Wyatt Earp Staffel 1 – Western. William Mark D.
Montana gezogen…«
Dann erstarrten seine Lippen. Seine Augen blickten gläsern in die aufgehende Sonne. –
Stumm schauten die Männer eine Stunde später auf den kleinen Grabhügel.
Wyatt hatte aus zwei Holzstücken und einem Lederriemen ein kleines Kreuz gemacht, auf das er den Hut des Cowboys stülpte. –
Der bittere Trail ging weiter.
Mit drei Treibern.
Plötzlich, gegen Mittag, hielt der Rancher an.
Sie waren in felsigem, unübersichtlichem Gelände. Und hinter jedem Gesteinsbrocken konnte ein Indianer stecken.
Rooper brüllte Wyatt zu:
»Das ist doch Wahnsinn! Die machen einen nach dem anderen von uns nieder und kassieren am Schluß grinsend die Herde.«
Der Vormann kam heran.
»Es ist auch damals nicht anders gewesen, Boß.«
»Ich denke nicht daran, weiterzuziehen!« zeterte der Mann. Man sah es ihm an: Er war am Ende seiner körperlichen und seelischen Kraft angelangt. »Ich… ich kann einfach nicht mehr!« schrie er mit sich überschlagender Stimme. »Die Gewißheit, daß ich der nächste sein werde – ich oder Rake oder Sie –, es macht mich irrsinnig!«
Er rutschte aus dem Sattel und blieb da liegen, wo er den Boden berührt hatte.
Wyatt flößte ihm etwas von dem Whisky ein, den er in Fergusons Satteltasche gefunden hatte.
Der Rancher schlug die Augen auf. Seine Hände zitterten, als er sich aufrichtete, unstet hastete sein Blick hin und her.
»Wo sind sie?« stieß er heiser hervor. »Wo sind sie?« schrie er plötzlich gellend.
Die Herde war zum Stehen gekommen.
Die nahen Berggipfel hatten einen mattblauen Schimmer.
Und hier unten auf einer felsigen Hochebene quälten sich drei Menschen mit fast dreitausend Rindern durch das Land, ständig in Lebensgefahr; jeden Augenblick rechneten sie mit einem Überfall.
Wyatt richtete sich auf.
»Wir lagern hier«, sagte er seltsam schroff.
Dann ging er zu seinem Pony, schwang sich in den Sattel und ritt weg.
»Wo will er hin?« forschte der Rancher nervös.
Rake zog die Schultern hoch. In einem eisgrauen Gesicht zuckte es. Immer wieder warf er forschende Blicke umher.
Erst nach drei Stunden kam der Missourier zurück.
»Wir müssen sofort aufbrechen.«
»Das ist unmöglich!« erklärte der Rancher.
»Wir müssen!« herrschte ihn Wyatt an.
»Ich kann aber nicht, Earp! Haben Sie doch endlich ein Erbarmen. Ich bin völlig erschöpft! Ich muß noch ein paar Stunden rasten. Außerdem ist es doch schon Abend.«
Das Gesicht des Missouriers war hart wie Stein. In den Tiefen seiner Augen blitzte es auf.
»Wir müssen sofort aufbrechen, Rancher! Wir haben nur diese Chance!«
Ächzend richtete sich der Vormann auf und ging zu seinem Pferd.
Wyatt nahm die Leine des Leitbullen.
Der Rancher blickte die beiden an. Dann zischte er: »Sie sind kein Mensch, Earp! Sie sind selbst ein Büffel! Und dieser alte Kerl da paßt gut zu Ihnen!«
Seufzend und stöhnend erhob er sich und kroch in seinen Sattel. Weit vorn übergebeugt hing er da, stützte sich aufs Sattelhorn und stierte Wyatt aus glasigen Augen an.
Er war wirklich fertig.
»Es tut mir leid, Mister«, sagte der Missourier hart. »Nur noch fünf Meilen!«
»Geben Sie mir die Leine, Ed!«
Wyatt nahm den Leitbullen und ritt voran.
Langsam brach die Dunkelheit herein.
Die Herde näherte sich einem neuen Felstal. Scharf nördlich, weit ab vom Kurs.
Plötzlich tauchte Wyatt hinten bei den beiden Männern auf.
»Was soll das?« fauchte der Rancher. »Wo bringen Sie uns hin?«
»In die Hölle wahrscheinlich!« knurrte der Vormann.
Die Herde drängte vorn schon in die Schlucht. Als die letzten Tiere den Eingang passiert hatten, riß Wyatt die Colts aus den Halftern und feuerte sie in die Luft ab.
Das Geräusch der Schüsse brach sich in hundertfachem Echo an den Steilwänden. Die Herde stampfte plötzlich wie wild vorwärts.
Rake warf einen schnellen Blick auf den Missourier hinüber, dann hatte er begriffen, riß seinen Colt aus dem Halfter und feuerte mit.
Brüllend und stampfend raste die gewaltige Herde durch die Enge.
Immer wieder luden die Männer ihre Waffen, immer wieder peitschten die Schüsse los und trieben die Tiere weiter.
Wild brüllend rasten fast dreitausend Longhorns blind vor Angst nach vorn.
Plötzlich gab es ein Stocken.
Die letzten Tiere rannten gegen die Stauung an.
Wyatt feuerte weiter.
Der Vormann folgte seinem Beispiel.
Rooper begriff nichts, aber er feuerte mit.
Endlich hielt der Missourier inne. »Los, zurück.«
Rooper stieß den Kopf vor. Seine Augen quollen aus den Höhlen.
»Was sollen wir?«
»Zurück!«
Wyatt riß den Schecken herum und sprengte mit verhängten Zügeln den Schluchtweg zurück.
Ed Rake folgte ihm.
Als Rooper sah, daß sich auch die Rinder umzuwenden begannen, folgte er den beiden.
Vor dem Eingang hielt Wyatt an. Stumm blickte er auf die Tiere, die langsam wieder aus der Enge herauskamen.
Keiner der Männer sprach ein Wort.
Der alte Vormann aber hatte begriffen, was geschehen war.
Endlich trotteten die letzten Tiere aus der Schlucht.
Da wischte sich der Rancher über das schweißnasse Gesicht. Eine düstere Ahnung stieg in ihm auf. Seine Lippen sprangen auseinander, als er den Missourier ansah.
»Das war gar kein Durchgang?«
Der Reiter schüttelte den Kopf. Seine Augen hingen im Schluchteingang, wo sich allmählich der aufgewirbelte graue Steinstaub zu senken begann.
»Es war eine Sackgasse?«
»Yeah!« stieß der Vormann rauh hervor.
Plötzlich fiel es dem Rancher wie Schuppen von den Augen.
»Die Herde! Sie hat die Cheyennes überrannt –?«
Wyatts Gesicht war grau vom Steinstaub, hart und unbewegt.
»Yeah. Es war die einzige Chance.«
Der Rancher starrte in die Schlucht. Dann rutschte er plötzlich aus dem Sattel, warf seinen Hut in die Luft und stieß einen schrillen Jubelschrei aus.
Da war das Eis gebrochen. Der alte Rake glitt vom Pferd, rannte auf seinen Boß zu und umarmte ihn. Die Tränen standen den beiden Männern in den Augen.
Der Missourier hatte also das Lager der heimtückischen Rothäute ausgemacht, festgestellt, daß es in einer Schlucht lag, die keinen Ausgang hatte, und war auf den Gedanken verfallen, daß nur eine Stampede, eine rasende Tierherde die Indianer überrennen konnte.