Wyatt Earp Staffel 1 – Western. William Mark D.
ohrenbetäubenden Dröhnen.
Als Wyatt am späten Nachmittag auf eine ziemlich enge Schlucht zuhielt, kam Rooper nach vorn.
»Was haben Sie vor, Earp?«
»Das sehen Sie doch.«
»Sie wollen auf diese Schlucht zu?«
»Ja.«
»Was soll das? Der Eingang ist kaum zwanzig Yards breit. Wir haben keine Bewegungsmöglichkeit. Die Roten können uns von oben wegputzen wie die Fliegen…«
»Sicher. Aber wir müssen weiter.«
»Nein. Es ist meine Herde!« In den Augen des Ranchers stand heller Zorn. Und aus seiner Stimme sprach die Angst.
Ferguson und der Vormann kamen auch heran.
»Wir nehmen einen anderen Kurs«, sagte der Rancher rauh.
Die beiden Cowboys blickten den Missourier an.
»Nein«, versetzte Wyatt. »Wir müssen durch die Schlucht.«
»Ich habe schon gesagt: Es ist meine Herde!« entschied der Rancher. »Und wer gegen mich ist, kann ja umkehren.«
Wyatt schüttelte langsam den Kopf.
»Ich bin nicht gegen Sie, Mister Rooper. Aber ich bestehe darauf, daß wir durch diese Schlucht trailen. Die Indianer können uns überall angreifen. Und drüben in der Schlucht können wir uns an die überhängende linke Wand halten. Da sind wir von oben überhaupt nicht zu treffen. Aber wir können unmöglich wegen der Indianer einen so gewaltigen Umweg machen, wie sie es vorhaben.«
Rooper blickte seinen Vormann an.
»Was meinen Sie, Rake?«
Der Alte kratzte sich das Kinn.
»Wyatt hat recht.«
Der Rancher nickte düster.
»Yeah – es geht also weiter.«
In vier Stunden hatte die Herde die Schlucht passiert.
Es war alles glattgegangen.
Wyatt spürte, daß ihm das Hemd am Leibe klebte. Er wußte, daß es den anderen nicht besserging.
Sie hatten diese Enge überwunden, aber noch stand ihnen das Ärgste bevor.
Hinter der Schlucht weiteten sich die Felsen zu einem breiten Kessel, der von einer grünen Büffelgrassohle bedeckt war.
Wyatt ließ das Lager aufschlagen.
Nach dem Essen losten sie die Waffen aus.
Wyatts Wache sollte um drei Uhr beginnen.
Als er die Augen aufschlug, standen die Sterne flimmernd am tiefschwarzen Firmament. Die Silhouetten der Bergrücken schnitten das leuchtende Himmelsstück hart ab und ließen unten alles in tiefstem Dunkel versinken.
Wyatt lauschte angestrengt in die Nacht.
Die Herde stand still.
Drüben scharrte eines der Pferde.
Sein Pony vielleicht.
Wyatt wußte nicht, was es war, aber plötzlich beschlich ihn ein merkwürdiges Gefühl. Jenes Gefühl, das besonders sensible Menschen empfinden, wenn irgendeine Gefahr in ihrer Nähe ist.
Und sie war sehr nahe, die Gefahr.
Sie hatte eine rote Haut, blauschwarzes, strähniges Haar und einen geschmeidigen Körper, der ganz in weiches Hirschleder gehüllt war.
Der Indianer schnellte sich nach vorn und riß ein Messer hoch.
Aber die Klinge stieß durch die Decke ins Erdreich.
Der weiße Mann, der geade noch da gelegen hatte, lag nicht mehr da. Er hatte sich gedankenschnell zur Seite gerollt und schmetterte dem Roten einen krachenden Faustschlag an den Schädel.
Der Indianer fiel lautlos aufs Gesicht.
Aber jetzt raschelte es auch da, wo die andern lagen.
Wyatt riß den Revolver aus den Halftern und feuerte drei Schüsse ab.
Ein gellender Aufschrei aus einer Indianerkehle – und dann brach die Hölle los.
Die Roten stimmten ihr schrilles Kriegsgeschrei an.
Dazwischen peitschten die Schüsse der Weißen.
Eine Viertelstunde später war der Spuk verraucht.
Nur Hal McLean war verschwunden.
Wyatt fand ihn im ersten Grauen des Tages, das blinzelnd über die Bergrücken kroch und matt in den Talkessel fiel.
Der junge Cowboy lag da, wo der Kessel in eine andere Schlucht auslief, am Boden. In seinem Rücken steckte ein großer zerbrochener Pfeil.
Hal McLean war tot.
Wyatt starrte auf ihn nieder.
Da hörte er Schritte hinter sich.
Mac Ferguson stand neben ihm. Der rothaarige Bursche wischte sich durchs Gesicht und preßte die Lippen zusammen. Dann hob er den Blick und suchte die Bergrücken ab.
»Verfluchtes Pack!« zischte er heiser.
Rooper stand plötzlich hinter ihnen. Er war aschgrau im Gesicht.
»Hal…«, stammelte er.
Wyatt schob die Hände hinten in den Waffengurt.
Der Vormann kam heran, bückte sich, riß dem Toten den Pfeil aus dem Rücken und schleuderte ihn mit einem wilden Fluch zur Seite.
Sie begruben den toten Kameraden in der Talsohle und zogen weiter. Ohne Morgenkaffee. Ihre Kehlen waren wie zugeschnürt.
Sie wußten, daß die Roten ihnen weiter folgen würden.
Am Mittag, als sie auch diese Schlucht verlassen hatten, und auf ein steiniges hart ansteigendes Hochplateau zogen, riß Wyatt plötzlich die Büchse aus dem Scabbard, warf sie über den rechten Ellbogen und feuerte einen Schuß auf eine vorspringende Bergnase ab.
Das Echo brach sich an den himmelragenden Felswänden.
Ein dunkler Körper stürzte oben aus dem Gestein in die Tiefe.
Eine Feder wirbelte im Trudelflug auf die Ebene hinaus.
Wyatt stieg ab, hob sie auf und steckte sie an sein Hutband.
Als der Rancher in die Augen des Missiouriers sah, erschrak er vor deren Eiseskälte, die darin stand.
*
In der nächsten nacht starb Mc Ferguson.
Wyatt hatte kein Auge zugetan. Unentwegt hatte er das Lager in weitem Bogen umkreist.
Und doch hatte er den Cheyenne nicht herankommen hören, der den tödlichen Pfeil auf den anderen Wächter abgab.
Wyatt hörte nur das leise Schwirren des tückischen Geschosses, dann den gurgelnden, erstickten Schrei des Getroffenen.
Zweimal bellte der Revolver des Missouriers auf.
Er wußte nicht, ob auch er getroffen hatte. Aber sein feines Ohr hatte ihm die Richtung verraten, aus der der Pfeil gekommen war.
Vorsichtshalber schickte er noch drei weitere Kugeln in das Dunkel, lud die Trommel wieder auf und rannte vorwärts.
Hinter einem Stein lag die zusammengesunkene Gestalt eines Indianers.
Wyatt lief zum Lager zurück.
Rooper hatte den getroffenen und vor Schmerz stöhnenden Cowboy aufgerichtet, während der alte Vormann Wyatt mit der Büchse entgegenkam.
»Ich habe ihn schon«, sagte Wyatt dumpf. –
Erst als die Sonne ihre ersten rotgoldenen Strahlen über den Horizont auf das Plateau schickte, starb der Cowboy Mac Ferguson. Er starb