G.F. Barner Staffel 4 – Western. G.F. Barner
reißt ihn hoch, und es ist erstaunlich und erschreckend zugleich, welche Kraft der alte Mann hat. Er stellt Mikel hin und holt aus.
Und Mikel bekommt zwei derartige Maulschellen von der knotigen und schwieligen Hand des Alten, daß er von einer Seite zur anderen fliegt.
Er macht ein Gesicht wie ein verstörtes Kaninchen, dem ein anderes das beste Blatt Kohl entführt und setzt sich auf die Pritsche.
»Clem, raus!« sagt der Alte heiser. »Nimm seine Schrotflinte mit nach draußen. Ich wollte keine Schüsse, verdammt. Dieser grüne Narr mußte schießen. Verwundet einen Deputy, feuert auf seinen Vetter. Junge, ich könnte dich fast erschlagen, damit du es weißt. Sitz still, du Idiot, sitz nur still! Los, Clem!«
Clem Tuttles Gesicht ist kalt und hart, als er aus dem Jail stürmt und im Office die Schrotflinte an sich reißt. Dann stößt er die Tür auf, sieht eine Menge von Leuten draußen und hebt langsam die Flinte an.
Die Leute weichen bei seinem Anblick murrend zurück, zerstreuen sich aber nicht und sind noch fast an den beiden Pferden.
»Haut ab!« sagt Tuttle peitschend. »Los, verschwindet, ich drücke sonst ab. Hinter dem Hügel ist die halbe Mannschaft. Ist in einer Minute die Straße nicht leergefegt, werdet ihr laufen lernen! Weg mit euch!«
Er steht kalt und hart auf dem Vorbau, und allein die Drohung, daß die halbe Mannschaft der Flying-H hinter dem ersten Hügel vor der Main Street ist, läßt die Leute auseinanderrennen.
Schräg gegenüber ist der Last Penny, und Clem Tuttle tritt aus dem Schatten des Vorbaudaches in die Sonne. Die Sonne bricht sich auf den beiden Läufen und bescheint seine linke Hand, die um den Läufen liegt. Drüben steht Duncan Velopes und flucht unterdrückt.
»Duncan, die Tür zu und weg!« sagt der Revolvermann. »Eins, zwei…«
Duncan Velopes springt mit einem Fluch hinter die Tür, und ein anderer Mann, der neben ihm stand, hechtet ihm nach.
Die Straße ist in einer halben Minute leergefegt, und Clem Tuttle bleibt abwartend auf dem Vorbau stehen.
»Es ist ruhig, Boß!« sagt er kalt. »Ist Allens Verletzung schlimm?«
»Kaum, die Kugel ist an den Rippen abgeprallt und hinten wieder hinausgefahren«, sagt der Alte im Office. »Ich verbinde ihn notdürftig. Was ist mit den Schlüsseln?«
»Warte, ich komme hinein«, sagt Clem kühl und nimmt den Revolver aus dem Halfter. Er hebt ihn hoch und feuert dreimal in den Himmel.
Erst dann dreht er sich um, geht in das Office hinein, sammelt Clantons Revolver ein und hilft dem Alten, Clanton auf die Pritsche zu legen. Der Deputy ist verbunden und atmet keuchend.
»Du nimmst deinen Gurt und wartest!« sagt der Alte fauchend zu Mikel. »Los, Mark kommt mit den Pferden, dein Gaul ist auch dabei! Schließ zu, Clem!«
»Gleich«, sagt Clem heiser und nimmt die Handschelle hoch. »Es ist besser, ich schließe ihn an, was?«
Er schließt Clantons linke Hand an die Gitterstäbe und steckt den Schlüssel ein. Dann zieht er auch den Schlüssel aus dem Vorhängeschloß der Zelle, rüttelt an der Gittertür und nickt grimmig.
Sie gehen in das Office, verschließen auch die Tür zum Zellengang, und Mikel legt sich seinen Gurt um.
»Fang wieder was an, was in deinem blöden Kopf entsteht, und ich bringe dich eigenhändig um!« sagt der alte James wild. »Raus jetzt, da kommt Mark mit den Pferden.«
Auf der Straße kommt Mark Devon mit vier gesattelten Pferden an und sagt pulvertrocken:
»Hier bin ich, Boß. Und da sind die Pferde. Was ist mit der Mannschaft?«
»Sie besetzt die Stadtausgänge, bis wir weg sind und zieht sich dann zurück«, sagt der Alte knapp. »Los, Sohn, auf dein Pferd!«
»Und wohin dann?« fragt Mikel keuchend. »Warum für jeden zwei Pferde?«
»Weil es bis Mexiko ein weiter Weg ist, du Narr!« erwidert der Alte grimmig. »Fast ein Tagesritt bis Zaragoza. Jetzt weißt du es. Ich habe alles riskiert, aber du kannst nicht in den Staaten bleiben. Clem wird mit dir kommen, wohin du auch gehst. Du wirst ihn nicht mehr los. Fertig, aufsitzen!«
Er sieht Clem an, der alle Jailschlüssel an einem Bindfaden hat und sie einsteckt. Dann sitzen sie auf, Mark Devon zieht sein Pferd herum, und der Alte und Clem nehmen Mikel in die Mitte.
