BLUT - Der Vampirkiller von Wisconsin. Robert W. Walker

BLUT - Der Vampirkiller von Wisconsin - Robert W. Walker


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kontaminiert, also schluckte sie nur und sagte: »Ich werde die Kooperation von jedem hier brauchen. Kann ich mich darauf verlassen, Otto?«

      »Wird gemacht, Dr. Coran«, sagte Boutine mit mehr als genug Eifer für sie beide. Seine donnernde Stimme erschreckte die anderen. Der Chief der Abteilung IV, Psychologisches Profiling von Verstümmelungsmorden beim FBI, Otto Boutine, war ein kräftiger Mann mit einem trügerischen, katzenartigen Dauergrinsen. Er hatte durchdringende graue Augen, die anderen wie ein Schwert durchs Herz fuhren, wenn er Befehle gab. Mit einem glänzenden Cross-Füller, den er seit seiner Ankunft nervös durch die Finger hatte wirbeln lassen, wies er in Richtung Tür. »Verlassen Sie bitte alle den Raum, damit Dr. Coran ihre Arbeit tun kann. Falls sie Ihre Hilfe braucht, wird sie darum bitten.«

      Die anderen gingen mit dem ein oder anderen Räuspern hinaus, manche davon eine Oktave höher als nötig. Während sie nach draußen auf die wackelige Veranda traten, sagte sie zu Otto: »Lass mich nur nicht ganz allein, okay?«

      Er sah an ihrem flehentlichen Blick: Sie bat ihn nicht nur wegen des Protokolls, welches forderte, dass ein Zeuge die ganze Zeit an ihrer Seite war. Die Bitte war durchaus persönlich.

      »Also, was ist dein erster Eindruck?«, fragte er etwas verlegen.

      »Ist noch zu früh, um irgendetwas zu sagen, abgesehen von der Tatsache, dass der örtliche Medizinmann angepisst ist.«

      »Ja, den Eindruck hatte ich auch. Hoffte wohl, er darf als Erster ran.«

      »Jeder könnte sie für tot erklären. Nein, der will nur die Leiche fürs Begräbnis hübsch verpacken, den Angehörigen weiteres Leid ersparen. Das ist zumindest das, was er draußen gesagt hat.«

      »Also, wo fangen wir an, jetzt, wo sie uns gehört?«

      »Es ist zu dunkel hier drin«, sagte sie.

      »Stimmt wohl, aber besser kriegen wir es mit den Generatoren nicht hin.«

      »Die Jungs sollen ihre Autos herbringen und mit den Scheinwerfern durch die Fenster und die Tür leuchten. Verdammt, wo bleiben die Kerle aus Milwaukee mit den Sachen, die wir angefordert haben?«

      »Die sind auf dem Weg. Sollten sie zumindest sein.«

      Sie ging zu ihrer schwarzen Tasche und begann ihr Handwerkszeug auszubreiten: Objektträger, kleine Döschen, Plastiktüten, Schildchen, Pinzetten, spezielle Skalpelle und Spritzen. Den langen beigefarbenen Mantel zog sie aus, dann legte sie ihre Schürze, Handschuhe und Gesichtsmaske an. Aus der Innentasche des Mantels holte sie eine kleine Schachtel, ließ den Deckel aufschnappen und entnahm ihr ein Skalpell. Otto sah sie fragend an. Sie bemerkte die Neugier in seinem Blick.

      »Das gehörte meinem Vater. Ist wohl ein bisschen Aberglaube, aber es hilft mir in so einem Moment.«

      »Sicher, sicher«, sagte er.

      Sie näherten sich der Leiche erneut und Otto sagte: »Ziemlich eindeutig, wenn ich mir das so anschaue.«

      »Was ist eindeutig?«

      »Wir haben hier ein Folteropfer Stufe neun.«

      »Ein Folt 9 …« Ihre Stimme zitterte.

      »Beinahe kein Blut, abgesehen von dem um die Wunden herum.«

      »Du hast ja schon ein paar von der Sorte gesehen, ich nicht. Lass mich erst mal meine Arbeit machen, okay?«

      »Aber Jess, das ist doch offensichtlich, oder nicht?«

      »Für mich ist nichts offensichtlich. Ich hab nicht den Ruf, Offensichtliches in meine Berichte zu schreiben. Jetzt lass mich arbeiten. Das wird eine Weile dauern.«

