische Gesundheit.
Ist dir das auch schon passiert? Hunger! Du isst schnell, viel zu schnell. Durch das hastige Essen verschlägt es dir den Atem. Es nimmt dir die Luft. Tiefes Durchatmen und Atemübungen schaffen Erleichterung, um die rhythmisch fließende Aufnahme wieder stattfinden zu lassen. Und beim nächsten Mal: langsam essen, mit Bedacht, mit Aufmerksamkeit. Genießen.
Spiritus naturalis, der Stoffgeist der Leber
Der Spiritus naturalis, der Stoffgeist, verbreitet sich entlang der Venen und beschreibt den Kreislauf der dienenden Kräfte zur Stoffwechselregulierung. Er weckt den Hunger, den Bedarf an Nährstoffen. Und er mag es gleichmäßig, immer wiederkehrend, regelmäßig in seinem – deinem – Rhythmus. Durch ein Verlangen nach Nährstoffen, nach Substanz geschieht die Nahrungsaufnahme und deren Umwandlung – die Aufnahme und Ausscheidung –, die wiederum Verlangen nach neuer Nahrung weckt.
|