Das Jail ist verschlossen, die Schlüssel hat Clem Tuttle, und es wird lange dauern, ehe man Clanton herausholen kann. Das ist zumindest sicher, denn der Schmied wird alles aufbrechen und die Handschellen zerschlagen müssen.
Unter donnerndem Hufgeräusch jagen die drei Reiter aus der Stadt, und der Mexikaner Velopes sagt grimmig:
»Valgame Dios. Da reiten sie. Und keiner holt sei ein! Damnato«
Die drei Reiter jagen auf den Fluß zu und sind in der Furt, als Clem
Tuttle die Schlüssel nimmt und sie in den River feuert.
»Well!« sagt er kalt. »Jetzt sollen sie suchen! Boß, sie bekommen uns nicht mehr, das schaffen sie nicht. Vorwärts, schneller!«
»Was soll ich in Mexiko?« fragt Mikel giftig. »Dad, was soll ich da?«
»Arbeiten!« erwidert der Alte grimmig. »Ich habe schließlich Freunde dort. Und bei denen wirst du lernen, wozu ein Mann seine Hände hat. Deine waren nur dazu da, Mädchen zu streicheln. Jetzt streichelst du Rinder, mein Sohn. Los, weiter!«
Und am Flußufer, halb verdeckt von den Büschen, zieht Ireen Clay ihren Jungen an sich. Sie deutet auf die Furt und sagt verstört:
»Mein Gott, dann waren es doch die Schüsse für Clanton. Was haben sie da hineingeworfen? Es sah wie Schlüssel aus. Sie werden doch nicht etwa…«
Sie nimmt ihren Jungen und hastet zur Stadt zurück. Und als sie hinkommt, sieht sie die ersten Leute am Jail die Tür zertrümmern und den Schmied mit einer Brechstange wuchten.
»Was ist passiert?« fragt sie Velopes, der wild gestikulierend auf die Männer einredet. »Wo ist Clanton?«
»Wir hörten einige Schüsse, und dann kam Tuttle heraus«, sagt Velopes grimmig. »Er hat Mikel tatsächlich heraugeholt. Der Teufel mag wissen, wo sie den Colt versteckt hatten. Clanton muß da drinnen sein, er hatte sie genau untersucht. Schlagt die Tür ein, sie haben die Schlüssel mitgenommen.«
»Halt!« sagt Ireen spröde. »Mr. MacLeod, halten Sie ein. Sie ritten durch die Furt, und Clem Tuttle warf einen Bund Schlüssel in den Fluß. Ich kenne die Stelle. Schnell, jemand muß sie herausholen.«
Der Schmied wirft die Brechstange hin, schwingt sich auf den nächsten Gaul und hebt Ireen einfach hoch.
»Kommen Sie mit, Lady!« sagt er brummend. »Ich finde sie schon. Nun los, sitzen Sie fest genug?«
»Ja«, sagt sie erschrocken. »Mr. MacLeod, ich…«
Er reitet an und kommt zum Fluß. Und dort läßt er sie hinunter und reitet hinein.
»Wo?« fragt er knapp. »Hier«
»Noch ein Stück weiter«, sagt sie heiser. »Mehr nach links, Mr. MacLeod, noch ein Stück. Ja, da muß es gewesen sein.«
»Ein Glück, daß das Wasser klar ist«, sagt MacLeod grimmig, springt in das Wasser und hat die Schlüssel bald erwischt. »Lady, kommen Sie nach.«
Er reitet los, und als Ireen mit wankenden Knien wieder vor dem Qffice ist, sieht sie Allen Clanton aus dem Bau kommen. Er hat die Hüfte verbunden und seinen Gurt wieder um.
»Vielen Dank, Ireen«, sagt er leise und sieht sie seltsam an. »Es war ein Zufall, ich weiß, aber sie hätten eine halbe Stunde gebraucht, um mich loszubekommen. Duncan, kann ich deine Stute haben?«
»Aber, Allen, ich dachte…«
»Schon gut, Lady«, sagt er heiser.