      Es war ihr nicht unbeträchtlicher Ruf, auf den Boutine zählte. Er hatte sich hier auf einen schmalen Grat begeben, der sie beide einiges kosten könnte. Unter anderem ihre Karrieren. Aber es war Boutines Vorschlag gewesen, also hatte sie ihn nicht in Zweifel gezogen. Vor ein paar Wochen war er in ihr Labor gekommen und hatte ihr etwa tausend Fragen gestellt, angefangen damit, wie viele Liter Blut der menschliche Körper enthielt, und damit endend, wie man diese Liter am besten abzapfen konnte. In der Zwischenzeit hatte Jessica davon gehört, dass es Streit zwischen Boutine und seinem Boss, Chief William Leamy gegeben hatte. Es ging um Personalstärke, Gelder und Zeit. Also hatte er sie »rekrutiert«, im Bemühen, seine investigativen Kräfte im Hauptquartier auszubauen und sein eigenes Team zu erweitern, indem er eine forensische Expertin seiner Profilergruppe hinzufügte. Es war ein Manöver und noch nicht der große Coup. Sie hatte sich entschlossen, solches Gerangel um Positionen und Macht Otto zu überlassen, und sich auf ihre eigene Partie Schach zu konzentrieren – und die spielte sie mit dem Killer. Die Partie war hiermit eröffnet.

      Nachdem sie die Leiche eine Stunde untersucht hatte, brach sie ihr Schweigen gegenüber Otto. »Sie … die Verstümmelungen fanden erst statt, nachdem sie tot war.«

      County Sheriff Stowell kam gerade herein und meinte: »Gott sei Dank, dann musste sie wenigstens nicht leiden.«

      »Falsch. Sie hat beträchtlich gelitten«, erwiderte Jessica. Dann wandte sie sich an Otto: »Ich werde später mehr über die Waffen wissen, die der Killer verwendet hat, nachdem ich die Gelegenheit hatte, das Gewebe unter dem Mikroskop zu betrachten.«

      »Wie kannst du sicher sein, dass sie schon tot war, bevor sie verstümmelt wurde?«, fragte Otto. »Das fehlende Blut?«

      »Ja, zum einen.«

      »Der Killer hat hinterher sauber gemacht«, schlug Stowell vor.

      »Nie im Leben hätte er das komplett von Wänden, Decke und Boden abgekriegt«, meinte sie. »Außerdem, mal abgesehen von den Fußspuren ist die Staubschicht auf dem Boden unversehrt. Nein, der hat sich einen Scheiß darum geschert, hier auch nur ein Fitzelchen sauber zu machen.«

      »Wo ist dann das verdammte Blut?«

      Sie und Otto sahen sich an. Otto kauerte neben Jessica am Boden, warf einen Blick auf Stowell und sagte: »Diese Information ist streng vertraulich, Sheriff.«

      »Absolut … absolut.«

      Sie und Otto steckten die Köpfe zusammen. Otto war offensichtlich aufgeregt. »Also hat der Bastard ihr das Blut abgezapft?«

      »Ein langsamer und qualvoller Tod.«

      »Wie hat er das gemacht?«

      »Vielleicht mit Schläuchen … kann ich jetzt noch nicht sagen … aber es war kontrolliert, sehr kontrolliert.«

      »Und die Verstümmelung hinterher? Um etwas zu vertuschen?«

      »Rein kosmetisch. Damit wir was zu tun haben.«

      »Das kannst du alles ohne Tests oder Mikroskope sagen? Ist das so offensichtlich?«

      »Na ja, offensichtlich nicht.«

      »Keine Zweifel?«

      »Nein. Schau … schau genau hin, hier.« Mit einer Pinzette öffnete sie den grauenvollen blutverschmierten Schnitt in der Kehle der toten Frau. Blut war hinabgetropft und in einer ungewöhnlichen Form auf ihrem Kinn und Mund getrocknet. »Die Wunde ist fürchterlich, aber sie wurde ihr zugefügt, nachdem sie tot war und das Blut … nun, das muss wohl aufgebracht worden sein …«

      »Aufgebracht?«

      »Aufgebracht, hinterher draufgeschmiert.«

      »Dann müsste er im Blut Fingerabdrücke hinterlassen haben.«

      »Nicht, wenn er Handschuhe verwendet hat – und ich glaube, wir haben es hier mit einem sehr kontrollierten Killer zu tun.«

      »Du meinst also, er ist ein durchtriebener Bastard?«

      »Auf gewisse Weise, ja. In anderer Hinsicht auch dämlich. Als würden wir ihm abkaufen, dass sie an diesen Wunden gestorben ist. Das Komische ist, dass es am Hals eine Verfärbung unter dem Blut gibt, möglicherweise ein Würgemal oder etwas anderes, das an ein paar Stellen das Gewebe verfärbt hat.« Sie deutete mit dem Finger darauf.

      »Also ist es so, wie ich


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